Personalmagazin plus 8/2023

Künstliche Intelligenz Ein Blick auf die Chancen jenseits von Hype und Halbwissen Marktübersicht HR-Software Wie ein Chatbot die etablierten Anbieter herausfordert Mitarbeiterbefragung Worauf es bei der Softwareeinführung ankommt HR-Software Markttrends und Anbieterübersicht plus personalmagazin plus 08.23

Editorial 3 Liebe Leserinnen und Leser, alle sprechen darüber, viele wollen sie nutzen, wenige verstehen sie. Die Rede ist von künstlicher Intelligenz. Befeuert durch die Einführung von Chat GPT von Open AI scheinen sich die Euphorie und Ängste, die die Technologie schürt, einen Wettlauf zu liefern. Klar ist: Mächtige Sprachmodelle können auch die Arbeit von Personalerinnen und Personalern grundlegend verändern, bestenfalls vereinfachen. Der Bot kann beispielsweise Stellenbeschreibungen verfassen, Zeugnisse erstellen, Kündigungen oder Abmahnungen formulieren oder Arbeitsverträge aufsetzen. Auch als Sparringspartner in der Weiterbildung oder während der Onboarding-Phase lässt sich die Technologie einsetzen. Bis dahin sind jedoch noch zahlreiche rechtliche wie praktische Fragen zu klären. Den etablierten HR-Softwareanbietern dürfte diese Entwicklung kaum gefallen. Denn plötzlich mischt ein Unternehmen mit, das bislang keine Expertise im Personalwesen hatte. Hinzu kommt: Je mehr ein einzelnes Sprachmodell leisten kann, desto größer ist die Gefahr, in seine Abhängigkeit zu geraten. Ob es soweit kommt, ist unklar. Einen positiven Effekt dürfte die Entwicklung jedoch haben: Sowohl die etablierten Player am HR-Softwaremarkt als auch Startups dürften große Energie darauf setzen, selbst leistungsfähige KI-Anwendungen an den Start zu bringen und weiterzuentwickeln. Doch Vorsicht! Nicht überall wo KI draufsteht, ist auch welche drin. Wer sich unsicher ist, dem empfehle ich den Beitrag von Stefan Strohmeier. Der Informatikprofessor schafft einen Überblick im Begriffswirrwarr und zeigt auf, welche Anwendungsmöglichkeiten derzeit existieren. Bevor Sie nun mit der Lektüre beginnen, noch ein Hinweis in eigener Sache. Wenn Sie nicht nur an Software, sondern auch am Marktgeschehen interessiert sind, sollten Sie unsere Serie „Marktgespräch HR Tech“ auf haufe.de/personal nicht verpassen. Matthias Haller Redaktion Personalmagazin personalmagazin plus: HR-Software 2023 Foto: Britt Schilling; Titelbild: Studio Pong Inhalt 04 Ein Bot gegen alle Marktübersicht HR-Software 09 Jenseits von Hype und Halbwissen Was intelligente Systeme im Personalmanagement leisten können 14 Zehn HR-Startups im Check Vielversprechende neue Anbieter 16 Was taugen Softwaretrends? Welche Software Erfolg verspricht 20 „Personaler brauchen eine grundlegende Datenkompetenz“ Philipp Kolo im Gespräch 22 Mehr als eine bloße Textmaschine Einsatzmöglichkeiten von Chat GPT 26 Tools, die das Recruiter-Leben erleichtern Recruiting-Software im Überblick 28 Herausforderung Payroll Hilfe bei der Lohnabrechnung 30 So schafft HR-Tech den Einzug ins Unternehmen Damit die Mitarbeiterbefragung läuft 32 Agiler Arbeiten im Krankenhaus Flexible Dienstplanung 35 Dienstplanungs-Apps 36 Firmenporträts 38 Agenda 40 Bremer RZ 42 ComvaHRO 44 Culture Amp 46 GFOS 48 Hansalog 50 Haufe-Lexware 52 HR Works 54 Interflex Datensysteme „ KI schürt Ängste und Euphorie zugleich. Beides ist auch eine Folge gefährlichen Halbwissens.“ 56 Lexware 58 Peras 60 Personio 62 Perview Systems 64 Rexx Systems 66 Sage Software 68 SP Data 70 Tisoware 72 UKG 74 Workday 76 Marktübersicht: Anbieter-Listings

HR-Software 4 personalmagazin plus: HR-Software 2023 Von Elke Singler Ein Chatbot wirbelt den HR-Softwaremarkt durcheinander. Plötzlich mischen Anbieter mit, deren Expertise bisher nicht im Personalwesen lag. Die etablierten Player halten mit eigenen KI-Anwendungen dagegen. Am Ende könnten die Anwender von leistungsstärkeren Lösungen profitieren. Vorausgesetzt sie können nachvollziehen, wie die smarten Systeme arbeiten. Ein Bot gegen alle

