Personalmagazin plus 5/2022

Trends im Recruiting Perspektiven, Software, Anbieterübersicht Jobbörsen und Technik Wie Arbeitgeber schneller neues Personal finden Stellenanzeigen Mit den richtigen Worten zur Bewerbung motivieren Recruiting Analytics Daten sind die neue Superkraft für die Personalgewinnung personalmagazin plus 05.22 plus

Foto: Britt Schilling; Titel-Illustration: Anna Haifisch Editorial 3 Liebe Leserinnen und Leser, 1,69 Millionen offene Stellen zählte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im vierten Quartal 2021. Das ist ein neuer Rekordwert! Seitdem die Messung 1989 gestartet wurde, waren in Deutschland noch nie so viele Stellenangebote ausgeschrieben. Nach den Einstellungsstopps zahlreicher Unternehmen zu Beginn der Coronapandemie ist Recruiting zu einem echten Thema geworden, das nicht nur einige wenige Branchen oder Unternehmensgrößen betrifft, sondern alle Firmen, insbesondere auch kleine und Kleinstbetriebe. Einfach mehr Stellenanzeigen zu schalten – nach dem Motto „viel hilft viel“ – ist in dieser Situation nicht zielführend. Denn der zu verteilende Kandidatenkuchen wird kleiner, trotz einer erhöhten Bereitschaft zum Jobwechsel bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die in der Pandemie ihre aktuelle berufliche Situation überdacht haben. Aber es gibt zahlreiche Wege, die eigene Personalgewinnung zu optimieren, angefangen bei besseren Stellenanzeigen, einer genaueren Zielgruppenansprache, kreativen Personalmarketingideen und dem Einsatz von moderner Technik, um die Bewerbungsprozesse zu verschlanken. Wichtig in diesem Zusammenhang sind auch geeignete Kennzahlen, anhand derer Arbeitgeber ihre Recruitingmaßnahmen laufend auf den Prüfstand stellen sollten. Mit diesem Sonderheft möchten wir praxisnahe Ideen für die Neuausrichtung Ihres Recruitings und Employer Brandings beisteuern – und wir wollen gleichzeitig einen Blick in die nahe Zukunft werfen: Wie werden Bewerbungsprozesse ablaufen, wenn die Grenzen zwischen virtuell und real schwinden und wenn sich Unternehmen und Bewerbende im Metaverse begegnen? Viel Erfolg für Ihre Personalsuche wünscht Daniela Furkel Redaktion Personalmagazin plus Inhalt 04 Schneller zu neuem Personal Mit diesen Angeboten und Tools unterstützen Jobportale Arbeitgeber 10 Stille Recruiting-Reserven Fünf Ansatzpunkte, um den Kandidatenpool zu erweitern 12 Die richtigen Worte finden Ein Leitfaden für wirksame Stellenanzeigen 16 „Recruiting und Vermittlung gehen Hand in Hand“ Interview mit Sabine Schubert von Bosch zum internen Recruiting 18 Jobangebot aus dem Hinterhalt Mit Überraschungseffekten passive Kandidatinnen und Kandidaten locken 22 Die Bewerbung ist tot, es lebe die Bewerbung! Die Grenzen zwischen virtuell und real werden schwinden 26 Daten: die neue Superkraft Recruiting Analytics macht den entscheidenden Unterschied 30 Candidate Experience im Fokus Studie: Wie Jobsuchende die Kontakte mit Arbeitgebern erleben 32 Mit Methode die Marke stärken Mit Design Thinking zu einem besseren Employer Branding 36 Anbieterporträts 66 Impressum personalmagazin plus: Trends im Recruiting „ Einfach nur mehr Stellenanzeigen zu schalten, ist in der aktuellen Situation nicht zielführend.“

personalmagazin plus: Trends im Recruiting Schneller zu neuem Personal Von Daniela Furkel, Illustration Anna Haifisch Erst Einstellungsstopp, dann Recruitingboom: Die Coronapandemie hat den Jobportalen viel Auf und Ab beschert. Wie gehen sie mit den Herausforderungen um? Wie schaffen sie es, den aktuellen Peak an Stellenanzeigen zu bewältigen und für die Unternehmen genügend Bewerbungen zu generieren? Kann neue Technik helfen? Namhafte Marktteilnehmer geben Einblicke.

Vor Jahren wurde schon ihr Untergang vorhergesagt. Doch genau das Gegenteil ist momentan der Fall. „Online-Jobbörsen sind Profiteure des Kampfs um Talente“, bringt es Frank Hassler, Vorstand der New Work SE und verantwortlich für das Geschäftsfeld Recruiting und Employer Branding, auf den Punkt. Die Recruiting-Anstrengungen der Unternehmen hätten sich enorm erhöht und Online-Jobbörsen seien ein extrem erfolgreicher Recruiting-Kanal geworden, so seine Beobachtungen. Jetzt sind neue Recruiting-Konzepte gefragt „Probleme mit der aktuellen Entwicklung haben eher Unternehmen. Sie brauchen zeitgemäße Recruiting-Konzepte, um begehrte Fachkräfte für sich zu gewinnen. Wir reden in Unternehmen schon lange über New Work. Jetzt braucht es ‚New Hiring‘ – also das permanente Ausrichten an den digitalen Gewohnheiten von Kandidatinnen und Kandidaten – und einen viel stärkeren Check, ob Bewerbende und Unternehmen kulturell zueinander passen“, so Frank Hassler. Das ist auch die Erfahrung von Steffen Günder, Sales Director Germany bei Monster Deutschland: „Wir sehen ganz klar, dass die Anzahl offener Stellen steigt und der Kampf um wertvolle Talente größer wird.“ Das bestätige auch der diesjährige Monster Insights Report, laut dem 93 Prozent der Arbeitgeber planen, im Laufe des Jahres neues Personal einzustellen. Auf der Seite der Kandidatinnen und Kandidaten beobachte er dagegen mehr Zurückhaltung, was unter anderem auf die Pandemie zurückzuführen sei. „Aber auch die steigenden Anforderungen der Kandidatinnen und Kandidaten an Unternehmen über den eigentlichen Job hinaus stellen eine Herausforderung dar“, so Steffen Günder. „Faktoren wie flexible Arbeitsmöglichkeiten, Weiterbildungsangebote, Initiativen für mehr Diversität, Gleichstellung und Inklusion sowie die Arbeitgebermarke rücken immer weiter in den Fokus und entwickeln sich im wahrsten Sinne zum Dealbreaker oder Dealmaker. Diese Faktoren gilt es daher auch in den Jobportalen authentisch abzubilden“, sagt er. Die Wünsche der Bewerbenden zählen „Wenigen scheint bewusst: Aktuell ist der Bewerber Kunde und König, die Bewerberin ist Kundin und Königin! Der Fachkräftemangel ist hoch, gleichzeitig bleibt die Wechselwilligkeit der Beschäftigten laut aktueller Forsa-Befragung im Auftrag von

