Personalmagazin plus 8/2022

Digitale Reife 15 Welche Fähigkeiten versetzen ein Unternehmen in die Lage, sich digital zu transformieren? Warum der Schlüssel zur digitalen Reife nicht nur in der technischen Ausrüstung oder im digitalen Know-how liegt, sondern mit der Fähigkeit zur Selbstreflexion und zu Zweifeln assoziiert ist. Diskussion noch kaum exploriert und empirische Daten liegen, wenn überhaupt, nur zu vereinzelten Fähigkeiten vor, die möglicherweise Unternehmen zur Erneuerung verhelfen. In einer aktuellen Studie2 der Universität Regensburg wurden diese Kompetenzen der Selbsterneuerung näher untersucht. Nachdem insbesondere die Digitalisierung Unternehmen vor enorme Herausforderungen stellt, bezogen auf ihre Flexibilität, Schnelligkeit und Transformationsfähigkeit, wurde in der Studie analysiert, inwiefern Unternehmen, die über bestimmte Kompetenzen der Erneuerung verfügen, auch bessere Voraussetzungen für die digitale Transformation mitbringen. Entwicklung eines Messmodells Für die Studie wurde ein Messmodell aus zwei Säulen entwickelt: In der ersten Säule wurden acht Dimensionen der Selbsterneuerungsfähigkeit untersucht. Bislang bestehen lediglich einzelne Konzeptualisierungen zur vorausschauenden und kontinuierlichen Erneuerung von Organisationen.3 Die Dimensionen des Messmodells in der vorliegenden Untersuchung basieren auf einer Konzeptualisierung von Gergs4, der die Prinzipien der kontinuierlichen Selbsterneuerung aus Fallstudien und Beobachtungen in der Praxis entwickelt hat. Für die Untersuchung wurden die einzelnen Prinzipien theoretisch eingeordnet und operationalisiert. Die erste Säule zur Messung der Selbsterneuerungsfähigkeit von Unternehmen besteht aus acht Dimensionen. 1. Selbstreflexion 2. Kommunikation und Vernetzung 3. Vielfalt und Paradoxiefähigkeit 4.Bezweifeln und Vergessen 5. Erkunden 6. Experimentieren 7. Fehler- und Feedback-Kultur 8. Infrastruktur der Erneuerung Die zweite Säule zur Messung der digitalen Reife von Unternehmen bezieht sich auf drei Ebenen: auf die strategische, organisatorische und individuelle Dimension der Digitalisierung. Die strategische Ebene umfasst dabei, inwiefern eine Organisation über eine klare, konsistente und systematische Corona hat Unternehmen den Spiegel vorgehalten: Innerhalb kürzester Zeit hat die Pandemie die Defizite und den Aufholbedarf bei der Digitalisierung schonungslos offengelegt. Die Auswirkungen auf die Unternehmen waren drastisch – und es wurde schnell deutlich, welche Organisationen fähig sind, sich schnell und flexibel auf Veränderungen in ihrer Umwelt einzustellen, die Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse, Produkte und Dienstleistungen voranzutreiben, und welche Organisationen sich schon vor der Pandemie nur schwerfällig und langsam mit Innovation und Wandel auseinandergesetzt haben. Der Fokus hat sich damit auf Kompetenzen gerichtet, die Unternehmen dazu befähigen, sich kontinuierlich auf neue Anforderungen einzustellen und die digitale Transformation in ihrer Organisation voranzutreiben. Studien aus der Managementforschung zeigen schon länger, dass insbesondere die Unternehmen, die in der Lage dazu sind, sich kontinuierlich zu erneuern und sich sehr schnell auf veränderte Umweltbedingungen einzustellen, langfristig am ehesten erfolgreich sind.1 Doch bislang ist noch weitgehend unklar, welche Kompetenzen das genau sind. Das Konstrukt der Selbsterneuerung ist in der wissenschaftlichen Zur Studie Die Universität Regensburg hat 514 Mitarbeitende deutscher Unternehmen befragt. Davon waren 73 Prozent Arbeitnehmende, 27 Prozent Führungskräfte. Die Hauptaltersgruppe in der Befragung bilden die 30- bis 39-Jährigen (37 Prozent), gefolgt von den 40- bis 49-Jährigen (23 Prozent). Es wurden eine branchenübergreifende Querschnittsbefragung durchgeführt sowie Case Studies in vier ausgewählten Unternehmen aus dem Finanz-, Medien- und Mobilitätsbereich. Es waren sowohl kleine und mittelständische Betriebe als auch Dax-Konzerne in der Untersuchung vertreten. Weiter wurde ein Abgleich zwischen zwei Gruppen mit hohem und eher niedrig ausgeprägtem digitalen Reifegrad durchgeführt, zwischen Start-ups und dem öffentlichen Dienst.

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