Führungskräfteentwicklung 11 Executive Education boomt, aber Wirtschaftshochschulen müssen nach wie vor eine generalistische Managementausbildung bieten, meint der argentinische Personal- und Unternehmensberater Claudio Fernández-Aráoz. Der Gastdozent der Harvard Business School (HBS) sieht auch bei den Zulassungsverfahren Verbesserungspotenzial. Wie findet der Austausch unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern dieser Programme statt? Insbesondere für Unternehmensinhaber ist der Austausch enorm wichtig. Sie stehen oft allein an der Spitze, haben Vertrauensprobleme und können sich nicht immer auf enge Freunde verlassen, da diese nicht die gleichen geschäftlichen Herausforderungen kennen. In diesen Programmen entwickeln sie Netzwerke mit anderen Teilnehmenden, die ein Leben lang Bestand haben. Sie helfen einander mit Coaching, Ratschlägen und Geschäftsmöglichkeiten. Die Executive-Education-Programme haben nicht die Dauer eines MBA-Studiums. Wie kann auch in kurzer Lernzeit ein gutes Netzwerk entstehen? Manche Programme bestehen zwar aus relativ wenig Unterrichtszeit, laufen aber über zwei Jahre, wie etwa das OPM, das drei Module hat, die jeweils etwa ein Jahr auseinanderliegen. Das GMP dauert nur etwa sechs Monate. Die ersten drei Module sind virtuell, dann ist man zum Abschluss vier Wochen auf dem Campus. Es ist eine der größten Veränderungen durch die Coronapandemie, dass hybrides Lernen zugenommen hat. Und: Durch die virtuellen Module ist der Anteil der Teilnehmerinnen gestiegen. Wie erklären Sie sich das? Für einige Frauen war es schwierig, von weit entfernten Orten zu den Programmen anzureisen. Als ich zuletzt beim GMP unterrichtete, hatten wir 138 Teilnehmende aus 68 Ländern – und etwa ein Drittel davon waren Frauen. Für Senior Leader ist das ein bedeutender Anteil, besonders wenn man bedenkt, dass in den USA nur etwa vier Prozent der größten Unternehmen von Frauen geführt werden. Personalmagazin: Die Harvard Business School ist das Schwergewicht im Bereich Führungskräfteentwicklung. Schon 2023 machte sie mit Executive Education ein deutliches Plus und 21 Prozent ihres Umsatzes – mehr als mit dem MBA mit 14 Prozent Umsatzanteil. Welches Erfolgsgeheimnis steckt aus Ihrer Sicht hinter diesem Wachstum? Claudio Fernández-Aráoz: Ein Grund dafür sind sicher die außergewöhnlichen Professoren. Sie sind nicht nur inhaltlich brillant, sondern auch darin, die Teilnehmenden in Diskussionen einzubinden und das Beste aus ihnen herauszuholen. Aber der entscheidende Erfolgsfaktor sind die Teilnehmenden selbst. Es gibt diese berühmte Anekdote von einem früheren Präsidenten von Harvard. Jemand fragte ihn: „Wie haben Sie es geschafft, so viel Wissen am Charles River anzusammeln?“ Seine Antwort: „Ganz einfach: Wir nehmen jedes Jahr die klügsten Menschen auf und nach vier Jahren, wenn sie graduieren, sind sie völlig ahnungslos. Das ganze Wissen muss also hiergeblieben sein.“ Gute Studierende machen den Unterschied. Executive Education wächst aber auch insgesamt, weil lebenslanges Lernen in der heutigen Welt unverzichtbar ist. Sie sind Gastdozent in HBS-Führungskräfteprogrammen für Senior Leader… Ja, eines meiner Lieblingsprogramme ist das OPM (Owner/President Management), das sich an Unternehmensinhaber richtet. Die Teilnehmenden sind die „Zirkusdirektoren“ und nicht die „Clowns“. Ihre Unternehmen sind ihr Leben, sie sind absolut motiviert. Sie fangen dich auf den Fluren ab, lassen dich nicht los und versuchen, alle erdenklichen Information aus dir herauszupressen, wie aus einer Zitrone. Ich bin auch Dozent beim AMP (Advanced Management Program) für CEOs und dem GMP (General Management Program) für Geschäftsführer.
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