Trends im Recruiting personalmagazin plus: Trends im Recruiting 6 Jobware auf einem niedrigen Niveau und verringert sich tendenziell sogar leicht: Nur jeder oder jede zehnte Angestellte will kurz- oder mittelfristig einen neuen Job suchen“, sagt Dr. Wolfgang Achilles, Geschäftsführer von Jobware. Er macht darauf aufmerksam, wie wichtig es ist, sich als Arbeitgeber sichtbar zu machen sowie die Stellenanzeigen und die Bewerbungsprozesse auf die Wünsche und Bedürfnisse der Bewerbenden zuzuschneiden. „Sie bestimmen den Inhalt und den Versandweg der Bewerbung – nicht die interne Anforderung oder das Formular des Bewerbermanagementsystems. Heute zählen Prozessgeschwindigkeit und funktionierende Kommunikationswege. Wer sich hierauf einstellt und den Bewerbenden höchste Wertschätzung und dann auch schnellstens einen Vertrag entgegenbringt, gewinnt im Wettbewerb um die Talente“, sagt Wolfgang Achilles. Deshalb habe sein Unternehmen den Recruiting Excellence Audit ins Leben gerufen, mit dem Unternehmen ermitteln können, wo bei ihnen die Verbesserungspotenziale im Recruiting-Prozess liegen. Etwas anders sind die Wahrnehmungen von Inga Rottländer, Senior Manager Communications bei Stepstone. Sie stellt einen deutlich erhöhten Wechselwillen bei den Beschäftigten in Deutschland fest: „Wir erleben am Arbeitsmarkt gerade eine Zeitenwende. Die Erwerbsbevölkerung schrumpft, da ab sofort weit mehr Menschen in Rente gehen, als neu in den Jobmarkt einsteigen. Wir haben also weniger Arbeitnehmende, bei denen allerdings die Wechselbereitschaft steigt. Viele Menschen hinterfragen ihren Job und suchen nach besseren Jobmöglichkeiten. Und davon gibt es genug.“ Viele Beschäftigte hinterfragen ihren Job Aus dem eigenen Jobportal kann sie einen Rekord an neu ausgeschriebenen Stellen melden. Insbesondere Blue-CollarJobs würden im Moment boomen. „Unternehmen wollen mit Stepstone nicht nur hochqualifiziertes Personal finden, sondern alle Positionen besetzen“, berichtet Inga Rottländer und ergänzt: „Die Herausforderung heißt ab sofort nicht mehr Arbeitslosigkeit, sondern Arbeiterlosigkeit. Wir lösen diese Herausforderung, indem wir den Jobmarkt automatisieren und dafür sorgen, dass Unternehmen schneller die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden.“ Der Jobbörsenmarkt hat sich nach einem anfänglichen Schock zu Beginn der Pandemie wirtschaftlich gut erholt und hält mit den aktuellen Entwicklungen gut Schritt. Dr. Peter Langbauer, „ Die Herausforderung heißt ab sofort nicht mehr Arbeitslosigkeit, sondern Arbeiterlosigkeit. Wir lösen diese Herausforderung, indem wir den Jobmarkt automatisieren und dafür sorgen, dass Unternehmen schneller die richtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden.“ Inga Rottländer, Senior Manager Communications, Stepstone „ Heute zählen Prozessgeschwindigkeit und funktio- nierende Kommunikationswege. Wer sich hierauf einstellt und den Bewerbenden höchste Wertschätzung und dann auch schnellstens einen Vertrag entgegenbringt, gewinnt im Wettbewerb um die Talente.“ Dr. Wolfgang Achilles, Geschäftsführer, Jobware Foto F. Hassler: Raimar von Wienskowski

Zukunft der Jobbörsen 7 Geschäftsführer von Stellenanzeigen.de, sieht die Jobportale sogar als Treiber der Veränderung an. „Bei uns – und auch bei vielen unserer Kunden – haben vor allem die ersten Lockdowns wie ein Katalysator dazu beigetragen, das Business noch schneller zu digitalisieren“, meint er. Auch er kann eine erhöhte Wechselbereitschaft bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern feststellen: „Viele Menschen fragen sich, ob sie noch länger in ihrem aktuellen Job bleiben wollen – vor allem dann, wenn es nicht gelingt, in der Arbeit genügend Sinn und Bestätigung zu finden; etwas, das aufgrund der Arbeitsteiligkeit unserer Gesellschaft immer schwieriger wird“, so Peter Langbauer. Er nennt Zahlen aus dem „Jobwechsel-Kompass“, mit dem Stellenanzeigen.de und die Königsteiner Gruppe regelmäßig die Bereitschaft zum Wechsel des Arbeitgebers erheben. „Im ersten Quartal 2022 waren stolze 37 Prozent der Befragten offen für einen neuen Job. Die Pandemie hat offensichtlich viele ins Grübeln gebracht. Wir rechnen daher in den nächsten Jahren mit einem sehr volatilen Bewerbermarkt.“ Jobbörsen reduzieren Komplexität Jobportale stehen seit jeher in harter Konkurrenz mit anderen Recruiting-Kanälen. „In diesem Wettbewerb werden sie weiterhin die Oberhand behalten. Denn das Erfolgsmodell von Jobbörsen ist die Reduktion von Komplexität für die Arbeitgeber. Vordergründig schalten wir nur Anzeigen, aber im Hintergrund arbeiten viele Spezialistinnen und Spezialisten an Algorithmen, die diese Anzeigen immer zielgerichteter an die genau passenden Kandidatinnen und Kandidaten ausspielen“, sagt Peter Langbauer. Er ist fest der Ansicht, dass das Ende der Fahnenstange bei der technologischen Unterstützung der Recruiterinnen und Recruiter noch lange nicht erreicht sei. Nicht nur an der technologischen Weiterentwicklung wird gearbeitet, sondern auch an den Angeboten für Arbeitgeber, die zahlreiche Zusatz-Features enthalten, vom Gender Bias Decoder für Stellenanzeigen (Stepstone) bis zur Unterstützung bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen (Jobware) und dem direkten Einblick in Arbeitgeberbewertungen (Xing). Die Preismodelle werden bei zahlreichen Portalen ebenfalls angepasst. „Die Tendenz geht von der Buchung klassischer Anzeigen für eine bestimmte Laufzeit hin zu Performance-basierten Modellen, bei denen beispielsweise nur für tatsächliche Klicks oder eingegangene Bewerbungen gezahlt wird. Damit verschiebt sich das Risiko von den Kunden hin zu den Jobbörsen“, sagt Steffen Günder von Monster. „Ein weiteres Modell basiert auf der Idee, den Kunden die Verantwortung über die Ausspielung und die budgetäre Verwaltung zu übertragen, sodass diese selbst entscheiden können, wofür und vor allem wie viel sie für eine Anzeige ausgeben“, ergänzt er. Keine flächendeckenden Preissteigerungen Die Gefahr, dass die steigende Nachfrage nach Stellenanzeigen zu flächendeckenden Preiserhöhungen führt, sei aber nicht groß, meint Frank Hassler. „Die Nachfrage ist ungebrochen hoch, Tendenz steigend. Gleichzeitig gibt es einen starken Wettbewerb imMarkt. Aus diesem Grund rechnen wir nicht mit einem signifikanten Anstieg der Marktpreise“, sagt er. Künstliche Intelligenz ist ein wichtiges Stichwort für die meisten Jobportale. „Wir wollen den Jobmarkt automatisieren, denn Technik hilft, die hohe Komplexität der Jobsuche beherrschbarer zu machen und Kandidatinnen und Kandidaten schneller mit wirklich passenden Unternehmen zu verbinden – schon bevor sie überhaupt suchen“, sagt Inga Rottländer. Stepstone investiere seit vielen Jahren in KI- und Tech-Anwendungen und habe zum Beispiel im vergangenen Jahr die Conversational AI-Technologie Mya gekauft. Für Arbeitgeber werden unter anderem Quick-Apply-Lösungen angeboten, die die Jobplattform direkt mit dem Bewerbermanagementsystem der Arbeitgeber verbindet. Mehr Technikeinsatz und mehr KI Xing unterstützt Arbeitgeber zum Beispiel mit der Angabe der potenziellen Wechselwilligkeit von Kandidatinnen und Kandidaten, die mithilfe von Machine-Learning-Anwendungen errechnet wird. „Im Kern geht es darum, unnötige Verzögerungen bei der Candidate Journey zu vermeiden, die Stellensuchende zu viel Geld und Ressourcen kosten. Das schafft man mit Blick auf die Bedürfnisse der Kandidatinnen und Kandidaten und mit Transparenz – in Bezug auf Gehalt, Bewertung und Kulturinformationen“, so Frank Hassler. „ Jetzt braucht es ‚New Hiring‘ – also das permanente Ausrichten an den digitalen Gewohnheiten von Kandidaten und Kandidatinnen – und einen viel stärkeren Check, ob Bewerbende und Unternehmen kulturell zueinander passen.“ Frank Hassler, Vorstand, New Work SE