HR-Software 6 Anwendungen auf Basis künstlicher Intelligenz sind längst fester Bestandteil unseres Alltags, ob Alexa, Siri, Face ID oder zuletzt Chat GPT. Auch vor dem Personalwesen macht die Technologie nicht halt. Neu ist diese Entwicklung allerdings nicht. Seit knapp einem Jahrzehnt versuchen die HR-Softwarehersteller KI in ihre Lösungen beispielsweise in Form von Chatbots oder virtuellen Assistenten zu integrieren. Doch an Chat GPT zeigt sich nun erstmals, dass die HCM-Softwarehersteller die Entwicklungen in ihrem angestammten Bereich nicht mehr selbst in der Hand haben. Über Nacht hat sich eine neue Technologie ihren Platz in HR selbst geschaffen. Bei diesem Entwicklungstempo konnten auch die führenden HCM-Anbieter nur staunend zusehen. Es ist also kein Wunder, dass die Hersteller und Kunden vor ungeahnten Herausforderungen stehen. Denn die technologischen Neuerungen treffen auf Unternehmen, bei denen der Digitalisierungsdruck weiterhin hoch ist. Während sich die wirtschaftliche Lage eintrübt, sinken auf Unternehmensseite die Budgets. Das wirkt sich negativ auf die Investitionssicherheit der Softwarehersteller aus. Trotz dieser ungünstigen Voraussetzungen wächst der HCM-Softwaremarkt kontinuierlich. Allerdings hat sich der Aufwärtstrend inzwischen verlangsamt. Das liegt auch daran, dass Startups weniger Finanzierungsmöglichkeiten erhalten. Marktwachstum stärkt alle Hersteller Vom Marktwachstum profitieren alle Hersteller, egal ob Nischenanbieter mit Speziallösungen, Hersteller einzelner HR-Tools oder HCM-Suiten-Anbieter für kleinere Unternehmen. In mittleren bis großen Unternehmen geht heute ohne digitale Plattformen, HCMTools und cloudbasierte Lösungen, die Daten sicher speichern, tägliche Prozesse automatisieren und entscheidungsrelevante Analysen bereitstellen, nichts mehr. Meist kommen hier cloudbasierte HCM-Suiten zum Einsatz. Viele etablierte Anbieter dieser sogenannten Suiten verzeichnen immer noch zweistellige Wachstumsraten, obwohl die Kunden kontinuierlich neue Anforderungen an sie stellen. Ein Großteil davon resultiert aus einer sich zunehmend schneller wandelnden Arbeitswelt. Neue Rahmenbedingungen stellen die Unternehmen vor Herausforderungen, die sie an die Softwareanbieter weitergeben. Dadurch bietet sich oftmals eine Chance für den Markteintritt neuer Anbieter, die schneller neue Lösungen parat haben als etablierte Player. Übernahmen sind deshalb an der Tagesordnung. So können etablierte Anbieter mit reduziertem Risiko rasch Lücken im eigenen Portfolio schließen. Dieser Trend dürfte sich insbesondere bei KI-basierten Lösungen für die Bereiche Mitarbeitererfahrung (Employee Experience), Skill Management und Talentprozesse fortsetzen. Ausgereifte KI und Maschine Learning (ML)-Anwendungen werden immer stärker zu einem Differenzierungsmerkmal bei der Auswahl von HR-Lösungen. Wenn KI und ML in neuen Tools ihr Potenzial aufzeigen, treiben sie die Kaufentscheidung zugunsten des Herstellers voran. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sich die führenden Suiten derzeit durch KI-gestützte Lösungen in den Bereichen Skills und Employee Experience (EX) auszeichnen. Trend: Hyper-Personalisierung Im Bereich Employee Experience liegt eine verstärkte Personalisierung oder gar Hyper-Personalisierung im Trend. Die passgenau auf die jeweilige Person zugeschnittene EX wird erst durch den Einsatz entsprechender KI möglich. Ein Beispiel dafür ist die Verarbeitung natürlicher Sprache bei Employee Listening Tools. Diese innovativen Anwendungen werden derzeit meist noch von Spezialisten bereitgestellt, da viele etablierte Anbieter noch keine gleichwertigen Angebote haben. Ansonsten ist die EX von den führenden Suiten-Herstellern überall gut integriert worden, da sie immer noch ein wesentlicher Punkt für die Kaufentscheidung oder Systemwechselbereitschaft im HR-Bereich ist. SAP, Workday, Oracle oder auch ServiceNow und Microsoft Viva bieten ausgereifte EX-Plattformen mit Feedback, Zielmanagement und vielemmehr. Es stellt sich die Frage, wie werden sich diese Systeme weiterentwickeln? Einigen Analysten zufolge werden Manager und Mitarbeitende künftig die Möglichkeit fordern, das System oder zumindest Teilbereiche davon selbst zu entwickeln, ohne dass spezifische IT-Kenntnisse vorhanden sein müssen. Die dafür notwendigen Creator-Tools stehen bisher allerdings noch in nur geringem Umfang zur Verfügung. Neben der EX ist für die Käufer von HCM-Software nach wie vor auch die Benutzerfreundlichkeit, die User Experience (UX), ein wichtiges Auswahlkriterium. Der mobile Zugriff ist dabei inzwischen ein Must-Have und die UX verbessert sich mit der Integration virtueller Assistenten weiter. Chat-Integration mit persönlichen und Team-Produktivitäts-Apps, beispielsweise Slack, Workplace by Meta, Microsoft Teams und WhatsApp, ermöglicht es Nutzern, grundlegende Transaktionen durchzuführen oder Informationen nachzuschlagen, ohne ihre tägliche Betriebsumgebung zu verlassen. Eine zunehmende Anzahl von HR-Lösungen bietet daher HR-Touchpoints in Microsoft Teams oder Slack als integralen Bestandteil an, allerdings nutzen dies bisher noch nicht allzu viele Unternehmen. Fähigkeiten in Unternehmen sichtbar machen Auch im Skills-Management kommt KI zum Einsatz. Skills-TechTools sollen das Potenzial der im Unternehmen vorhandenen Fähigkeiten sichtbar machen – und sind an das Recruiting sowie das Talent Management angebunden. Skill-basierte Analysen, intelligentes Skills-Matching und Hyper-Personalisierung sind wesentliche Beispiele dafür, dass KI die Transformation der Talentprozesse beschleunigt. KI ermöglicht Skills-Inferenzen, die Verknüpfung von Mitarbeitenden und Mentoren, von Mitarbeitenden und Projekten oder Gigs und die Einbeziehung vieler weiterer Faktoren. Derartige Tools könnten eine große Zukunft haben, denn laut Umfragen hält mehr als die Hälfte aller Unternehmen das Skills Management und Talentprozesse, um die Befähigung der Talente und deren volles Potenzial auszuschöpfen für die derzeit wichtigste HR-Aufgabe. Davon könnten spezialisierte Anbieter wie Beamery, ein KIbasierter Spezialist für Skills und Talentmobilität zur Automatisierung und Optimierung von Talentprozessen, oder Neobrain, ein KI-basierter Skills-Management Spezialist zur Optimierung von Prozessen in den Bereichen Skills, Talent und beruflicher Weiterentwicklung, profitieren. Bestehende Tools der etablierten Anbieter müssen dahingehend noch verbessert werden. Skills Intelligence, Talentmobilität und eine Verschiebung hin zu agilen, projektbasierten Arbeitsweisen erfordern die Weiterentwicklung der Talentmanagement-Tools. Von der Personalentwicklung hin zu Reskilling und Upskilling oder von der Nachfolgeplanung hin zu Talent-Opportunity-Marktplätzen, ebenso wie den Aufbau personalmagazin plus: HR-Software 2023

