24 Kanzleien im Arbeitsrecht personalmagazin Kanzleien 2025 des Arbeitgebers entsteht – auch bei eigenverantwortlicher Arbeitszeitensteuerung, weil der Mitarbeitende dann ja offenbar nicht ausreichend mit Arbeitsaufgaben versorgt worden ist. Dies hat zur Folge, dass die betreffenden Salden zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich ohne Entgeltabzug verfallen, außer tarifvertraglich ist etwas anderes geregelt. Dies kann zum einen entsprechende Anreize für Mitarbeitende erzeugen nach dem Prinzip „Je weniger Arbeitszeit ich leiste, desto höher ist mein effektives Stundenentgelt“. Zum anderen ist dabei, anders als bei der Auszahlung von Plussalden, Gerechtigkeit nicht erreichbar, weil diejenigen mit den proportional zur Vertragsarbeitszeit niedrigsten Arbeitszeitkontosalden den größten Vorteil haben. Aus diesen und natürlich aus wirtschaftlichen Gründen müssen Arbeitgeber versuchen, unterauslastungsbedingten Arbeitszeitenausfall unbedingt zu vermeiden. Dies bedeutet vor allem, dass sich die Zahl der Mitarbeitenden stets an der jeweils geringst vorstellbaren Auslastung ausrichten muss. Das kann zu einer Verminderung dauerhafter Beschäftigung führen und bei tatsächlich höherem Bedarf, sofern zusätzliche Arbeitszeitkapazität nicht oder nicht ausreichend zur Verfügung steht, zum strukturellen Aufbau von Plussalden, wie er tatsächlich in vielen Betrieben zu verzeichnen ist. Ein Plussaldo am Ende des Abrechnungszeitraums bedeutet, dass die Vertragsarbeitszeit in diesem Zeitraum überschritten worden ist, sodass die betreffenden Mitarbeitenden grundsätzlich einen entsprechenden Anspruch auf Zusatzvergütung haben. Das gilt auch bei eigenverantwortlicher Steuerung der Arbeitszeiten durch die Beschäftigten, bei der ja richtigerweise davon ausgegangen wird, dass auch hier die Arbeitszeitverteilung bedarfsgerecht und effizient erfolgt. Aus diesem Grund verbieten sich im Übrigen auch die aus klassischen Gleitzeitsystemen bekannten Guthabenkappungen am Monatsende. Dies kann zum einen bei geldorientierten Mitarbeitenden entsprechende Anreize erzeugen, zum anderen aber auch Frustration bei denjenigen, die an der Einhaltung ihrer Vertragsarbeitszeit können hiervon abweichen und tun dies vereinzelt auch. Üblich sind in Tarif- wie Arbeitsverträgen Ausgleichszeiträume von bis zu 12 Monaten, die bei der Bewältigung saisonaler Auslastungsschwankungen unterstützen können. Vor diesem Hintergrund sollte nach Möglichkeit eine der beiden folgenden Regelungsoptionen gewählt werden. Option 1: Individuell rollierender Ausgleichszeitraum In diesem Fall muss der Saldo des einzelnen Arbeitszeitkontos beispielsweise immer spätestens nach 12 Monaten wieder die Nulllinie berühren. Dies sollte verbunden werden mit 1. einer Mitteilung neun Monate nach der letzten Nulllinien-Berührung an die Führungskraft und den Mitarbeitenden, die beide darüber informiert, dass noch drei Monate Zeit für den Ausgleich des Arbeitszeitkontos ist; 2. der Regelung, dass die Führungskraft für diesen Ausgleich verantwortlich ist und daher auch bei grundsätzlich eigenverantwortlicher Arbeitszeitverteilung die dafür erforderlichen Steuerungsinstrumente erhält und 3. dem Ausschluss von Guthabenauszahlungen wie des Verfalls von Minusstunden – was hier, weil nur einzelne Arbeitszeitkonten betroffen sind, anders als bei kollektiven Abrechnungsstichtagen auch tatsächlich umsetzbar ist. Insbesondere Freizeitausgleich ist immer möglich – der Mitarbeitende kann ja auch krank werden. Unterstützung durch ein Ampelsystem Damit der individuell rollierende Ausgleichszeitraum tatsächlich funktionieren kann, müssen die Arbeitszeitkonten jedoch fortlaufend mit dem Ziel gesteuert werden, zu große Abweichungen von der Vertragsarbeitszeit zu vermeiden. Dabei kann eine Ampel helfen, die bei Erreichen der Gelbphase den Mitarbeitenden respektive den Disponierenden mittels entsprechender Regeln daran hindert, zusätzliche Plus- oder Minussalden, ohne zeitnahe planmäßige Rückkehr in die Grünphase aufzubauen. Spätestens dann muss entschieden werden, ob ein Kapazitätsproblem vorliegt oder nicht. Im erstinteressiert sind. Letztere sind aktuell in der Mehrheit und eventuell zusätzlich unglücklich über niedrige Nettostundenentgelte, die sich bei Auszahlungen ergeben. An dieser Stelle kann das betriebliche Angebot eines Wertguthabens nützlich sein, das den Beschäftigten die Möglichkeit eröffnet, solche Auszahlungen auf Wunsch in einen langfristigen Freistellungsanspruch umzusetzen. Gerechtigkeit immerhin ist beim Ausgleich von Plussalden kein Problem, weil hierbei ja diejenigen mehr bekommen, die vorher mehr Arbeitszeit geleistet haben. Die Empfehlung, auf Abrechnungsstichtage zu verzichten, trifft allerdings auf die Herausforderung, dass arbeitsvertragliche Regelungen zu einer nur im Durchschnitt festgelegten Arbeitszeit ohne Ausgleichszeitraum nach BAG-Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 21.6.2011, Az. 9 AZR 238/10) nicht hinreichend klar und verständlich und damit unwirksam sind. Tarifvertragsparteien In der betrieblichen Praxis sind Auszahlungen von Arbeitszeitguthaben weit verbreitet. Das hat negative Auswirkungen.
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