Trends im Recruiting personalmagazin plus: Trends im Recruiting 8 Gründe für den verstärkten Einsatz von KI-Anwendungen in Jobportalen nennt Peter Langbauer: „In erster Linie geht es um Effizienz: Wie kann mit geringstem Mitteleinsatz das beste Ergebnis für Unternehmen und Stellensuchende erzielt werden? Für Arbeitgeber zählt neben der Anzahl der eingehenden Bewerbungen vor allem deren Qualität, also die Passung der Kandidatinnen und Kandidaten zum Profil. Umgekehrt wollen diese aus einer möglichst großen Anzahl von zu ihnen passenden Anzeigen wählen können. Hier setzen wir massiv Technik ein“, sagt er und ergänzt: „Wir gehen jedoch generell sehr vorsichtig mit dem Begriff KI um, weil er nicht scharf definiert ist.“ Machine-Learning-Technologie sei zum Beispiel beim Portal IT-Jobs.de im Einsatz, das Peter Langbauer als „ein Paradebeispiel für eine sich selbst optimierende Jobbörse“ bezeichnet. Bei Stellenanzeigen.de sorge seit vielen Jahren der intelligente Algorithmus Smart Reach 2.0 dafür, dass offene Positionen dort ausgespielt werden, wo sie von qualifizierten Kräften gesehen werden. Auch Monster setzt auf eine Matching-Technologie, die auf Suchalgorithmen und KI basiert und dem Jobportal ermöglicht, passgenaue Ergebnisse anzuzeigen. Aber nicht allein die Technik könne es lösen, dass Menschen und Jobs passgenau zusammentreffen, so Steffen Günder: „Auch Arbeitgeber stehen in der Verantwortung, die von Kandidatinnen und Kandidaten erwarteten Informationen vermehrt einzubinden. Sind diese nicht vorhanden, kann die KI nicht effektiv arbeiten.“ Menschliche Intelligenz statt KI Einen etwas anderen Weg hat Jobware eingeschlagen: „Wir bringen seit über 25 Jahren Menschen mit Stellenangeboten von Unternehmen zusammen. KI setzen wir schon seit vielen Jahren nur genau dort ein, wo diese Form der Intelligenz bessere Ergebnisse liefert als regelbasierte Modelle. An Stellen, wo die künstliche Intelligenz mit zehn bis 15 Prozent viel zu viele Fehler macht, sind unsere gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unersetzlich. Sie stellen mit menschlichem Verstand sicher, dass jede Stellenanzeige richtig kategorisiert wurde und das passende Publikum erreicht“, so Wolfgang Achilles. Auch der Datenschatz, der täglich aus dem eigenen Jobportal generiert wird, werde nicht nur in eine KI eingespeist, sondern vor allem von Menschen bewertet und in Handlungstipps umformuliert. Wolfgang Achilles: „Wir analysieren Zugriffsdaten, lernen daraus und beraten unsere Kunden bei der zielgruppenspezifischen Optimierung ihrer Stellenanzeigen, von der Formulierung bis zur Gestaltung.“ Die Datenschätze der Jobportale „Daten sind die Grundlage für das automatisierte Verknüpfen von Unternehmen mit den richtigen Personen – den ‚Perfect Match‘“, sagt Inga Rottländer. Aber es komme auf die richtigen Daten an. Dazu zählten Informationen, die dem Jobportal helfen, Persönlichkeit, Skills und Motivation von Stellensuchenden zu verstehen – zum Beispiel Suchanfragen, Lebensläufe oder Angaben zum Cultural Fit. Auch Informationen von Unternehmen – etwa zum Personalbedarf und zu Gehältern, zur Firmenkultur und zu Benefits – seien relevante Daten, um Stellensuchende und Unternehmen besser zusammenzubringen. Auch Stepstone setzt auf den menschlichen Faktor als Kontrollinstanz: „Rund 1.000 Datenexpertinnen und -experten arbeiten bei uns an intelligenten Technologien, die im Hintergrund permanent Billionen dieser Datenpunkte abgleichen und auf Basis komplexer Zusammenhänge und Erkenntnisse automatisch die richtigen Verbindungen herstellen“, so Inga Rottländer. „Die Algorithmen lernen täglich dazu, sodass wir mit jedem Klick, jeder Interaktion und jeder Information besser verstehen, welche Unternehmen wirklich mit welchen Menschen zusammenpassen.“ „Die intelligente Nutzung dieses Datenschatzes ist sozusagen die Pflichtübung für jedes Jobportal“, meint Frank Hassler. Die Die Personalbeschaffung verändert sich Die Unternehmen in Deutschland sind nach zwei Jahren Pandemie wieder auf Wachstum ausgerichtet: 93 Prozent wollen dieses Jahr neues Personal einstellen, davon die Hälfte für neu geschaffene Stellen. Aber die Zuversicht, passende Kandidatinnen und Kandidaten für die offenen Stellen zu finden, sinkt im Vergleich zum Vorjahr. Das geht aus der Umfrage „Monster Insights: Der HR Report 2022“ hervor, die von Monster in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsunternehmen Dynata durchgeführt wurde. Die Arbeitgeber passen sich an die aktuelle Situation an und überdenken ihre Personalbeschaffungsstrategien. Es muss nicht immer die „Eier legende Wollmilchsau“ sein, die eingestellt wird. 59 Prozent der Personalverantwortlichen sind bereit, Personen mit übertragbaren Kompetenzen einzustellen und zu schulen. 37 Prozent der Unternehmen wollen die Gehälter erhöhen und 39 Prozent die Angebote an die Beschäftigten anpassen, um attraktiver für Stellensuchende zu werden. Auch die Art der Personalbeschaffung verändert sich, nicht zuletzt wegen des Generationswechsels in der Personalabteilung. Die Generation der Babyboomer nähert sich der Rente, die Digital Natives bringen eine höhere Akzeptanz von digitalen Tools und künstlicher Intelligenz mit. Die Personalbeschaffung wird digitaler und mobiler. Zum Beispiel wird das Telefon nun von der E-Mail abgelöst: 66 Prozent der Personalerinnen und Personaler sehen den Mail-Verkehr als effektivstes Mittel an, um mit Bewerbenden zu kommunizieren. Telefonischer Kontakt – 2020 noch auf Rang eins – wird auf Platz zwei der Kommunikationskanäle verwiesen. Mobile Recruiting steht bei jüngeren Recruiterinnen und Recruitern (46 Prozent) hoch im Kurs. Die Vorteile der Digitalisierung sehen aber alle Generationen: Als am effektivsten bewerten Recruiterinnen und Recruiter die Nutzung von Lebenslaufdatenbanken (36 Prozent), das Ausspielen von Stellenanzeigen mittels Targeting (30 Prozent), das Kontaktieren von Kandidatinnen und Kandidaten via Messages direkt über die Plattform (30 Prozent) und die Nutzung von Bewerbermanagementsystemen (28 Prozent).