Marktübersicht 7 knüpfen. Deshalb müssen selbst die größten Player der Branche im Hinblick auf die Zusammenarbeit mit starken und agilen Nischenlösungen flexibel reagieren. Die Käufer von HCM-Lösungen besitzen meist ein HR-Core-System und mehrere komplementäre Speziallösungen und integrieren diese in ihre bestehende HR-ITArchitektur. Käufer verlangen nicht nur Schnittstellen, sondern auch eine reibungslose Integration der Speziallösungen in ihre Systeme. Soll heißen: Speziallösungen sind nur so gut, wie sie sich in das bestehende HR-System integrieren lassen. Künftige Wettbewerber aus Asien Was tut sich nun konkret bei den Herstellern führender HCMSuiten und wie hat sich ihre Marktposition verändert? Der Blick auf den sogenannten Magic Quadrat, ein Visualisierungstool, mit dem die Analyseagentur Gartner jährlich Softwareanbieter und deren Positionierung imMarkt bewertet, zeigt: In der Kategorie Cloud HCM-Suiten dominieren weiterhin die etablierten Player. Doch einem Anbieter gelingt es, sich immer weiter an sie heranzutasten. Darwinbox aus Indien. Aufgrund seiner lokalen Nähe macht Darwinbox bisher vor allem den globalen Anbietern auf dem asiatischen Markt Konkurrenz. Das HCM- und Lohnabrechnungssystem besteht seit 2014 und wurde auf einer Graphen-Datenbank basierend entwickelt. Das bedeutet, die Daten werden anhand von Beziehungen, nicht um Hierarchien, modelliert. Es basiert damit auf einer Technologie, die definitiv zur nächsten Generation der HCM-Software gehört. Hochgradig skalierbar, global einsetzbar, loben die Analysten. Hinzu kommt eine ansprechende Benutzeroberfläche. Darwinbox ist ein Beispiel dafür, dass die etablierten Player künftig zunehmenden Wettbewerb aus Asien bekommen könnten. Das dürfte ihnen zusätzlichen Antrieb geben. Allen voran hat Workday seine Architektur kontinuierlich weiterentwickelt. Die Kerndatenbank ist objektorientiert und nutzt viele der Funktionen einer Graphen-Datenbank. Workday investiert unter anderem in die Workday Skills Cloud, die People-Experience-Plattform und den Ausbau der APIs. Als Pionier beim Thema Skills Cloud setzt Workday zunehmend auf KI und intelligente Datendienste als Kern seines Systems. Mittelfristig soll die Skill Cloud dadurch zu einem Talent-Intelligence-System heranreifen. Laut Gartner ist Workday der leistungsstärkste Anbieter für EX, beispielsweise durch seine Anwendung Workday Peakon Employee Voice sowie auch bei KI-gestützten Talent- und People-Analysen und -Reportings. Auch SAP entwickelt seine Suite fortlaufend weiter. Erwähnenswert ist dabei der App Store, der weltweit mehr als 300 Apps von Drittanbietern beinhaltet. Die Kernfunktionen der Suite sind robust. Dennoch platziert Gartner SAP abgeschlagen hinter Workday und Oracle. Oracle gelang es, mit der kürzlich überarbeiteten Oracle Cloud HCM Suite zu punkten. Die EX-Funktionen stehen dabei im Mittelpunkt. Oracle ME, die Plattform für Mitarbeitererfahrungen, wurde im Jahr 2022 beim Annual Digital Innovation Award ausgezeichnet. Der Anbieter tritt hier eher als Konkurrent zu Service Now auf und hat ein komplettes Journey-Management-System sowie Anwendungen für Mitarbeiterfeedback und -Wohlbefinden zu bieten. Hervorzuheben ist auch das leistungsstarke Recruiting-Modul der Oracle Cloud HCM. Es bietet eine robuste Candidate Experience durch bidirektionales Messaging und wurde entwickelt, um Analysten zufolge könnten Mitarbeitende künftig Softwaresysteme mitentwickeln, ohne spezifische IT-Kenntnisse dafür zu benötigen. eines Organisationsdesigns, das auf Rollen und Verantwortlichkeiten basiert. Nach People Analytics ist jetzt Talent Intelligence angesagt. Anstatt alle Informationen und Daten im HCM-System zu verarbeiten, zeigen US-amerikanische Vorreiter wie Eightfold, Gloat oder Cornerstone/EdCast eine neue IT-Architektur, bei der diese auf Talent-Intelligence-Plattformen gespeichert werden. Skills-Daten, Job Architecture, Talentmobilität, Job Matching, Karriereplanung und Mentoring werden hier gebündelt und stehen für die einzelnen Personalprozesse zur Verfügung. HCM-Anbieter müssen flexibler werden Die aktuellen Entwicklungen haben zur Folge, dass die Softwarelösungen hochgradig skalierbar sein müssen und APIs sowie Schnittstellen für Partner zur Verfügung stehen müssen. Während früher eine einzige Suite zur Konsolidierung vorhandener HR-Systeme als wünschenswert angesehen wurde, geht es heute darum, die Best-of-Breed-Lösungen mit bestehenden HCM-Systemen zu ver-

HR-Software 8 personalmagazin plus: HR-Software 2023 umfangreiche Recruiting-Aktivitäten zu verwalten. Es soll Unternehmen dabei unterstützen, Fähigkeiten von Mitarbeitenden abzugleichen und zu bewerten – und lässt sich sehr individuell konfigurieren. Cornerstone spielt imMagic Quadrant zwar nicht ganz vorne mit, ist jedoch nach zahlreichen Übernahmen unter anderem von EdCast ebenfalls gut aufgestellt. Der Anbieter baut auf seine langjährigen Erfahrungen bei der Entwicklung von Lern- und Talentmanagementsystemen. Seine HCM-Lösungen hat Cornerstone folglich als Ergänzungen zu seinen Lern- und Talentmanagementprodukten entwickelt. Denn Cornerstone bietet nach wie vor ein marktführendes Lernmanagement mit KI-basierten Tools. Neues für den Mittelstand Doch nicht nur bei den internationalen Herstellern, die meist Lösungen für Großunternehmen anbieten, gibt es Bewegung. Auch Anbieter aus Deutschland, die sich auf Kleinunternehmen (Personio, SD Worx, HR Works) oder den Mittelstand (Rexx, Perbit, Persis, P&I, Haufe) spezialisiert haben, gibt es Neuerungen. So hat Personio im Frühjahr dieses Jahres ein eigenes Gehaltsabrechnungsmodul gelauncht. Das in München beheimatete, millionenfinanzierte Startup greift damit seinen bisherigen Payroll-Partner Datev an. Vor dem Hintergrund der zunehmend kritischen Berichte von Personio-Kunden zu Service- und Funktionsumfang des Tools wird es spannend sein zu beobachten, wie die Kunden auf das neue Angebot reagieren und ob der Funktionsumfang für einen Umstieg ausreicht. Selbst internationale HCM-Softwareanbieter machen um das Thema Payroll einen großen Bogen und arbeiten beispielsweise lieber mit Outsourcing-Anbietern wie ADP zusammen. Denn es gibt kaum ein schwierigeres Thema im HR-Software-Bereich als eine deutsche Lohn- und Gehaltsabrechnung. Wer Alternativen sucht, wird eventuell bei SD Worx oder HR Works fündig, wobei Letztere beim Thema Payroll weiterhin auf die Partnerschaft mit Datev setzen. Im Bereich der HR-Suiten für den Mittelstand tut sich nur wenig. Während Perbit seit dem Datenleck im Frühjahr 2022 einen schweren Stand am Markt hat, können sich langjährige Anbieter wie Rexx, Persis und P&I gut behaupten. Das Innovationstempo ist bei den Anbietern nicht besonders hoch. Wobei dies gut mit der Kundenzielgruppe korreliert. Die mitteständischen Unternehmen ziehen solide HR-Tools den trendigen Newcomern vor. Schließlich wissen die praxisnahen HR-Leiter, dass nicht jeder Trend zum Standard wird. Wie diese HRSoftware-Anbieter die steigenden KI-Anforderungen abbilden, bleibt abzuwarten. Aufgrund der im Vergleich zu den großen Anbietern begrenzten finanziellen Mittel könnte hier eher eine intelligente Partnerstrategie gewählt werden. Einen anderen Weg, um dem technologischen Druck weiter standzuhalten, geht derzeit Haufe. Das unter Haufe Talent platzierte HR-Portfolio im Bereich Bewerber- und Mitarbeitermanagement wird zum 1. Juli dieses Jahres von dem schweizerischen ERP-Software-Anbieter Abacus übernommen. Erklärtes Ziel der Übernahme ist es, den mittelständischen Kunden eine innovative All-in-One-HCM-Suite zu bieten. Die Portfolios im HR-Bereich ergänzen sich dabei gut. Haufe bietet Tools im Bereich der wertschöpfenden HR-Prozesse und hat erst kürzlich die Personalmarketing-Lösung von VONQ integriert. Abacus hingegen deckt vor allem die Prozesse aus dem Bereich HR-Administration ab und hat nicht nur eine Payroll für die Schweiz, sondern auch für Deutschland. KI-Anwendungen als Standard Schlussendlich bleibt zu sagen, dass die KI-Anwendungen gekommen sind, um zu bleiben – und mit oder ohne Einbindung der HCM-Softwarehersteller für eine Disruption im Personalwesen sorgen. Erst kürzlich kündigte der Vorstandsvorsitzende von IBM, Arvind Krishna, an, dass zahlreiche Tätigkeiten beim amerikanischen IT-Unternehmen von auf KI-basierter Software übernommen werden können. So sollen etwa in der Personalverwaltung bei IBM in fünf Jahren rund ein Drittel der Stellen durch KI und Automatisierung ersetzt werden. Um zu prüfen, ob dies tatsächlich gelingen kann, wurde für bestimmte Jobs ein Einstellungsstopp verhängt. Das zeigt: KI ist in der Arbeitswelt angekommen und wird bleiben. Das unterstreicht die IEEE Global Study, für die weltweit Unternehmensvertreter und Analysten befragt wurden. 66 Prozent von ihnen gaben an, dass KI in den nächsten Jahren für die meisten Innovationen in fast jeder Branche verantwortlich sein wird. Chat GPT verzeichnet nach seiner Veröffentlichung innerhalb kürzester Zeit Millionen von Nutzerinnen und Nutzern. Inzwischen arbeiten Unternehmen längst an konkreten Einsatzmöglichkeiten des Chatbots, der die Wissensarbeit grundlegend verändern könnte. Auch in Personalabteilungen hält die Anwendung, ohne einen Umweg über die HCM-Softwarehersteller zu nehmen, direkten Einzug. Chat GPT kann, auch ohne in irgendeiner Art in die bestehende HCMTool-Landschaft eingebunden zu sein, Feedbackfragen erstellen, HR-Richtlinien verfassen, Keywords für Stellenbeschreibungen liefern, Jobbeschreibungen formulieren, Einstellungsgespräche vorbereiten und auswerten oder Onboarding-Materialien erstellen. So könnte ein Tool, das ohne spezifischen HR-Bezug entwickelt wurde, schon bald nicht mehr aus der Personalarbeit wegzudenken sein. Das Wachstum des HCM-Softwaremarktes hat von der Dynamik des Vorjahres eingebüßt. Die neuen Anwendungsmöglichkeiten künstlicher Intelligenz, beispielsweise in Form von Chat GPT, bedeuten für die Softwareanbieter Fluch und Segen zugleich. In Zukunft könnte es für die Hersteller deshalb wichtiger werden, erklärbare KI zu liefern und so Transparenz hinsichtlich der Funktionsweise ihrer Algorithmen zu schaffen. Die Top-Anbieter differenzieren sich schon jetzt über die Tiefe ihrer Ursprungsdaten und die Erklärbarkeit ihrer Entscheidungssysteme. Welche Bedeutung das hat, zeigt die sich zunehmend entwickelnde Gesetzgebung, die den Einsatz von KI künftig stärker regulieren könnte. Die Bedingungen sind mittlerweile rauer geworden, aber die HCM-Softwarehersteller schlagen sich weiterhin gut. ELKE SINGLER ist Analystin und Beraterin und behält die Entwicklungen und Trends im HR-Software-Markt im Blick.

