Trends im Recruiting personalmagazin plus: Trends im Recruiting 22 In vielen Fällen präzisiert und wandelt sich die ursprüngliche Bedarfsanfrage in diesem Prozess. In manchen Fällen erkennen Führungskräfte sogar, dass ihr Bedarf auch auf andere Weise als durch Recruiting gedeckt werden kann. 2. Definition realistischer und ehrlicher Stellenprofile Stellenprofile sind der Schlüssel, wenn es darum geht, die Erwartungen von einstellenden Führungskräften und in Frage kommenden Personen zusammenzubringen. Die besten Profile sind genau beschrieben, präzise formuliert und setzen auf realistische Erwartungen – sie versprechen nicht mehr, als zu erwarten ist. Doch die Realität ist anders. Nur so erklärt sich die hohe Zahl der Kündigungen in der Probezeit. Laut einer Studie von Softgarden haben 22 Prozent der Berufserfahrenen beziehungsweise 16 Prozent der Berufseinsteiger in den ersten 100 Tagen im neuen Job gekündigt. In der Praxis erhält das Recruiting häufig Stellenprofile vom suchenden Bereich, mit denen sie dem Anschein nach direkt mit der Suche nach geeigneten Kräften beginnen können. Doch das ist nur selten möglich, denn die Profile sind so formuliert, dass sie erst noch in die Sprache des Arbeitsmarkts übersetzt werden müssen. Da Linienverantwortliche meist nur im Bedarfsfall mit Recruiting in Berührung kommen, benötigen sie kompetente Unterstützung und Anleitung in diesem Prozess. Dabei hilft es, zunächst die fünf relevantesten Skills und Kompetenzen zu identifizieren. Auf diese sollte man sich dann auch im Prozess konzentrieren. Überfrachtete oder unrealistische Profile können aus der Personalsuche eine aussichtslose „Jagd“ nach der „eierlegenden Wollmilchsau“ machen – mit dem Ergebnis, dass die Such- und Recruitingkosten in die Höhe schnellen. Ebenso wichtig ist es, dass alle Stakeholder, die in den Such- und Auswahlprozess involviert sind, zu diesen Kernkompetenzen zugestimmt haben. Dadurch können unproduktive Detaildebatten im weiteren Verlauf vermieden werden. Gleichzeitig können somit den möglichen Kandidatinnen und Kandidaten transparente und verlässliche Informationen über die an sie gestellten Erwartungen zur Verfügung gestellt werden. Dies trägt wiederum zu einer positiven und professionellen Bewerbererfahrung bei. 3. Klares Erwartungsmanagement aller Stakeholder Viele Recruiting-Teams können zurecht stolz sein auf ihre Leistungen, wenn typische Erfolgsindikatoren wie Time-toFill, Time-to-Hire oder Cost-per-Hire zugrunde gelegt werden. Dennoch bemängeln viele ihrer internen Kunden die zu geringe Kandidatenauswahl, die zu langen Wartezeiten oder die zu hohen Kosten für die Personalbeschaffung. Der Grund hierfür ist in fehlenden Benchmarks und unterschiedlichen Vorstellungen darüber zu finden, was guter Praxis entspricht. Das liegt auch daran, dass die meisten Recruiterinnen und Recruiter versäumen, hilfreiche Informationen zu teilen sowie Aufklärung und Erwartungsmanagement zu betreiben. Im Gegensatz dazu können exzellente Recruiterinnen und Recruiter schon im Zuge der Anforderungsanalyse verlässliche Angaben dazu machen, wie viele Kandidatinnen und Kandidaten zu erwarten sind und wie lange die einzelnen Phasen dauern werden beziehungsweise mit welcher Besetzungszeit zu rechnen ist. Sie verwenden ihre Daten nicht nur, um die eigenen Abläufe zu optimieren, sondern auch, um der Organisation zeigen zu können, was auf demMarkt möglich und was zu erwarten ist. Darüber hinaus steigern sinnvolle Benchmarks und Talentpool-Analyse die Relevanz und Glaubwürdigkeit. 4. Kreativität und Mut auf der Suche nach passenden Personen Online nach Stichworten suchen oder digitale Lebensläufe automatisiert auslesen zu können, hat das Recruiting um einiges vereinfacht. Aber dabei besteht die Gefahr, verfügbare Kandidatinnen und Kandidaten nur noch nach Stellenbezeichnungen oder Kernanforderungen zu filtern und Personen mit Potenzial von vornherein auszugrenzen. Nur wer altbekannte Pfade verlässt, hat die Möglichkeit, interessante Kandidatinnen und Kandidaten zu finden, die vielleicht nicht 100-prozentig dem Zielprofil entsprechen, aber wichtige und sinnvoll übertragbare Qualifikationen für die vakante Position mitbringen. Für die Recruiterinnen und Recruiter ist es daher wichtig zu verstehen, welche Kompetenzen in einer zu besetzenden Position wirklich Anwendung finden werden, um dem Unternehmen Mehrwert zu bieten, und welche Kompetenzen eher sekundär sind und entwickelt werden können. Gleichzeitig schätzen potenzialstarke Kandidatinnen und Kandidaten, die nicht ganz in das gewünschte Raster passen, die Gelegenheit, JULIAN SIMÉE ist als Senior Manager bei Kienbaum für das Themenfeld HRTransformation zuständig. EBERHARD HÜBBE ist Managing Director bei Kienbaum und berät in HRTransformationsprojekten.
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