Zukunft der Jobbörsen 9 Verknüpfung der einzelnen Marken des Konzerns untereinander sei die Kür. „Wir haben mehr als 20 Millionen Nutzer auf Xing und über sechs Millionen Bewertungen auf Kununu. Diese Daten nutzen wir, um unseren Kunden permanent die passenden Angebote zu unterbreiten.“ Blick nach vorn Die Jobportale müssen sich laufend weiterentwickeln und immer wieder neu aufstellen, um den Bedürfnissen der Zeit zu entsprechen. Keines sieht noch so aus wie Ende der 1990er Jahre, als sich Online-Jobbörsen als dritter Recruiting-Kanal neben Printmedien und den damaligen Arbeitsämtern etablierten. Technologisch haben die Jobbörsen insbesondere in den vergangenen Jahren viele Neuerungen eingeführt und noch weitere Pläne in den Schubladen. Bei den weiteren Strategien für die Zukunft unterscheiden sich die Ansätze der Anbieter in Details. Was sich allgemein für die Zukunft abzeichnet, ist: Für die Jobportale wird es immer wichtiger, die stark zunehmende Anzahl an Stellenanzeigen an den richtigen Mann beziehungsweise die richtige Frau zu bringen. Das funktioniert unter anderem über Partnernetzwerke mit Tageszeitungen, Fachzeitschriften und Fachportalen, um die Reichweite der Stellenanzeigen zu erhöhen und auch latent wechselwillige Fach- und Führungskräfte zu erreichen. Jobware beispielsweise hat ein Zielgruppenkonzept mit mittlerweile über 400 Plattformen. Auch das Ausspielen von Stellenanzeigen mittels Targeting und das Angebot einer SEO-Optimierung der Stellenanzeigen dienen dazu, möglichst viele Personen zu erreichen, die zur ausgeschriebenen Position passen könnten. Immer wichtiger dabei ist die passgenaue Ansprache der Kandidatinnen und Kandidaten. Und hier kommt wieder das Thema künstliche Intelligenz auf, oder wie Frank Hassler formuliert: „Kluge Algorithmen und lernende Systeme sind das Herzstück jedes erfolgreichen Jobportals. Und gute und passende Suchergebnisse sind das A und O. Ohne sie wenden sich Stellensuchende einem anderen Anbieter zu.“ DANIELA FURKEL verfolgt den Jobbörsenmarkt seit 25 Jahren und hat sehr viele Veränderungen miterlebt. Sie meint, das Ende der Entwicklungen ist bei Weitem noch nicht erreicht. „ Im ersten Quartal 2022 waren stolze 37 Prozent der Befragten offen für einen neuen Job. Die Pandemie hat offensichtlich viele ins Grübeln gebracht. Wir rechnen daher in den nächsten Jahren mit einem sehr volatilen Bewerbermarkt.“ Dr. Peter Langbauer, Geschäftsführer, Stellenanzeigen.de „ Faktoren wie flexible Arbeits- möglichkeiten, Weiterbildungsangebote, Initiativen für mehr Diversität, Gleichstellung und Inklusion sowie die Arbeitgebermarke rücken immer weiter in den Fokus und entwickeln sich im wahrsten Sinne zum Dealbreaker oder Dealmaker.“ Steffen Günder, Sales Director Germany, Monster Deutschland

Die Nachfrage nach Fachpersonal hat sich in den vergangenen Monaten stark erhöht. Gleichzeitig veränderte sich die Art und Weise, wie wir arbeiten. In viele Prozesse hat die Digitalisierung Einzug gehalten. Hybride Arbeitsmodelle und Homeoffice sind bei vielen Unternehmen mittlerweile Standard – und werden vor allem von jungen Bewerberinnen und Bewerbern heute vorausgesetzt. Aufgrund dieser Entwicklungen muss sich zwingend auch die Herangehensweise verändern, wie Unternehmen Fachkräfte anwerben. 1 Fokus auf Soft Skills statt Hard Skills Heute darf es nicht mehr allein darum gehen, Kandidaten und Kandidatinnen nach Fachkenntnissen auszuwählen. Die Recruiting-Strategie muss einen größeren Fokus auf die Soft Skills setzen. Eigenschaften wie Kreativität und analytisches Denken, Lernbereitschaft und Teamgeist fördern die Innovationskraft und eröffnen neue Chancen bei der Zusammensetzung von Teams. Vor allem Quereinsteigern kommt es zugute, wenn das Unternehmen nicht allein nach bestimmtem Fach-Know-how sucht. Oft wird das Potenzial dieser Experten unterschätzt, da Arbeitgeber an der vermeintlichen Idealvorstellung eines geraden Lebenslaufs festhalten. In einer dynamischen Arbeitswelt muss man sich von solchen starren Vorgaben lösen und deutlich flexibler werden. Denn letztendlich sind in den meisten Fällen nicht fachgebundene Fähigkeiten ausschlaggebend für den Erfolg, sondern vielmehr Lern- und Veränderungsbereitschaft. Die richtigen Soft Skills eröffnen neue Perspektiven und ermöglichen den Blick über den Tellerrand hinaus. 2 Digitalisierung nutzen: Remote Hiring Remote Work gehört mittlerweile zum Standardrepertoire vieler Unternehmen. Dementsprechend ist es nur logisch, den Rekrutierungsprozess neuer Talente ebenfalls remote zu gestalten. Das hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen ist ein virtueller Bewerbungs- und Vorstellungsprozess zeitsparend und für ein erstes Kennenlernen ausreichend. Zusätzlich ist Remote Hiring beim Anwerben potenzieller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht im direkten Umkreis des Standorts leben, ein entscheidender Vorteil. Vor dem Hintergrund des akuten MINT-Fachkräftemangels sind gerade Expertinnen und Experten aus dem Ausland eine wichtige Quelle für neues Personal. Unternehmen können deren Einstieg durch moderne digitale Verfahren deutlich vereinfachen. Doch auch auf politischer Seite gilt es in Deutschland Hürden bei der Rekrutierung von Fachpersonal aus dem Ausland abzubauen. Oft müssen Bewerbende zahlreiche Behördengänge absolvieren und lange Wartezeiten in Kauf nehmen, bis Abschlüsse und Qualifikationen anerkannt werden. Diese Strukturen müssen dringend vereinfacht werden, damit das volle Potenzial dieser Fachkräfte genutzt werden kann. Stille RecruitingReserven Von Timo Lehne Gut ausgebildete Fachkräfte sind heute Gold wert, heiß begehrt und schwer zu finden – sei es im Bereich Pharma oder in der IT. Woher gute Mitarbeitende nehmen, wenn allerorten ein Wettbewerb um die Talente tobt? Fünf Ansatzpunkte, wie Arbeitgeber ihren Kandidatenpool erweitern können. Trends im Recruiting 10 personalmagazin plus: Trends im Recruiting