9 Künstliche Intelligenz Von Stefan Strohmeier Alle sprechen darüber, viele wollen sie nutzen, wenige verstehen sie. Die Rede ist von Künstlicher Intelligenz. Nicht zuletzt die Einführung von Chat GPT entfachte eine Debatte darüber, welchen Einfluss intelligente Systeme auf die Arbeitswelt und die Arbeitsweisen von Unternehmen haben könnten. Ähnlich groß wie die Euphorie, scheint dabei das Halbwissen um die Technologie. Eine Bestandsaufnahme soll helfen, Möglichkeiten und Grenzen einzuordnen. Jenseits von Hype und Halbwissen Künstliche Intelligenz (KI) ist auch für das betriebliche Personalmanagement von wachsender Bedeutung, wobei KI einerseits hohe Erwartungen, andererseits allerdings auch große Skepsis hervorruft. Die notwendige Diskussion der Chancen und Risiken der KI werden derzeit allerdings häufig durch die Komplexität und dem daraus resultierenden Mangel an Verständnis der KI beeinträchtigt. Um zu einem besseren Verständnis beizutragen, bemüht sich der vorliegende Beitrag um eine Klärung des Begriffs, der Kategorien und des Standes der KI im Personalmanagement und leitet Schlussfolgerungen für das Personalmanagement ab. Begriff der KI im Personalmanagement Mit Blick auf den KI-Begriff mangelt es an einer einheitlichen Auffassung davon, was KI ist, und es gibt zahlreiche heterogene Definitionen. Häufig wird die Nachahmung von Funktionen der natürlichen Intelligenz (NI), wie das Wahrnehmen, Lernen, Wissen oder Denken, durch digitale Technologien zur begrifflichen Bestimmung der KI herangezogen. Nachgeahmt werden dabei insbesondere die Ergebnisse, aber nicht unbedingt die Vorgehensweisen der NI. Weiter bezieht sich diese Nachahmung nicht auf alle NIFunktionen, sondern wird konventionell auf bestimmte Funktionen, wie Wahrnehmen, Lernen oder Denken beschränkt. So stellt Rechnen zwar auch eine Funktion

10 HR-Software personalmagazin plus: HR-Software 2023 banken für das Argumentieren und die Lösung von Problemen bereitzustellen. • Reasoning zielt darauf ab, die internen Denkprozesse von Menschen nachzuahmen. Reasoning nutzt Reasoner (auch Inferenzmaschinen), die logische Konsequenzen aus einem Satz von Fakten ableiten, wie sie zum Beispiel in einer Wissensdatenbank gespeichert sind. Die Hauptziele bestehen darin, neue Informationen bereitzustellen und Probleme zu lösen. In der Hauptkategorie konnektionistischer KI sind folgende KI-Kategorien personalwirtschaftlich relevant: • Advanced Analytics (auch Data Mining, Knowledge Discovery) zielt darauf ab, menschliche Informationsgewinnung und -verwendung nachzuahmen. Advanced Analytics nutzt dazu Daten und Algorithmen des maschinellen Lernens, um systematische Muster und Zusammenhänge in Daten zu identifizieren. Die Kernziele beziehen sich auf die Erklärung und Prognose relevanter Phänomene sowie dem Ableiten geeigneter (Management-)Handlungen. • Affective Computing (auch Emotion AI) zielt darauf ab, die menschliche Wahrnehmung und das menschliche Ausdrücken von Emotionen nachzuahmen. Affective Computing erkennt, reagiert auf und simuliert menschliche Emotionen wie Angst, Wut, Freude, Überraschung oder Ekel. Die Kernziele beziehen sich darauf, die Interaktion von Maschinen und emotionalen Menschen zu verbessern und damit die Ergebnisse einer Maschine-Mensch-Interaktion zu verbessern. • Computer Vision zielt darauf ab, die visuelle Wahrnehmung von Menschen nachzuahmen. Computer Vision lernt Muster in vorhandenen digitalen Bildern und Videos, und verwendet diese Muster zur Identifikation des Inhalts neuer Bilder oder Videos. Die Kernziele sind, zu „sehen“, zu „verstehen“, was gesehen wird, und komplexe visuelle Informationen zu erfassen. • E volutionäres Computing zielt darauf ab, biologische Problemlösungen nachzuahmen, um eine akzeptabel gute Lösung innerhalb einer großen Menge von Alternativen zu finden. Es stellt Heuristiken zur Lösung von Problemen bereit, die zu komplex für eine einfache mathematische Optimierung sind. der NI dar; die maschinelle Nachahmung natürlichen Rechnens, etwa durch Tabellenkalkulationssysteme, wird aber konventionell nicht als KI verstanden. Vor diesem Hintergrund kann man sich KI begrifflich annähern als digitale Technologien, die bestimmte Funktionen von natürlicher Intelligenz nachahmen, um menschliche Aufgaben zu unterstützen oder zu automatisieren, deren Durchführung bisher zwingend natürliche Intelligenz erfordern. Kategorien der KI im Personalmanagement Auch mit Blick auf relevante KI-Kategorien existiert keine allgemein anerkannte Abgrenzung von Teilgebieten der KI; vielmehr gibt es verschiedene heterogene Vorschläge, die allerdings übergreifend mit dem Problem konfrontiert sind, überlappende Teilgebiete trennscharf abzugrenzen. Eine hilfreiche Kategorisierung folgt konventionellen Einteilungen der KI als wissenschaftliche Disziplin, wobei die drei Ebenen der Hauptkategorien, Kategorien und Subkategorien von KI unterschieden werden können. Hauptkategorien werden nach dem generellen Vorgehen der KI gebildet: • Symbolische KI basiert auf Symbolen einer Sprache (wie Worte und Sätze), um Wissen zu repräsentieren (daher „symbolisch“) und Logik, um Schlussfolgerungen daraus zu ziehen. Wissens- (Ontologie-)basierte Suchmaschinen in der Personalbeschaffung stellen eine typische personalwirtschaftliche Anwendung symbolischer KI dar. • K onnektionistische KI basiert auf Daten und Algorithmen, die Zusammenhänge zwischen bekannten Inputs und Outputs lernen (daher „konnektionistisch“) und in einem Modell abbilden, das anschließend für Vorhersagen verwendet werden kann. Methodisch basiert konnektionistische KI auf maschinellem Lernen. Die Vorhersage von Fluktuation mit einem neuronalen Netz ist eine typische personalwirtschaftliche Anwendung konnektionistischer KI. Die aktuelle Diskussion bezieht sich fast ausschließlich auf konnektionistische KI. Diese hat die zentralen Vorteile, dass sie ihre Modelle selbstständig „lernt“ (während symbolische Modelle aufwändig vom Menschen zu erstellen sind) und Anbieter, Berater und Autoren schüren teilweise überzogene Erwartungen an künstliche Intelligenz. auch hochkomplexe unbekannte Zusammenhänge abbilden kann (während symbolische Modelle nur demMenschen bekannte und zugängliche Zusammenhänge abbilden können). Kategorien werden dann nach dem generellen Zweck der KI gebildet. In der Hauptkategorie symbolischer KI sind folgende (meist interagierende) KI-Kategorien personalwirtschaftlich relevant: • Wissensrepräsentation zielt darauf ab, die interne Abbildung von Fakten durch Menschen nachzuahmen. Die Wissensrepräsentation ermittelt systematisch angestrebtes Wissen und bildet es anschließend formal in Wissensdatenbanken mithilfe von Wissensrepräsentationstechniken wie Ontologien ab. Das Hauptziel besteht darin, Wissensdaten-

