Personalmagazin plus Kanzleien

Die neue Bundesregierung muss bis zum 7. Juni 2026 die Entgelttransparenzrichtlinie der EU in deutsches Recht umsetzen. Worauf müssen sich Arbeitgeber vorbereiten? Lars Kuchenbecker: Die Entgelttransparenzrichtlinie (RL (EU) 2023/970, EntgTranspRL) vom 10. Mai 2023 hat das Ziel, die Lohntransparenz im Unternehmen zu erhöhen und die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen zu verringern. Hiermit gehen umfangreiche Informations-, Auskunfts- und Berichtspflichten der Arbeitgeber einher. Eine sorgfältige (Stellen-)Evaluation ist hierbei unerlässlich. Sollten geschlechtsspezifische Entgeltdifferenzen erkannt werden, sind mögliche Rechtfertigungen (besondere Qualifikationen, Stellenbesetzung bei schlechter Arbeitslage, et cetera) gerichtsfest zu dokumentieren. Insbesondere Unternehmen, die keiner Tarifbindung unterliegen, sollten im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast transparente und diskriminierungsfreie betriebliche Entgeltsysteme einführen. Bestehen in Unternehmen bereits kollektivrechtliche Vergütungssysteme, sind diese jetzt auf ihre Vereinbarkeit mit den Anforderungen der Richtlinie hinsichtlich Transparenz, Nachvollziehbar- und Überprüfbarkeit zu kontrollieren. Mit dem Bürokratieentlastungsgesetz wurden einige bürokratische Hürden abgebaut. Welche Erleichterungen hat das im Arbeitsrecht mit sich gebracht? Tim Gühring: Im Arbeitsrecht hat das Bürokratieentlastungsgesetz IV vor allem Formerfordernisse gesenkt. Eine der wichtigsten Änderungen betrifft das Nachweisgesetz: Arbeitgeber dürfen die Pflichtinformationen zu Arbeitsverhältnissen nun auch in Textform, also auch sie ihre internen Prozesse und Verträge anpassen. Inwieweit die Änderungen Arbeitgeber tatsächlich entlasten, bleibt abzuwarten. Gerade bei Arbeitsverträgen und dem Nachweisgesetz gibt es zahlreiche Ausnahmen, bei denen die digitale Form noch immer ausgeschlossen ist. Davon abgesehen, können Arbeitnehmende auch weiterhin bei Nachweisgesetz und Zeugnis die Schriftform verlangen. Im kommenden Frühjahr stehen Betriebsratswahlen an. Was kann man den Arbeitgebern in diesem Zusammenhang empfehlen? Lars Kuchenbecker: Jede bevorstehende Betriebsratswahl bietet die Chance, die betrieblichen Organisationsstrukturen vor dem Hintergrund des Betriebsbegriffs noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und die (Neu-)Wahlen daran auszurichten. In Einzelfällen kommen abweichende Betriebsratsstrukturen nach § 3 BetrVG in Betracht, mitunter kann die Berücksichtigung der Geschlechterquote nach § 15 Abs. 2 BetrVG zu einer anderen personellen Zusammensetzung des Gremiums führen. Die Wahlen werfen ihre Schatten voraus, die „heiße Phase“ dürfte bereits Ende 2025 eingeläutet werden. Arbeitgeber sind gut beraten, schwierige oder „betriebspolitisch aufgeladene“ mitbestimmungsrechtliche Themen rechtzeitig vor den Wahlen abzuschließen. Amtierende und eventuell zur Wiederwahl stehende Betriebsratsmitglieder werden sich positionieren wollen, und „BabyBoomer“ gibt es auch bei den Amtsträgern; eine neue Generation von Betriebsräten stellt sich auf. Da möchte keiner mit der Bürde eines aus Mitarbeitersicht unliebsamen Verhandlungsergebnisses ins Rennen gehen. per E-Mail, übermitteln. Bislang mussten diese schriftlich, also mit Originalunterschrift ausgehändigt werden, was insbesondere bei Neueinstellungen einen erheblichen Verwaltungsaufwand verursacht hat. Künftig ebenfalls in digitaler Form möglich sind beispielsweise Arbeitszeugnisse, Elternzeitanträge oder Arbeitnehmerüberlassungsverträge. In den Vorjahren waren bereits etwa die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und die sozialversicherungsrechtliche A1Bescheinigung für EU-Reisen in digitale Verfahren überführt worden. Insgesamt sind diese Änderungen zu begrüßen, denn sie öffnen die Tür zu einer moderneren Arbeitswelt. Unternehmen können von schnelleren und ortsunabhängigen Abläufen profitieren, wenn „ Unternehmen sollten jetzt bestehende Vergütungssysteme kontrollieren“ Lars Kuchenbecker Menold Bezler Interview mit Lars Kuchenbecker und Dr. Tim Gühring 43

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