3 Frauen für MINTBerufe begeistern Hybride Arbeitsmodelle sind von Vorteil, wenn es darum geht, Privat- und Berufsleben zu vereinbaren. Die flexiblere Arbeitszeitgestaltung erleichtert Müttern und Vätern nicht nur die Koordination von Familie und Beruf, sondern auch die Rückkehr aus der Elternzeit. Gerade in Berufsfeldern, die noch immer hauptsächlich von Männern besetzt werden – wie im MINT-Bereich – sollten sich Arbeitgeber die aktuellen Entwicklungen zunutze machen. Weibliche Fachkräfte sind hier eine große Chance – einerseits um Personallücken zu schließen, andererseits um Teams diverser zu gestalten und so ein besseres Arbeitsklima und vielfältigere Arbeitsweisen zu entwickeln. Daher sollten Unternehmen Darüber hinaus sollten Arbeitgeber einen Talent Pool aufbauen. Oft wechseln Fachkräfte den Arbeitgeber, weil sie bei ihrem bisherigen Unternehmen Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten vermissen. Wenn einige Zeit später Vakanzen im Unternehmen entstehen, die einen entsprechenden Karriereschritt möglich machen, lohnt es sich, auf die „Ehemaligen“ zuzugehen. Boomerang Hiring erfordert viel Initiative und Engagement von Unternehmen – dieses zahlt sich aber in vielerlei Hinsicht aus. Rückkehrer können schnell wieder in den Arbeitsalltag einsteigen und benötigen keine lange Einarbeitungszeit. Auch die Unternehmensstrukturen und die Kultur sind bereits bekannt. Zusätzlich haben beide Seiten bereits ein Gespür füreinander und eine gewisse Vertrauensbasis, um gut zusammenzuarbeiten. Die Potenziale nutzen Alle Zeichen deuten darauf hin, dass sich der MINT-Fachkräftemangel in Zukunft noch verschärfen wird; einerseits durch die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und die digitale Transformation, andererseits durch den demografischen Wandel. Arbeitgeber müssen sich daher ihrer Möglichkeiten bewusst werden und diese nutzen, auch wenn das zeitweise mit einem höheren Einsatz von Ressourcen einhergeht. Gleichzeitig muss aber auch die Politik aktiv werden und Arbeitgeber dabei unterstützen, einfacher und schneller alle Optionen zu nutzen. Von Fachkräften aus dem Ausland über MINTExpertinnen bis hin zu Quereinsteigern und Berufsrückkehrern gibt es noch jede Menge Potenzial. neben flexiblen Arbeitsmodellen auch gezielte Initiativen und entsprechende Netzwerke nutzen, um Mädchen und Frauen zu fördern und für Berufe in den Bereichen Naturwissenschaft und Technik zu begeistern sowie um Mütter aus der Elternzeit zurückzuholen. Ernst gemeinte Diversity-Initiativen helfen bei der Rekrutierung von dringend benötigten Expertinnen und zahlen zusätzlich auf das Image als Arbeitgeber ein. 4 Erfahrungsschätze nutzen In Zeiten des Nachwuchs- und Fachkräftemangels ist es zudem von Vorteil, den Fokus nicht nur auf junge Kandidaten und Kandidatinnen zu legen, sondern auch auf erfahrene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Generation 55plus. Diese bringen jede Menge Know-how und Berufserfahrung mit und kennen sich in Anwendungen und Programmen aus, die heute nicht mehr gelehrt – aber manchmal immer noch benötigt werden. Die Angst davor, dass ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei aktuellen Forschungs- oder IT-Themen hinterherhinken, ist meist unbegründet. Etwaige Wissenslücken können durch entsprechende Investitionen in Fortbildungen und individuelle Weiterbildungsangebote geschlossen werden. 5 Ehemalige einstellen: Boomerang Hiring Eine weitere lohnende Recruiting-Strategie ist das sogenannte Boomerang Hiring oder Rehiring. Ziel dieser Methode ist es, den Kontakt mit ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht zu verlieren und sie für das Unternehmen zurückzugewinnen. Um hier erfolgreich zu sein, gilt es, ein professionelles ExitManagement einzurichten. Dazu gehört, dass sich der Personalbereich bei einer Kündigung Zeit für ein abschließendes Gespräch nimmt, um die Wechselmotivation der Person zu verstehen. Durch Offenheit und Lösungsorientiertheit können meist an diesem Punkt schon Probleme aus dem Weg geräumt werden. Aber auch wenn Halteversuche misslingen, ist ein offenes Gespräch der Grundstein dafür, in Kontakt zu bleiben. Die Angst davor, dass ältere Fachkräfte bei aktuellen Themen hinterherhinken, ist meist unbegründet. TIMO LEHNE verantwortet als Interim- CEO der SThree GmbH das Umsetzen der Unternehmensstrategie und das Erreichen der unternehmerischen Ziele. Fachkräftemangel 11

Trends im Recruiting Foto: xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx 12 Die richtigen Worte finden Von Madeleine Kern personalmagazin plus: Trends im Recruiting

Stellenanzeigen 13 Eine Stellenanzeige sieht im Grunde genauso aus wie vor 20 Jahren, denn sie erfüllt wichtige Funktionen und beantwortet grundlegende Fragen. Um die richtigen Personen anzusprechen und zur Bewerbung zu motivieren, benötigt sie aber mehr als Aufzählungen von Aufgaben und Anforderungen. Ein Leitfaden für Stellenanzeigen, die das Gefühl „Da will ich unbedingt hin“ auslösen. Das Ende der Stellenanzeige wurde schon oft vorhergesagt. Gerüchteweise gibt es Unternehmen, die keine mehr nutzen. Dagegen sprechen aber die derzeitigen Höchststände an Anzeigen der Jobportale und die menschliche Gewohnheit. Die Personalabteilung ist es gewohnt, eine Stellenanzeige zu schreiben, Stellensuchende sind es gewohnt, eine Jobbeschreibung zu bekommen. Denn egal, ob eine aufmerksamkeitsstarke Arbeitgeberkampagne oder ein professioneller Headhunter Talente anspricht, am Ende wollen alle wissen: Welche Aufgaben werde ich haben? Was muss ich für die Erfüllung der Aufgaben können? Was bekomme ich dafür? Wie komme ich an den Job? Deshalb sieht eine Stellenanzeige auch heute noch so aus, wie sie eben aussieht, selbst wenn die Reihenfolge manchmal geändert wird: Titel – Unternehmensprofil – Aufgaben – Anforderungen – Benefits – Bewerbungsaufforderung. Das Jobinserat im Wandel Erste Trends sind erkennbar, dass die Stellenanzeige ihr Gesicht wandelt, denn potenzielle Bewerberinnen und Bewerber verlangen heute nach mehr Informationen: Wie tickt das Unternehmen? Welchen Beitrag leistet meine Arbeit? Wie sind die Kolleginnen und Kollegen? Wie ist das Miteinander und das Umfeld? Eine Stellenanzeige ist manchmal das Erste und Einzige, was Jobinteressierte von einem Unternehmen lesen. Kein Arbeitgeber kann und darf davon ausgehen, dass sich jemand auf seine Karriereseite oder Social-Media-Profile verirrt, um diese Fragen zu beantworten. Deshalb muss eine Stellenanzeige überzeugen. Und sie muss richtig gut sein. Auffindbarkeit führt zu Ansichten Was macht eine richtig gute Stellenanzeige aus? An erster Stelle steht die Auffindbarkeit. Je besser eine Anzeige zu finden ist, desto höher sind die Chancen auf Bewerbungen. Wesentlich für die Auffindbarkeit im World Wide Web ist der Jobtitel, weshalb dieser sowohl für die Menschen als auch für Suchmaschinen optimiert werden muss. Dabei ist die Suchmaschine tatsächlich zweitrangig, denn Google und Co. zeigen Ergebnisse, die von Menschen gesucht werden. Ein Stellentitel muss aus der Bewerbersicht formuliert werden. Interne Bezeichnungen kennt niemand und sucht niemand. Wörter wie „Sachbearbeiter“ und „Mitarbeiter“ werden ebenfalls nicht gesucht und gehören aus dem Titel verbannt.