11 Künstliche Intelligenz • Generative KI zielt darauf ab, menschliche Kreativität bei der Erstellung von Texten, Bildern (Gemälden und Fotografien), Audios (Sprache und Musik) sowie Videos nachzuahmen. Das Kernziel ist die Generierung von neuem Content, wobei dieser in Stil und Inhalt ähnlich ist, wie bereits bestehender Content. • Natural Language Processing zielt darauf ab, die sprachbasierte Kommunikation von Menschen nachzuahmen. Die natürliche Sprachverarbeitung nutzt Spracherkennung, Sprachverständnis und Spracherzeugung. Die Kernziele beziehen sich auf eine direkte Kommunikation zwischen Maschinen und Menschen und auf das autonome Lernen von Maschinen aus umfangreich verfügbarem schriftlichem Wissen. • Robotics zielt darauf ab, die physische Manipulation (von Teilen) der Welt durch Menschen nachzuahmen. Die Robotik nutzt physische Roboter, die Sensoren wie Kameras, Radar oder Laser einsetzen, um die Wahrnehmung ihrer Umgebung zu ermöglichen, sowie Effektoren wie Räder, Beine oder Greifer, um die beabsichtigten physischen Kräfte auszuüben. Das Kernziel besteht darin, die physische Umgebung gezielt zu verändern. • Robotic Process Automation zielt darauf ab, die Ausführung administrativer Prozesse durch Menschen nachzuahmen. Robotic Process Automation nutzt nicht-physische (das heißt Software-) Roboter, die zunächst die menschliche Prozessbearbeitung „lernen“ und anschließend automatisieren, indem sie autonom mit operativer Software, weiteren Robotern und Menschen interagieren. Das Kernziel besteht darin, die Prozessausführung zu automatisieren und damit zu beschleunigen, zu verbessern und zu verbilligen. Sub-Kategorien werden dann nach dem speziellen Zweck der KI gebildet. Beispielsweise kann man Advanced Analytics weiter danach aufspalten, auf welchen Datenkategorien (zum Beispiel Sensor Analytics und Text Analytics) oder für welche Zwecke (zum Beispiel Sentiment Analytics und Learning Analytics) es durchgeführt wird. Auf diese Art bestehen Kategorien in der Regel aus verschiedenen Sub-Kategorien. Aus Gründen des Umfangs wird an dieser Stelle auf eine tiefere Darstellung relevanter SubKategorien verzichtet. Es ist wichtig zu betonen, dass auch diese Kategorisierung weder vollständig noch frei von Überschneidungen ist. Dennoch eignet sie sich für das Schaffen eines

12 HR-Software personalmagazin plus: HR-Software 2023 Technologischer Auslöser Gipfel überzogener Erwartungen Tal der Enttäuschung Pfad der Erleuchtung Plateau der Produktivität grundsätzlichen Verständnisses. Insgesamt zeigt die obige Kategorisierung die erhebliche Heterogenität der KI auf. KI im Personalmanagement bezieht sich damit auf sehr unterschiedliche Technologien, mit sehr unterschiedlichen Anwendungspotenzialen und sehr unterschiedlichen Konsequenzen. Stand der KI im Personalmanagement Obwohl alle angeführten Kategorien grundsätzlich personalwirtschaftliche Relevanz aufweisen, ist der aktuelle Status dieser Kategorien im Personalmanagement denkbar heterogen. Um den Stand abzubilden, wird ein Lebenszyklus-Modell digitaler Technologien („Hype-Cycle“) verwendet (vgl. Gartner, 2023). Das Modell geht davon aus, dass digitale Technologien im Zeitablauf idealtypische Phasen durchlaufen, die durch klar unterschiedliche Erwartungen an die Technologie gekennzeichnet sind. Diese beginnen mit einer Auslösungsphase (ein technologischer Durchbruch löst erste Erwartungen an Wissensrepräsentation in Form von Ontologien zur Verbesserung von Suche und Matching von Stellen und Bewerbenden in der Personalbeschaffung. Allerdings existieren ebenso symbolische KI-Anwendungen, die es nicht bis zur produktiven Anwendung geschafft haben, insbesondere die damals mit hohen Erwartungen versehenen HR-Expertensysteme. Die gegenwärtige Diskussion um KI im Personalmanagement dreht sich damit insbesondere um konnektionistische KI. Dabei spielen insbesondere die Kategorien der Advanced Analytics, des Natural Language Processing und (neuerdings) der Generativen KI eine wichtige Rolle, während andere Kategorien wie Computer Vision oder Affective Computing derzeit kaum Aufmerksamkeit erhalten und teils sogar völlig unbekannt sind. Zusammengefasst zeigen sich damit zwei Phasen der KI im Personalmanagement: eine frühere symbolische Phase und eine aktuelle konnektionische Phase. Das Lebenszyklusmodell bildet damit die bekannten zyklischen Entwicklungen der KI ab, die metaphorisch als „KI-Sommer“ (Phase hoher ErwartunStand der Künstlichen Intelligenz im Personalmanagement Erwartungen Zeit Symbolische KI WISSENSPRÄSENTATION COMPUTER VISION GENERATIVE KI ADVANCED ANALYTICS AFFECTIVE COMPUTING Affektive Lernsysteme ... ... Sensor Analytics Algorithmic Decision Making HR Text Analytics HR Sentiment Analytics HR Video Analytics ROBOTICS ROBOTIC PROCESS AUTOMATION REASONING HR Expertensysteme KI Hauptkategorie KI KATEGORIE ... Such-/Matching-Ontologien NATURAL LANGUAGE PROCESSING EVOLUTIONÄRES COMPUTING HR Chatbots HR Analytics Learning Analytics CV Parsing KI Subkategorie Evolutionäre Einsatzplanung Konnektionistische KI die Technologie aus), gefolgt von einer Hypephase (übertriebener Euphorie und unrealistisch hohe Erwartungen, verstärkt durch Medien), einer Enttäuschungsphase (übertriebene Erwartungen können nicht erfüllt werden und stürzen ab, wiederum verstärkt durch Medien) und schließlich zwei Erholungsphasen (fortlaufende Ausarbeitung der Technologie ermöglicht eine realistischere Einschätzung, Verbesserung und schließlich deren produktive Anwendung). Die Einordnung von Hauptkategorien, Kategorien und Subkategorien der KI in dieses Lebenszyklus-Modell erlaubt einige interessante Einsichten. Zunächst befinden sich die beiden KIHauptkategorien in sehr unterschiedlichen Phasen. Die symbolische KI ist deutlich weiter vorangeschritten. Sie hat ihre „Hype“-Phase im Personalmanagement mit hohen Erwartungen insbesondere an die Sub-Kategorie der „HR-Expertensysteme“ vor etwa einem Vierteljahrhundert bereits hinter sich. Heute weist sie entsprechend deutlich reduzierte Erwartungen auf. Zwar gibt es einige produktive symbolische Anwendungen, wie etwa die Verwendung von

