Personalmagazin plus 8/2022

Nachhaltigkeit 29 Die Kandidatinnen und Kandidaten sparen sich das Geld für Bewerbungsmappen und Postversand und den Zeitaufwand für das Zusammenstellen aufwendiger Unterlagen. Zumindest für das erste Kennenlernen stellen digitale Bewerbungsgespräche eine Alternative zum persönlichen Treffen vor Ort dar. So fallen lange und teure Anfahrtswege weg, und der CO2-Fußabdruck wird verringert. Aktiva: Geringere CO2-Emissionen Wenn man davon ausgeht, dass eine digitale Dokumentseite etwa 250 Kilobyte groß ist, fällt pro digitaler Personalakte mit 100 Blättern ein Speichervolumen von 25 Megabyte an – das bedeutet für unser Beispielunternehmen mit 3.500 Mitarbeitenden ein Gesamtspeicher von 87,5 Gigabyte. Laut Shift Project fielen 2019 140 Gramm CO2 pro Gigabyte Speicher in Rechenzentren an. Somit errechnet sich für das Beispielunternehmen eine Gesamtemission von 12,25 Kilogramm pro Jahr. Verglichen mit den oben errechneten 1.800 Kilogramm CO2 für Papier scheint die digitale Personalakte deutlich klimafreundlicher zu sein. In diesem Rechenbeispiel ist für das Unternehmen mit 3.500 Mitarbeitenden die CO2 Emission von Papierakten 147-mal höher als die der digitalen Personalakte. Dies ist aber nur ein sehr grober Näherungswert. Tatsächlich ist es kaummöglich, eine genaue und verbindliche Rechnung für eine digitalisierte Personalabteilung aufzustellen. Daher ist dieser Wert mit Vorsicht zu genießen, denn... • e igene Firmenserver können mehr Strom verbrauchen als im Beispiel angenommen. • e s kommt auf den Strommix an, der genutzt wird. • d ie Größe der abgespeicherten Daten kann variieren. • n icht einberechnet ist das digitale Abrufen und Scannen der Daten. • gegebenenfalls sind veraltete Server im Einsatz, deren Stromverbrauch höher ist. • n icht einberechnet wurden der Ausdruck von Dokumenten und die Ermöglichung des Homeoffice. Passiva: Stromverbrauch Auf der Passiva-Seite steht der Stromverbrauch, der mit der Digitalisierung steigt. 2019 verursachte das Internet in Deutschland so viel CO2 wie der gesamte Flugverkehr. In diesem Jahr wurden in Deutschland eine Milliarde E-Mails pro Tag verschickt, die 1.000 Tonnen CO2 erzeugten. Eine Stunde Videostreaming erzeugt so viel CO2 wie ein Kilometer Autofahren. Die Digitalisierung ist nur möglich, weil weltweit unzählige Server in teils riesigen Rechenzentren arbeiten. Die Rechner benötigen viel Strom und müssen dabei gekühlt werden. Weltweit umfasst der CO2-Ausstoß ungefähr die Menge des Gesamtausstoßes von Deutschland in einem Jahr. Viele neue Rechenzentren entstehen, die Kapazitäten haben sich seit 2010 um 50 Prozent erhöht – Tendenz weiter steigend. Das Potenzial der Digitalisierung in Bezug auf die Reduktion des CO2-Ausstoßes liegt zum einen darin, dass sich die Energieeffizienz von Datenverarbeitungsanlagen alle 1,57 Jahre verdoppelt. Zum anderen liegt sie in der Nutzung von nachhaltig produziertem Strom. Die großen Anbieter von Rechenzentren wie Microsoft, Amazon Webservices und Google arbeiten daran, CO2-neutral zu werden. Microsoft etwa hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 CO2-negativ zu werden. eines Standardbriefs mit der Deutschen Post im Inland kostet aktuell 85 Cent. Für das Beispielunternehmen summiert sich das auf einen Betrag von 35.700 Euro pro Jahr. Aktiva: Green Recruiting Das Umweltbewusstsein und das Engagement für den Klimaschutz nehmen seit Jahren stark zu, besonders bei der jüngeren Bevölkerung. Der auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Lebensstil der jungen Mitarbeitendengenerationen hat auch Einfluss auf die Wahl des Arbeitgebers. Green Recruiting heißt, sich auf den Nachhaltigkeitsanspruch der jungen Arbeitnehmergeneration einzustellen und HR-Prozesse in der Personalgewinnung umweltschonend zu gestalten, so dass sich die ersten Kontakte mit einem potenziellen Arbeitgeber ökologisch nachhaltig anfühlen. Mögliche Digitalisierungsaspekte finden sich im Bewerbungsprozess: Papierbewerbungen sind nicht nur eine Belastung für die Natur, sondern verursachen auch einen enormen Arbeitsaufwand für die HR-Abteilung. Bewerbungsunterlagen müssen von Hand eingescannt und in ein digitales Bewerbungstool übertragen werden. Um einen durchgehend digitalen Bewerbungsprozess zu erreichen, kann die HR-Abteilung diesen über ein Bewerbermanagementsystem steuern, das verschiedene Bewerbungskanäle verwaltet und die aktive Ansprache über Social Media steuert. ULRICH JÄNICKE ist Sprecher des Vorstands der Aconso AG und einer der vier Unternehmensgründer. DR. MARTIN GRENTZER ist Finanzvorstand der Aconso AG und einer der vier Unternehmensgründer. Die ökologische Transformation im Unternehmen Unternehmen müssen aktiv einen Beitrag leisten, um die Klimakatastrophe abwenden zu können. Im Buch zeigen Expertinnen und Experten aus dem HR-Bereich, dem Umweltmanagement und der Beratung auf, wie die Personalabteilung, die Mitarbeitenden und Führungskräfte diese Transformation bewerkstelligen können. Sie stellen Konzepte für ökologische Nachhaltigkeit im Betrieb vor und zeigen auf, welche Zertifizierungen und Förderungen es gibt. Auch dieser Artikel zum Nutzen der Digitalisierung für umweltschonende Prozesse ist in gekürzter Form dem Buch entnommen. Herausgeber Arne Prieß ist Gründer und Geschäftsführer des Beratungs- und Tainingsunternehmens HR Contrast GmbH sowie Mitgründer der HRM Green GmbH. Arne Prieß (Hrsg.): Green Company Transformation. Haufe, 2022, 39,95 Euro.

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