Trends im Recruiting personalmagazin plus: Trends im Recruiting 14 Damit eine Suchmaschine die Stelle als Suchergebnis darstellen kann, muss eine Stellenanzeige als eigenständige HTMLSeite auf der Website verfügbar sein. Jede Stelle sollte als eigene Seite abgebildet werden, die für Suchmaschinen optimiert wird, damit sie den passenden Interessenten angezeigt wird. Gleichzeitig ist es sinnvoll, die Stellenanzeigen auch auf allen anderen Kanälen leicht auffindbar zu machen. Mit wenigen Klicks müssen die Stellen auf der Karriereseite und in Social Media gefunden werden. Tipp: Suchen Sie selbst eine Stellenanzeige Ihres Unternehmens. Mittels Suchmaschine, auf Ihrer Website, vom Startpunkt Plakatwerbung, vom Startpunkt Social Media Post. Wie schnell können Sie sie finden? Wann sind Sie frustriert? Ehrlichkeit fördert die Selbstselektion Ein typischer Recruiting-Mythos ist, dass Arbeitgeber mit einer Stellenanzeige möglichst viele Bewerbungen generieren wollen. Aber in Realität möchte niemand sehr viele Bewerbungen. Das ist bei der heutigen Bewerbermarktlage sowieso schwierig zu erreichen. Wenn dennoch etliche Bewerbungen auf eine Stellenanzeige eintreffen, dann war diese vermutlich unkonkret, hat verschiedene Zielgruppen angesprochen oder Dinge versprochen, die nicht zu halten sind. Daher gilt: Eine Stellenanzeige muss ehrlich sein. Denn spätestens in der Probezeit werden leere Versprechungen zu einer umfangreichen Einarbeitung oder dem hilfsbereiten motivierten Team auffliegen. Das endet im günstigsten Fall in einer Kündigung. Schlimmer wären schlechte öffentliche Bewertungen oder Mitarbeitende, die jahrelang unglücklich einen schlechten Job machen. Das kostet viel Geld. Deshalb beginnt der Vertrauensaufbau für eine lange Mitarbeiterbeziehung bereits mit der ehrlichen Stellenanzeige. Dafür benötigt es Vorbereitung: Idealerweise wird die Aufgaben- und Anforderungsbeschreibung mit einer Person, die auf gleicher oder ähnlicher Position arbeitet, gemeinsam formuliert. Stellen Sie sich die Fragen: Was sind die täglichen, wöchentlichen, monatlichen und jährlichen Aufgaben in dieser Position? Welche davon sind so wichtig und/oder so häufig, dass diese auf jeden Fall in eine Anzeige müssen? Im Anschluss folgt die Frage: Welche Kenntnisse, Fähigkeiten und Eigenschaften benötigt jemand, um erfolgreich in genau diesen Aufgaben zu sein? Daraus leiten sich die Anforderungen ab. Diese werden im besten Fall bereits in die Aufgabenbeschreibung hineinformuliert, um eine Liste an Buzzwords in den Anforderungen zu vermeiden. Hierzu ein Beispiel: Statt „Kundenorientierung“ als einen nichtssagenden Anstrich in einer unendlichen Liste aufzuführen, schreiben Sie lieber direkt in die Aufgabenbeschreibung: „Sie betreuen unsere Kunden bei Fragen und haben stets ein offenes Ohr für deren Wünsche.“ Wer keinen Kundenkontakt mag, bricht bereits hier das Lesen der Anzeige ab. Wunderbar. Diese Person wäre sowieso nie eingestellt worden. Alle sparen sich viel Zeit und Aufwand. Natürlich gilt es auch, eine ungewollte Selbstselektion zu vermeiden: Es hat sich herausgestellt, dass die meisten Stellenanzeigen im deutschsprachigen Raum eher Männer ansprechen als Frauen. Sätze wie „Du bist ein echter Gewinnertyp und setzt dich in Verhandlungen siegessicher durch“ sind echte „Männersätze“. Frauen fühlen sich davon abgeschreckt und bewerben sich nicht. Da helfen auch Gender-Sternchen oder (m/w/d) nichts. Es empfiehlt sich daher, Stellenanzeigen mittels Gender Bias Decoder zu prüfen. Stepstone oder die TU München bieten diese kostenfrei an. Tipp: Zeigen Sie die Anzeige Personen aus anderen Abteilungen oder außerhalb des Unternehmens und fragen Sie diese, ob sie die Aufgaben und Anforderungen verstehen und glauben. Authentizität sorgt für echte Passung Obwohl das Wort Authentizität übernutzt ist, trifft es bei Stellenanzeigen auf den Punkt. Damit eine Stellenanzeige unterscheidbar von anderen wird und tatsächlich passende Bewerberinnen und Bewerber begeistern kann, muss sie authentisch sein. Das beginnt bereits bei der direkten Ansprache der Leserinnen und Leser. Es macht einen Unterschied, ob dort steht: „Du bist verantwortlich für die Projektabwicklung…“ oder „Projektverantwortung für…“. Ob die Leserinnen oder Leser mit Du oder Sie angesprochen werden, hängt vor allem von der Unternehmenskultur ab. Wenn auf allen Kommunikationskanälen geduzt wird und sich auch im Bewerbungsgespräch alle Parteien auf das Du einigen, warum dann nicht auch in der Stellenanzeige? Das ist authentisch. Unpassend dagegen ist es, wenn in der Stellenanzeige geduzt wird, um eine moderne Kultur zu signalisieren, aber im Jobinterview und in der Kommunikation wird gesiezt. Davon ist abzuraten, denn in diesem Fall fühlt sich die Stellenanzeige wie ein Kostüm an und die Verkleidung fliegt recht schnell auf. Verkleidung ist das perfekte Stichwort für Fotos auf Stellenanzeigen. Wenn sie eine traumhafte Bürolandschaft mit ModellMit Begriffen wie „Gewinnertyp“ werden Frauen abgeschreckt. Da helfen auch Gender-Sternchen oder (m/w/d) nicht. Setzen Sie einen Gender Bias Decoder ein, um eine neutrale Sprache zu gewährleisten.