13 Künstliche Intelligenz gen und Aufmerksamkeit) und „KI-Winter“ (nachfolgende Phase der Enttäuschung und geringen Aufmerksamkeit) bezeichnet werden. Der gegenwärtige „KI-Sommer“ bezieht sich entsprechend wesentlich auf konnektionistische Anwendungen. Weiter zeigt sich, dass KI – trotz ihrer etwa 70-jährigen Geschichte – im Personalmanagement eine eher „neue“ Technologie darstellt, die derzeit nicht systematisch produktiv eingesetzt wird. Auf der Subkategorien-Ebene gibt es jedoch einige KI-Anwendungen, die bereits produktiv eingesetzt werden. Dies betrifft konnektionistische Unterkategorien wie das CV-Parsing in der Personalbeschaffung und symbolische Subkategorien wie Such- und Matching-Ontologien ebenfalls in Personalbeschaffung. Obwohl solche Anwendungen immer häufiger eingesetzt werden, stehen sie nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit und stellen daher „heimliche“ KI-Anwendungen im Personalmanagement dar. Schließlich zeigt sich insbesondere in der konnektionistischen KI eine größere Zahl von Kategorien mit personalwirtschaftlichen Potenzialen, welche derzeit im Personalmanagement weder bekannt noch diskutiert, geschweige denn erschlossen sind. Dies bezieht sich zunächst auf Affective Computing. Da Personalarbeit sich auf Menschen bezieht und damit zwingend mit menschlichen Emotionen konfrontiert ist, verspricht das Affective Computing offensichtliche und weitreichende Potenziale – zum Beispiel zur Erkennung und Bewältigung von Mitarbeitenden-Stress oder die Verbesserung von Mitarbeitenden-Leistung. Weiter weist auch die Kategorie Robotics ein breites Potenzial für HR-Anwendungen auf. Dies betrifft zunächst „Hybrid“-Roboter, die künftig neben ihren primären Fertigungs- oder Dienstleistungsaufgaben auch sekundäre HRAufgaben, wie Leistungsbeurteilung oder Entwicklungsbedarfsanalyse von mit ihnen interagierenden Mitarbeitenden, übernehmen könnten. Dies betrifft auch proprietäre physische Roboter, die ausschließlich für HR-Zwecke, wie etwa das Durchführen von Bewerbungsgesprächen, eingesetzt werden. Weiter stellt Robotics Process Automation eine Kategorie dar, die zunächst als konventionelle Technologie gestartet ist, sich aber durch zunehmende KI-Anreicherungen in Richtung KI-Anwendung PROF. DR. STEFAN STROHMEIER ist Professor für Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Management-Informationssysteme an der Universität des Saarlandes. Er ist außerdem Sprecher der Fachgruppe „Informationssysteme in der Personalwirtschaft“ in der Gesellschaft für Informatik. Literatur Gartner (2023), Gartner Hype Cycle. https:// www.gartner.com/en/research/methodologies/gartner-hype-cycle Zugriff: 08/05/2023. Strohmeier, S. (2022). Artificial Intelligence in Human Resource Management – An Introduction, in: Strohmeier, S. (Hrsg.). Handbook of Research on Artificial Intelligence in Human Resource Management, Edward Elgar, Cheltenham, 1-22. nischen Disziplinen überlassen; vielmehr sollte sie selbst eine zentrale Rolle darin einnehmen. Eingebettet in die breitere allgemeine Digitalisierung der Personalarbeit bedingt dies ein eigenständiges, umfassendes und herausforderndes neues Aufgabengebiet für das Personalmanagement. Schließlich sollte man mittelfristig eine Ernüchterung gegenüber der KI erwarten und akzeptieren. In der aktuellen personalwirtschaftlichen KI-Diskussion gibt es zahlreiche überzogene Erwartungen, teils aktiv vorangetrieben durch Autoren, Beratungen und Anbieter. Gemäß dem verwendeten Lebenszyklus-Modell und gemäß allgemeiner Erfahrung mit technologischen Entwicklungen folgen auf solche überzogenen Erwartungen notwendigerweise Phasen der Ernüchterung, in der öffentliche Erwartungen buchstäblich einbrechen. Diesen absehbaren Einbruch gilt es als „normale Phase“ zu verstehen und auszuhalten, die man durch kontinuierliche Bemühung um einen produktiven Einsatz der KI im Personalmanagement überwinden kann und muss, anstatt KI vorschnell aufzugeben und so „das Kind mit dem Bade auszuschütten“. entwickelt. Robotic Process Automation zeigt vielfältige Potenziale zur autonomen Abarbeitung personalwirtschaftlicher Prozesse auch in Interaktion mit Stakeholdern der Personalarbeit. Sehr weitgehende Potenziale (aber auch Risiken) verspricht schließlich die Kategorie Computer Vision, die etwa für die Prävention von Arbeitsunfällen oder die Erfassung von Mitarbeitendenleistungen eingesetzt werden kann. Folgerungen für KI im Personalmanagement Aus den obigen Darstellungen der KI im Personalmanagement lassen sich einige Schlussfolgerungen ableiten: Zunächst sollte die Heterogenität der KI akzeptiert und berücksichtigt werden. KI ist keine homogene Einzeltechnologie, sondern besteht aus sehr unterschiedlichen Hauptkategorien, Kategorien und Subkategorien. Daraus ergeben sich unterschiedliche Anwendungspotenziale, unterschiedliche Anwendungsfälle und unterschiedliche Konsequenzen für die Personalarbeit. Folglich sollten in der künftigen Diskussion die jeweiligen (Sub-) Kategorien sorgfältig unterschieden werden, anstatt sie unter dem Begriff der „KI“ in einen Topf zu werfen und damit einen aufmerksamkeitsheischenden, aber eben heterogenen und deshalb unklaren Begriff zu verwenden. Weiter sollten die KI-Potenziale (besser) genutzt werden. Die Darstellung zeigt, dass in den derzeit in der Personalarbeit bereits diskutierten, insbesondere aber in den (noch) nicht diskutierten KI-Kategorien vielfältige ungenutzte Anwendungsmöglichkeiten bestehen. Dazu müssen funktionierende personalwirtschaftliche KI-Anwendungsfälle ausgearbeitet und evaluiert werden. Dies schließt mögliche technische Anpassungen der von der KI bereitgestellten Basistechnologien ausdrücklich ein. Angesichts der Vielzahl existierender KI-Kategorien und daraus resultierender Anwendungspotenziale stellt dies erkennbar eine umfassende Herausforderung dar, deren Bewältigung eine längerfristige und anhaltende Auseinandersetzung des Personalmanagements mit KI bedingt. Da eine solche künftige Nutzung der KI personalwirtschaftliche Interessen im Kern tangiert, kann und darf die Personalprofession diese Ausarbeitung nicht exklusive tech-

