25 Arbeitszeit genannten Fall dürfen keine weiteren Abweichungen von der Vertragsarbeitszeit vorgenommen oder zugelassen werden, weil diese dann ja nicht wieder zurückgeführt werden können. Vielmehr muss an dieser Stelle im Plus-Bereich arbeitgeberseitig der Kapazitätsbedarf reduziert oder Kapazität zugeführt werden. Dies kann durch das Weglassen von Aufgaben, das Verschieben von Terminen oder vergütete oder einem Wertguthaben zugeführte Überstunden geschehen. Im umgekehrten Fall kann die überschüssige Kapazität beispielsweise durch die (zeitweise) Umsetzung von Mitarbeitenden in andere Bereiche reduziert werden. Bei grundsätzlich gleichmäßigem Arbeitsanfall sollte die Grünphase des Arbeitszeitkontos nicht über die Dauer einer Wochen-Vertragsarbeitszeit hinausreichen, um rechtzeitige Bremsungen zu gewährleisten. Die dadurch gewährleistete Proportionalität ist zur Vermeidung der Ungleichbehandlung von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten zwingend erforderlich. Bei unterschiedlichem Arbeitsanfall sollten dagegen nach Möglichkeit entsprechende Salden-Zielwerte zugrunde gelegt und anschließend fortlaufend angesteuert werden. Option 2: Ausschließlich fortlaufende Steuerung der Arbeitszeitkonten Die Alternative zum individuell rollierenden Ausgleichszeitraum besteht darin, nur auf die fortlaufende Arbeitszeitkontensteuerung zu setzen, in deren Rahmen die Salden immer wieder in die Nähe der Vertragsarbeitszeit oder des jeweiligen Zielwerts zurückgeführt werden. Diese in der betrieblichen Praxis sehr verbreitete Lösung erleichtert Administration und Steuerungsaufgabe und verbessert zugleich die Qualität der Arbeitszeitverteilung für Betrieb wie Mitarbeitende, weil unter diesen Umständen zum Beispiel die Letzteren in einem Gleitzeitsystem nicht gezwungen werden müssen, ihr in der Grünphase befindliches kleines Arbeitszeitguthaben „fürs Tägliche“ vor dem jeweiligen Ausgleichsstichtag ab- und anschließend wieder aufzubauen. Bei einer solchen fortlaufenden Steuerung der Arbeitszeitkonten kann es daher im laufenden ArbeitsverhältDR. ANDREAS HOFF ist Wirtschaftswissenschaftler und Arbeitszeitexperte. Seit mehr als 40 Jahren beschäftigt er sich professionell mit allen Aspekten der betrieblichen Arbeitszeitgestaltung. nis weder Auszahlungen von Arbeitszeitguthaben noch Entgeltabzüge zum Ausgleich von Minussalden geben. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist dagegen ein dann noch bestehendes Arbeitszeitguthaben zum aktuellen Stundensatz abzugelten, während ein dann noch bestehender Minussaldo aufgrund des Annahmeverzugs des Arbeitgebers ohne Entgeltabzug entfällt. Das gilt jeweils, soweit tarifvertraglich nichts anderes geregelt ist oder der Mitarbeitende den Plus- oder Minussaldo zu vertreten hat. Letzteres ist zum Beispiel der Fall bei von ihm gewünschtem kurzfristigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, da der Arbeitgeber dann eine entsprechend geringere Möglichkeit zum rechtzeitigen Ausgleich des Arbeitszeitkontos hat. In solchen Fällen muss ein Arbeitszeitguthaben nicht kompensiert und darf ein entsprechender Entgeltabzug vorgenommen werden. Auszahlungen und Entgeltabzüge vermeiden In der betrieblichen Praxis sind Auszahlungen von Arbeitszeitguthaben jedoch ebenso verbreitet wie im umgekehrten Fall Entgeltabzüge zum Ausgleich von Minussalden – und auch deren rechtlich unzulässige Verrechnung mit Urlaubsansprüchen findet gar nicht so selten statt. Beides hat jedoch gravierende negative Auswirkungen: • Mitarbeiter wie Disponierende fürchten Minussalden, obgleich diese dann, wenn das Erreichen der Vertragsarbeitszeit sowie deren bedarfsgerechter Einsatz angestrebt werden, unverzichtbar sind. Das kann zu einem höheren Arbeitszeitverbrauch als nötig und damit zu einer geringeren Stundenproduktivität der Arbeit führen. • Geldorientierte Mitarbeitende können versuchen, möglichen Freizeitausgleich zu vermeiden, was die Stundenproduktivität der Arbeit in noch stärkerem Maße beeinträchtigen kann als der vorige Punkt. • Konfliktscheue (nach unten und/ oder oben) Führungskräfte nutzen das Arbeitszeitkonto als bequemen Kapazitätsersatz, anstatt an der Produktivität des Arbeitszeiteinsatzes ihrer Mitarbeitenden zu arbeiten oder kapazitätserhöhende, also nicht kurzfristig durch Freizeit ausgeglichene Überstunden durchzusetzen. • Und schließlich gibt es auch noch das Risiko, dass ein Arbeitszeitkonto steuerrechtlich nicht anerkannt wird, wenn die Mitarbeitende selbst über Guthabenauszahlungen entscheiden können, weil ihnen diese dann bereits bei Aufbau zufließen und versteuert werden müssen. Wertguthaben können bei fehlender Arbeitszeitkapazität helfen Bei zu geringer Arbeitszeitkapazität kann die Einführung eines Wertguthabens bei entsprechender Auslegung betrieblich vorteilhaft sein, weil sie nicht an der Vergütung von Überstunden interessierten Mitarbeitenden die Möglichkeit gibt, diese zwar nicht kurzfristig, aber immerhin längerfristig durch Freizeit auszugleichen. Kapazitätsseitig sind Wertguthaben neutral, wenn sie nur dazu führen, dass Mitarbeiter (etwas) früher ausscheiden, wie dies bei reinen Lebensarbeitszeitkonten der Fall ist: Die betreffenden Mitarbeitenden müssen dann bei Bedarf einfach entsprechend früher ersetzt werden. Und mithilfe von Wertguthaben finanzierte Sabbaticals sollten so lange vorher vereinbart werden müssen, dass sie in die mittelfristige Kapazitätsplanung Eingang finden können – spätestens also im Rahmen der Jahresurlaubsplanung.
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