Stellenanzeigen 15 Kolleginnen und -Kollegen zeigen, diese aber in der Realität nicht aufzufinden sind, dann stellt sich die Frage, was eigentlich noch alles falsch ist an der Anzeige. Deshalb gilt: Bilder sollten echte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer realen Arbeitsumgebung zeigen. Wer die Abbildung der Realität gut findet, bewirbt sich und passt ins Unternehmen. Es ist möglich, bereits mit der Stellenanzeige den Cultural Fit zu fördern. Dafür empfiehlt es sich, einen Absatz zum Thema „Kultur und Arbeitsweise“ einzufügen. Damit kann die Stellenanzeige einen ersten Einblick ins Unternehmen gewähren. Einige Beispiele für Fragen, die in diesem Abschnitt der Stellenanzeige beantwortet werden können: • Wie arbeitet das Team, in dem die Position angesiedelt ist? • Wie oft finden Meetings statt? • Was versteht das Unternehmen unter agiler Arbeitsweise? • Wie ist der Umgang mit Fehlern? • Wie wird die Entwicklung der Mitarbeitenden im Unternehmen gefördert? • Welche besonderen Ereignisse werden gefeiert? • Wie wird Work-Life-Balance gelebt? • Wie verbringen die Beschäftigten die Mittagspause? Tipp: Da es noch keine eigene Kategorie für Unternehmenskultur in den Jobbörsen gibt, aber das Freitextfeld für die Benefits in den Zeichen meist unbeschränkt ist, können Sie an dieser Stelle zwei Absätze einfügen – einen für Kultur und einen für die Benefits. Wertschätzung für langfristige Bindung Welche Wertschätzung den Mitarbeitenden zukommt, wird in Stellenanzeigen meist in der Kategorie Benefits ausgedrückt. Hier gilt es alles aufzuzeigen, was monetär und immateriell den Mitarbeitenden zugute kommt. Dazu gehört einerseits die Flexibilität in Ort und Zeit, die der Job mitbringen kann, um die Work-Life-Balance positiv zu gestalten. Finanzielle Aspekte sind natürlich das Gehalt, welches sich immer häufiger in Stellenanzeigen findet, zumindest in der Angabe einer Gehaltsspanne. Die Angabe des Gehalts führt übrigens zu einer positiven Selbstselektion: Es müssen weniger Gespräche mit Personen geführt werden, mit denen Sie sich sowieso nicht einig geworden wären. Wertschätzend ist übrigens auch, dass die Gehaltsverhandlung auf Augenhöhe stattfindet und transparent geführt wird. Zu finanziellen Aspekten der Benefits gehören ebenso Zuschüsse zur Kinderbetreuung, zur Mobilität (öffentliche Verkehrsmittel, Dienstwagen oder Jobrad), zur Altersvorsorge, zur Krankenversicherung, zur Wohnungssuche, zum Mittagessen und vieles mehr. Manchmal sind es diese Zuwendungen, die den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern das Leben erleichtern und den Ausschlag für eine Bewerbung geben und gleichzeitig für den Arbeitgeber keine hohen Kosten verursachen. Natürlich zeigen auch Obstkörbe, kostenlose Getränke und Tischkicker Wertschätzung. Diese sollten allerdings nicht die einzigen Aspekte sein. Es kommt vielmehr darauf an, die Bedürfnisse der Zielgruppe zu erkennen und Unterstützung zu bieten. Tipp: Fragen Sie Ihre Mitarbeitenden, welche Unterstützung sie in der jetzigen Lebenssituation brauchen. Sie werden wichtige Erkenntnisse gewinnen! Leichtigkeit im Bewerbungsprozess Das Ziel der Stellenanzeige ist klar: Eine Bewerbung soll ausgelöst werden. Doch genau an dieser Stelle wird es den Interessenten häufig schwer gemacht. Arbeitgeber sollten immer mit bedenken, dass häufig auf Mobilgeräten nach neuen Jobs gesucht wird und dass die meisten Menschen ihren Lebenslauf und ihre Zeugnisse nicht auf dem Handy gespeichert haben. Wenn es um schwer zu besetzende Stellen geht, sollte die Hürde für eine Bewerbung so niedrig wie möglich sein. Das ist dann gegeben, wenn hinter dem „Bewerben“-Button ein kurzes Bewerbungsformular bestehend aus Vorname, Nachname, E-Mail-Adresse und Telefonnummer hinterlegt ist. Zusätzlich kann freiwillig ein Lebenslauf hochgeladen oder ein Xing- oder Linkedin-Profil eingetragen werden. Benötigt der Arbeitgeber für die Entscheidung, wer zu einem Gespräch eingeladen wird, weitere Unterlagen, kann er diese über die angegebenen Kontaktdaten nachfordern. Darüber hinaus ist die gute alte E-Mail ein beliebtes Bewerbungsinstrument, und es sollte möglich sein, die Unterlagen auch auf diesem Weg einzureichen. Eine Stellenanzeige wirkt besonders sympathisch, wenn eine Kontaktperson mit Bild, Telefonnummer und E-Mail-Adresse angegeben ist. Keine Sorge, es rufen nicht so viele Bewerberinnen und Bewerber an – nur die mit wirklich großem Interesse. Wer als besonders guter Arbeitgeber punkten möchte, stellt den Bewerbungsprozess transparent in der Stellenanzeige dar. Dafür genügt ein Satz oder eine Darstellung mit Pfeilen, mit wie vielen Gesprächen, Tests oder anderen Auswahlverfahren in welchem Zeitraum gerechnet werden muss, bis es zur Vertragsunterzeichnung kommt. Tipp: Bewerben Sie sich bei sich selbst und erleben Sie den Prozess aus der Bewerberperspektive. Das bringt bestimmt neue Erkenntnisse und Ideen! Die Zukunft der Stellenanzeige Die Stellenanzeige wird noch eine ganze Weile ein wesentliches Recruitinginstrument bleiben. Es gibt jedoch eine berechtigte Hoffnung, dass sie moderner wird – sowohl im Erscheinungsbild als auch bei den Inhalten. Möglich ist es zum Beispiel, PodcastEpisoden zum jeweiligen Job zu integrieren, die Kolleginnen und Kollegen mit einem Video vorzustellen oder durch Testimonials die Aufgabe zu verdeutlichen. Bei der inhaltlichen Weiterentwicklung wird sich eine lebendige Darstellung von Team- und Unternehmenskultur in der Stellenanzeige etablieren. Damit rückt die Stellenanzeige ihrem ureigensten Ziel einen Schritt näher: Sie soll Vorfreude auf den zukünftigen Job auslösen und ein „Ich will da unbedingt hin“-Gefühl für das Unternehmen entfachen. MADELEINE KERN gründete 2019 ihr eigenes Unternehmen „Personalmarketing Kern“. Sie unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen mit Workshops und Beratung zur Optimierung der Stellenanzeigen und Arbeitgebermarke.

Trends im Recruiting personalmagazin plus: Trends im Recruiting 16 Foto: Bosch Internes Recruiting ist bei Bosch seit Jahren etabliert. Neu ist, dass seit 2019 im People Acquisition Campus (PAC) Beschäftigte, die vom Strukturwandel betroffen sind, aktiv intern in neue Positionen vermittelt werden. Wie das funktioniert, erläutert Sabine Schubert. Interview Daniela Furkel Personalmagazin: Nur wenige Unternehmen haben eine interne Recruiting-Strategie. Bei Bosch ist das anders. Weshalb ist Ihnen internes Recruiting und die interne Mitarbeitervermittlung so wichtig? Sabine Schubert: Internes Recruiting, also die interne Stellenbesetzung, ist etwas, das seit sehr vielen Jahren zu unserem Unternehmen gehört: Wir sehen den internen Wechsel unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Teil der Mitarbeiterentwicklung. Es ist uns wichtig, die Erfahrung, die sich durch jahrelange Betriebszugehörigkeit aufgebaut hat, im Unternehmen zu halten und weiterzuentwickeln. Das heißt: Wir schreiben unsere Stellen erst intern aus und versuchen, diese zunächst auch intern zu besetzen. Das Modell der internen Vermittlung entstand 2019 zunächst in den Geschäftsbereichen, die besonders vom strukturellen Wandel betroffen sind. Unsere Idee: Wenn Stellen wegfallen, lassen wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht allein, sondern begleiten sie und versuchen, ihnen neue Wege im Unternehmen aufzuzeigen. Vor diesem Hintergrund haben wir die Stellenbesetzung sowie unsere Vermittlungsaktivitäten im People Acqusition Campus, kurz PAC, gebündelt. Heißt das, bei jeder offenen Stelle wird zunächst geprüft, ob es eine Person imUnternehmen gibt, die sich eignenwürde? Schubert: Genau, wir sind von Beginn an eingebunden. Recruiting und Vermittlung laufen bei uns daher Hand in Hand. Sobald in Deutschland beziehungsweise im Zuständigkeitsbereich des PAC eine Stelle ausgeschrieben wird, prüfen wir, ob in unserem Vermittlungspool eine Person ist, die sich für diese Position eignet. Der Vorteil ist, dass die Beschäftigten oftmals lange Jahre im Unternehmen sind und viel Erfahrung und Wissen für die „Recruiting und Vermittlung gehen Hand in Hand“ Sabine Schubert verantwortet unter anderem den Bereich Staffing und Onboarding bei Bosch und ist seit 2019 für den People Acquisition Campus zutändig.