Von Jens Bender HR Tech scheint weiterhin ein beliebtes Geschäftsfeld für Gründerinnen und Gründer zu sein. Die technologischen Möglichkeiten generativer künstlicher Intelligenz dürfte die Zahl der Neugründungen künftig noch weiter erhöhen. Im Fokus stehen neben Digitalisierung und Automatisierung (Produktivitätssteigerung), neue Blue-CollarAngebote für Recruiting und Retention sowie Lösungen rund um Learning, Benefits, flexibles Arbeiten und New Pay. Unser Autor hat sich zehn vielversprechende Startups angeschaut. Zehn HR-Startups im Check Talent Acquisition: Jobkey Jobkey ist eine Plattform, um weltweit nach neuen Mitarbeitenden zu suchen. Da es zunehmend schwieriger wird, Fachkräfte in Deutschland zu finden, denken manche Unternehmen die Mitarbeitergewinnung inzwischen global. Das Startup will sie dabei unterstützen. Mit wenigen Klicks haben die Unternehmen Zugang zu qualifizierten Kandidaten auf der ganzen Welt. Jobkey bildet sowohl die Direktvermittlung als auch die Zeitarbeit ab. So soll Unternehmen ein globales Recruiting ermöglicht werden. Sourcing: Psychological.ai Psychological.ai erhielt durch Generative AI einen neuen Schub. Es nutzt künstliche Intelligenz für die Ansprache potenzieller Mitarbeitender. Die Software nutzt sowohl das Sprachmodell von Chat GPT als auch eine selbst entwickelte verhaltensorientierte AI-Komponente. Es möchte Unternehmen dabei helfen, Persönlichkeitstypen bei Bewerbenden zu erkennen und personalisierte Texte für die Ansprache zu schreiben. Damit soll das Sourcing von Kandidaten auf sozialen Netzwerken verbessert werden. Team Performance: Dreamteam Dreamteam bietet über 300 virtuelle und persönliche Maßnahmen, die Zusammenhalt von Teams stärken sollen. Dabei können zielgerichtet Bedürfnisse adressiert werden. Gemeinsam mit Psychologen hat Dreamteam einen Algorithmus entwickelt, um die jeweils passenden Maßnahmen für ein Team vorzuschlagen. Die Aktivitäten reichen von Schafe hüten über Cocktails mischen bis hin zu einer Stadtrallye – und sollen nicht nur für gute Laune sorgen, sondern auch konkrete Skills wie Führung oder Selbstreflexion fördern. 14 HR-Software personalmagazin plus: HR-Software 2023

Learning: Optimo Optimo möchte den Wissenstransfer zwischen Mitarbeitenden in Industrie und Produktion stärken. Die Lösung möchte die Weitergabe von Wissen in Unternehmen verbessern und setzt dort an, wo die betriebliche Ausbildung aufhört. Insbesondere im Blue-Collar-Bereich sollen junge oder neue Mitarbeitende vom Erfahrungswissen älterer Kolleginnen und Kollegen profitieren. Durch die Plattform soll der Zugang zu diesem Wissen alle Mitarbeitenden zur Verfügung stehen und somit vereinfacht und demokratisiert werden. People Analytics: People IX People IX hat eine People-Analytics-Plattform geschaffen. Die Lösung integriert und analysiert Daten aus HR- und Geschäftssystemen (zum Beispiel Personio, Greenhouse, Leapsome, Salesforce) und generiert so Einblicke in Themen wie Fluktuation, Diversität, Recruiting und Performance für HR-Teams und Führungskräfte. Mithilfe der Plattform lassen sich wichtige Personalanalysen automatisieren und datenbasierte Empfehlungen generieren, so etwa die Analyse von Beförderungszyklen zur Verbesserung der Mitarbeiterbindung. Benefits: Become 1 Become 1 möchte Unternehmen helfen, ihren Beschäftigten Benefits anzubieten. Die Plattform soll den Verwaltungsaufwand für Arbeitgebende senken – von der Schnittstelle zum HR-Management-System bis zur Schnittstelle in die Lohnbuchhaltung. Dadurch sollen Unternehmen mehr Flexibilität erhalten, steuerbegünstigte Leistungen für ihre Beschäftigten anzubieten – und auch kurzfristig auf Bedürfnisse zu reagieren. Die Angebote reichen vom “Deutschlandticket“ über Mittagessen bis hin zu Gutscheinen für den Einzelhandel. Integrationen: Kombo.dev Kombo.dev ist die Programmierschnittstelle (API) für die Integration von HR, ATS und Payroll-Systemen. Durch die Kombo-Schnittstelle sollen HR-Tech-Unternehmen innerhalb von wenigen Tagen mit über 50 Softwarelösungen in ihre Systeme integrieren können und somit Kunden ein ganzes Software-Ökosystem anbieten können. Das Startup möchte damit sowohl für Unternehmen als auch Softwareanbieter die Aufwände reduzieren, die durch die Integration neuer Lösungen in die bestehende IT-Landschaft anfallen. Performance: Verbally Verbally möchte Organisationen dabei unterstützen, Meetings effizienter durchzuführen. Das Startup ist ein Beispiel dafür, dass HR Tech und Work Tech (also Lösungen zur Zusammenarbeit in Unternehmen) zunehmend verschmelzen. Dabei ist Verbally als virtueller Assistent in bekannte Online-Meeting-Plattformen wie MS Teams, Google Meet und Zoom eingebettet. Dort soll die Lösung dazu beitragen, Vorstellungsgespräche oder Mitarbeitergespräche strukturierter zu führen. Payroll/New Pay: Happy Mit Happy sollen Unternehmen ihren Beschäftigen flexiblere Vergütungsmodelle anbieten können. Dem Anbieter zufolge wünschen sich neun von zehn Beschäftigten mehr Flexibilität beim Lohnzugriff. Diesen möchte die Software ermöglichen. Die erlaubt Unternehmen Lohnvorschüsse zu zahlen. Darüber hinaus bietet sie Weiterbildungsmöglichkeiten für Beschäftigte zu Finanzen sowie Schuldenberatung. Kürzliche Upgrades sollen Unternehmen die Auszahlung von Inflationsausgleichsprämien oder Sachbezügen vereinfachen. Remote Work: Whatever Works Whatever Works ist eine Ausgründung von Jobrad. Das Startup bietet ein digitale Plattform für berufliche Auszeiten wie Workations, Sabbaticals oder Micro-Sabbaticals. Damit setzt der Anbieter darauf, dass Unternehmen aufgrund rechtlicher Unsicherheiten sowie des Zeitaufwands darauf verzichten, berufliche Auszeiten anzubieten. Hier möchte der Service ansetzen: Neben der digitalen Abwicklung werden gemeinsam mit KPMG rechtliche Rahmenbedingungen und Lösungsmodelle entwickelt und in die Plattform integriert. JENS BENDER ist Geschäftsführer von Work Tech Advisory und Mitinitiator des HR Angels Club. Er berät HR-Tech-Anbieter von Startups, über Scaleups bis zu etablierten Firmen und Investoren bei Marktbearbeitung und der Produkt- und Strategieentwicklung. Er kennt den HR-Softwaremarkt seit vielen Jahren. 15 Startups

