Personalmagazin plus 4/2023

Arbeitsmarkt 27 zentpunkte über der von Anfang 2020. Auch im von Ihnen angesprochenen Index ist die Zahl der Stellenangebote im Recruiting noch immer massiv höher als vor der Coronapandemie. Und zu dieser Zeit haben wir auch schon vom Fachkräftemangel gesprochen. Wir haben das Allzeithoch der Nachfrage im Moment zwar überschritten. Aber aufgrund der Arbeiterlosigkeit wird es nicht dabei bleiben: Wir werden stetig neue Allzeithochs sehen. Ich kann kein Eintrüben auf breiter Front erkennen. Wenn wir den Wert, den wir jetzt haben, im Jahr 2019 gehabt hätten, hätten wir von einem unfassbaren Boom gesprochen. Welche Entwicklung können Sie bei den Stellenanzeigen auf Ihrem Portal erkennen: Wo hat die Nachfrage besonders stark zugenommen? Wie ist die Situation bei den IT-Fachkräften? Wir sehen eine enorme Nachfrage nach IT-Fachkräften, die zwar nicht mehr ganz den Spitzenwert von Mitte 2022 erreicht, aber weiterhin unglaublich hoch bleibt. Das ist nicht nur bei uns zu sehen, sondern auch beim IAB, das die offenen Stellen quartalsweise auswertet. Auch hier heißt es, dass die Nachfrage Ende des Jahres zwar zurückgegangen sei, diese aber noch den zweithöchsten Wert aller Zeiten aufweise. Auch der Bitkom hat einen neuen Rekordwert an unbesetzten IT-Stellen veröffentlicht. In anderen Bereichen, zum Beispiel der Gastronomie, zählen wir dreimal so viele offene Jobs wie vor der Krise. Fast dasselbe Bild zeigt sich im Handwerk oder bei Logistikberufen. Wir haben im vergangenen Jahr erlebt, dass der Fachkräftemangel alle Berufsgruppen ergreift. Die Zahlen, die wir auf der Plattform sehen, können wir im Alltag verifizieren, wenn wir versuchen, Handwerkertermine zu vereinbaren oder auf Pakete warten. Was heißt das für das Recruiting? Ich würde mich nicht nur auf das Recruiting fokussieren, denn das Thema muss ganzheitlich betrachtet werden. Wir müssen es mit Employer Branding und Personalentwicklung zusammen denken. Wir müssen unsere offenen Jobs so vermarkten, wie wir das mit Produkten schon seit Jahren tun. People Management wird der entscheidende Faktor in den nächsten Jahren sein. Die demografische Entwicklung ist so offensichtlich. Wir erleben alle gerade, was passiert, wenn Chips fehlen. Dann können wir keine Autos bauen, obwohl die Nachfrage riesig ist. Was machen wir erst, wenn uns die Menschen fehlen, um die Sachen zusammenzusetzen? arbeitende zu finden. Deshalb stellt jeder Betrieb, der kann, ein und investiert damit in die Zukunft. Ich will dazu aufrufen, optimistisch zu sein, den Wandel positiv zu begreifen. Denn wie immer bieten einzigartige Herausforderungen auch einzigartige Chancen. Jobs müssen attraktiver, menschenzentrierter und produktiver werden. Indem wir das umsetzen, gestalten wir nicht weniger als die Zukunft der Arbeit. Und wir schaffen uns den größten Wettbewerbsvorteil schlechthin. Gleichzeitig haben bekannte US-Firmen, aber auch deutsche Unternehmen, einen Teil ihrer Belegschaft entlassen. Auch in den USA zeigte sich der Arbeitsmarkt über das Jahr 2022 unglaublich stabil, sind die offenen Stellen auf sehr hohem Niveau. Bei vielen dieser Unternehmen, auf die Sie anspielen, gibt es höchst unterschiedliche Ausgangssituationen für die Entlassungen. Das sind einzelne Auslöser, die aber nicht einem breiten Trend folgen. Ein anderes Indiz könnte darauf hindeuten, dass das Recruiting an Stellenwert verliert: Laut Hays Fachkräfte-Index sinkt die Nachfrage nach Recruiterinnen und Recruitern, die 2021 explodiert war, seit dem Frühjahr 2022 wieder. Auch bei uns sehen wir ein ähnliches Bild: Die Nachfrage nach Recruiterinnen und Recruitern ist nicht mehr so hoch, wie sie schon einmal war. Sie liegt aber immer noch 66 ProDr. Tobias Zimmermann ist Arbeitsmarktexperte der globalen RecruitingPlattform Stepstone. Er verantwortet als Head of Insights & Creation die Forschung zu den Themen Arbeit und Arbeitsmarkt.

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