Internes Recruiting 17 situation, fragen sie, was sie sich persönlich vorstellen können. Wichtig ist ein offener Austausch über die Vorstellungen der jeweiligen Person, sie zu ermutigen, nicht nur in ihrem bisherigen Profil zu bleiben, und zu überlegen, welche Weiterentwicklung sie sich vorstellen kann. Hinzu kommt, dass Mitarbeitende, die schon 20 Jahre oder länger im Unternehmen sind, wenig Erfahrung mit dem Thema Bewerbung haben. Sie haben schon sehr lange keinen Lebenslauf geschrieben und wissen nicht, was sie in einem Jobinterview erwartet. Auch hierzu beraten wir, stellen Vorlagen zur Verfügung und führen umfassende Bewerbertrainings durch. Heißt das, auch bei der internen Vermittlung findet eine ganz normale Bewerbung mit Vorstellungsgespräch statt? Schubert: Ja, denn das ist sehr wichtig für die Akzeptanz der internen Vermittlung bei den Führungskräften. Ich bin der Überzeugung, dass diese nicht erfolgreich wäre, würden wir ihnen vorgeben, wen sie in ihr Team aufnehmen müssen. Auch hier stehen die persönlichen Gespräche im Vordergrund. Wir gehen auf die Führungskräfte zu und bitten sie, die entsprechenden Kandidatinnen und Kandidaten unvoreingenommen zu prüfen. Dabei geht es auch darum, offen zu sein und sich auf motivierte Personen einzulassen, auch wenn jemand im ersten Schritt nur zu 70 Prozent auf die Stelle passt. Was unterscheidet das PAC von einer Transfergesellschaft? Schubert: Ganz einfach: Wir vermitteln unternehmensintern. Als People Acquisition Campus haben wir das Ziel, für unsere Kandidaten innerhalb der Bosch-Gruppe eine Anschlussaufgabe zu finden. Das hat nichts mit dem Transfer nach extern zu tun. Was passiert, wenn jemand nicht intern vermittelt werden kann? Schubert: Grundsätzlich gibt es nicht nur den einen Versuch der Vermittlung. Alle Kandidatinnen und Kandidaten sind in unserem Vermittlungspool registriert und haben Zugriff auf sämtliche ausgeschriebene Stellen. Sollte die Vermittlung einmal nicht klappen, sprechen wir mit den beteiligten Parteien, um ein gemeinsames Bild zu bekommen und die nächsten Schritte abzuleiten. Eine Möglichkeit wäre etwa unser Programm Transfer 2.0, falls die vorhandenen Qualifikationen nicht ausreichen. Manchmal hilft aber auch einfach etwas Geduld, bis eine Stelle gefunden wird, auf die die Kompetenzen besser passen. Wohin wird es in Zukunft gehen? Schubert: Lernen ist von strategischer Bedeutung, um den Wandel mit unseren Mitarbeitenden erfolgreich zu gestalten. Daher ist die Mitarbeiterentwicklung bei uns fest verankert und ein ständiger Prozess: Wir wollen die persönlichen und professionellen Qualifikationen unserer Kolleginnen und Kollegen nicht nur erhalten, sondern auch langfristig weiterentwickeln. Unsere Erfahrungen zeigen, dass unser Weg erfolgreich ist. Unsere Beschäftigten sehen und erleben, dass sie von einer Arbeit in eine andere wechseln können, wenn sie sich weiterbilden. Das stärkt die proaktive Weiterentwicklung und die Veränderungsbereitschaft. So bringen wir unsere Mitarbeitenden perspektivisch in Bewegung und ermutigen sie dazu, sich mit ihrer eigenen Weiterentwicklung auseinanderzusetzen und diese eigenverantwortlich zu gestalten. neue Stelle mitbringen. Das versetzt sie in die Lage, sich schnell in die zukünftigen Aufgaben einzuarbeiten. Das kommt beiden Seiten zugute. Wie viele Personen können auf diese Weise in neue Positionen vermittelt werden? Schubert: Seit 2019 konnten wir insgesamt 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intern vermitteln. Allein 2021 waren es 360 Personen – zusätzlich zu unseren gängigen Recruiting-Maßnahmen. Im Vergleich dazu: 2021 haben wir im Großraum Stuttgart insgesamt rund 2.800 Stellen neu besetzt. Generell liegt das Verhältnis zwischen interner und externer Stellenbesetzung über die vergangenen drei Jahre gesehen ungefähr bei 70 zu 30 Prozent – der überwiegende Teil der Stellen wird also intern vergeben. Wie perspektivisch gehen Sie bei der internen Vermittlung und dem Know-how-Aufbau vor? Schubert: Passt das Profil nicht zu 100 Prozent, lässt sich die Lücke in der Regel durch Qualifizierung schließen. Fehlen etwa bis zu 30 Prozent, kann das fehlende Wissen durch Lernen „on the job“ und begleitende Maßnahmen aufgebaut werden. Ist die Lücke etwas größer, greift mit Transfer 2.0 eine weitere Initiative. Diese Personen werden mit sechs bis zwölf Monaten Vorlaufzeit gezielt auf die Übernahme der Position vorbereitet. In dieser Zeit übernimmt der Bereich, aus dem die Mitarbeitenden kommen, sowohl die Personalkosten als auch die Kosten für die Schulungsmaßnahmen. Der aufnehmende Bereich wiederum profitiert davon, dass die Teams mit erfahrenen und motivierten Kolleginnen und Kollegen verstärkt werden, die sich im Laufe eines Jahres zu voll qualifizierten Mitarbeitenden für ein zukunftsträchtiges Thema entwickeln. Die Trainingsmaßnahmen sind vielfältig. Es gibt zum Beispiel Qualifizierungen in Richtung Elektrifizierung, Software oder Datenanalyse. Wir arbeiten dabei je nach Programm mit internen oder externen Partnern zusammen, wie der Bosch Learning Company, der technisch gewerblichen Ausbildung des Unternehmens, der IHK, der Uni Stuttgart oder der FH Aalen. Mit wie vielen Personen arbeiten Sie an diesem Thema? Schubert: Unser PAC startete 2019 mit einem Pilotteam aus 19 Personen. Heute sind wir nahezu 80 HR-Expertinnen und -Experten mit Profilen in den Bereichen Personalmarketing, Active Sourcing, Recruiting und Consulting. Wir arbeiten dabei eng mit den zu vermittelnden Kandidatinnen und Kandidaten zusammen und unterstützen sie bei ihrem Veränderungsprozess. Am Anfang steht ein vertrauliches Gespräch zwischen einem oder einer PAC-Consultant und der Mitarbeiterin beziehungsweise dem Mitarbeiter. Danach kann sich die Person im Vermittlungspool registrieren. Gemeinsam wird dann nach passenden ausgeschriebenen Stellen im Unternehmen geschaut und gegebenenfalls geprüft, welche Qualifizierungen für die Zielstelle noch notwendig sind. Wie schaffen Sie es, dass sich die Mitarbeitenden auf den Prozess einlassen? Schubert: Miteinander reden und der direkte Austausch sind das A und O. Ein Unterschied zur üblichen internen Stellenbesetzung ist die deutlich stärkere Begleitung der Kandidatinnen und Kandidaten. Wir sprechen mit ihnen über ihre Ausgangs-

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