16 HR-Software personalmagazin plus: HR-Software 2023 Von Felix Pohl Was taugen Softwaretrends?

17 Trends Wie viel Software braucht HR, um wirklich leistungsfähig zu sein? Auch wenn sich diese Frage kaum pauschal beantworten lässt, drückt sich doch ein Problem aus, vor dem viele Personalverantwortliche gegenwärtig stehen: Welche Systeme sollen sie nutzen? Welche Softwaretrends versprechen nachhaltigen Erfolg? Und wo ist der Zauber größer als die Leistungsfähigkeit? Unser Autor wagt einen Erklärungsversuch. Entwicklungen reagieren. Insbesondere Anbieter sogenannter HCM-Suiten, also Komplettlösungen, die die HR-Kerndisziplinen abdecken, arbeiten daran, ihr Portfolio zu erweitern – und so den gesamten Mitarbeiterlebenszyklus abzudecken. Nicht zuletzt, um den Ansprüchen und Anforderungen ihrer Kunden gerecht zu werden. Das Leistungsspektrum reicht inzwischen von neuen Lernkonzepten, über Employee Experience, Gig-Communitys, Learning Experience und Wellbeing bis hin zu persönlichem Wachstum. Schaut man aber genauer hin, in diesem Fall auf die Frage, was beispielsweise Oracle-HCM-Kunden am Ende des Tages kaufen und nutzen, entsteht ein Zerrbild der beschriebenen Ausgangssituation. Denn ein Großteil der Kunden in Deutschland setzt weiterhin auf die klassischen HR-Themen wie zentralisiertes Stammdatenmanagement, Workflows und Prozess-Steuerung, Recruiting und Automatisierung. Die vermeintlichen Trendthemen spielen eine untergeordnete Rolle. Warum? Vermittelt die Marktsituation doch ein gegenteiliges Bild. Fünf Faktoren beeinflussen das Verhalten. 1. Nicht verwechseln: Begeisterung und Investitionsbereitschaft Menschen, die sich für ihr Berufsbild überdurchschnittlich interessieren sind für Entwicklungen und Trends begeisterungsfähiger als solche, die das nicht tun. Das ist auch gut so. Trends, die einen Beschäftigten, eine Abteilung oder das gesamte Unternehmen weiterbringen können, werden – besonders wenn sie auf ein persönliches Interesse stoßen – häufig intensiv und emotional diskutiert. Dadurch erhalten sie große Sichtbarkeit. Diese steht aber nicht zwangsläufig in Zusammenhang mit der Investitionsbereitschaft des Unternehmens. Bis heute ist es so, dass HR in vielen Fällen nur dann die Budgetierung für ein Investitionsvorhaben erhält, wenn sich ein nachvollziehbarer und realistischer Return-of-Invest (ROI) berechnen lässt. Eine Kaufentscheidung aus persönlicher Überzeugung ist dagegen selten. Insbesondere die HR-Trends der letzten Jahre legen jedoch einen anderen Fokus. Häufig handelt es sich bei den Problemstellungen und Lösungen um „weiche“ Faktoren – etwa die Unternehmenskultur oder soziale Aspekte. Die Antwort auf die Frage, wie wir in Zukunft arbeiten wollen, lässt sich jedoch kaum in ROI-Excel pressen und berechnen. Viele HR-Abteilungen in Deutschland sind aber genau darauf angewiesen, um die entsprechend benötigten hohen Budgets zu erhalten. 2. F ür die Sanierung muss das Fundament stabil sein Unternehmen und auch HR haben erkannt, dass sie rechtzeitig auf die maßgeblichen Veränderungen in der Arbeitswelt – etwa hybride Arbeitsmodelle – reagieren müssen. Gerade in den letzten Jahren haben jedoch viele HR-Bereiche schmerzlich erfahren müssen, dass sich ein Dachgeschoss schlecht bauen lässt, wenn das Fundament marode ist. Da verwundert es kaum, dass die Nachfrage nach HCMSystemen merklich gestiegen ist, da diese die zentralen Anforderungen nach einer Konsolidierung und Digitalisierung der HR-Kernprozesse erfüllen. Von der Personalverwaltung, über Personalmanagement und Human Resources bis hin zu „People and Transformation“: die Weiterentwicklung des Personalbereichs und seines Selbstverständnisses ist richtig und wichtig. Dennoch wird sich auch zukünftig ein Bereich People & Transformation nicht von der Vielzahl klassischer HR-Themen und Aufgabengebiete lossagen können. Um sich also Themen wie dem Kulturwandel oder Leadership widmen zu können, müs- Nie war die Landschaft der HR-Software(anbieter) weitläufiger als heute. Fast monatlich kommen neue Anbieter hinzu – versprechen mit neuen Lösungen Antworten auf aktuelle Herausforderungen in deutschen Personalabteilungen. Die gefühlte Innovationskraft in HR Tech ist enorm, Gleiches gilt für die Investitionsbereitschaft in den Unternehmen. Doch wie sieht es in der Realität aus? Denn Fachmessen und Social-Media-Debatten geben nur bedingt Aufschluss darüber, wie leistungsfähig die Lösungen tatsächlich sind und wie veränderungsbereit die Nutzer. Klar ist: Die Arbeitswelt in Deutschland verändert sich – nicht zuletzt infolge der Coronapandemie – rasant. Themen, die früher wenig Beachtung fanden, beispielsweise die mentale Gesundheit der Beschäftigten, finden inzwischen zu Recht Anerkennung. Doch auch Phänomene wie „Quiet Quitting“, die anhand solider Zahlen und Fakten kaum oder gar nicht belegbar sind, schlagen hohe Wellen. Und schon stehen neue und alte Softwareanbieter mit den scheinbar passenden Lösungen für das jeweilige (Trend-)Problem da. Für Personalerinnen und Personaler ist es da gar nicht so einfach, den Überblick zu behalten und zu entscheiden, welche technischen Lösungen einen tatsächlichen Mehrwert versprechen. Das soll nicht heißen, dass Startups nur Scheinlösungen auf Scheinprobleme anbieten. Mitnichten! Denn vieles davon wirkt durchdacht und sinnvoll. Gleiches gilt für die etablierten Player, die ebenfalls mit neuen Lösungen auf aktuelle

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