Trends im Recruiting personalmagazin plus: Trends im Recruiting 24 dem Zeitpunkt, in dem ein kultureller und persönlicher Eindruck wichtig wird. Konkret heißt das: Zukünftig werden sich immer mehr Bewerbende unterschiedlicher Tools bedienen, um ihre Bewerbungen auf den Weg zu bringen. Von LoopCV, einem Tool, das es den Nutzenden ermöglicht, zahlreiche Bewerbungen an Unternehmen zu verteilen, bis hin zu vielfältigen Matchingtools wird es eine Vielzahl an technologischen Möglichkeiten geben, den Bewerbungsprozess unproblematisch zu digitalisieren. Nach dem Erfolgskurs des Fitnesstracking und der fortlaufenden Selbstoptimierung, wird dieser digitale Fortschritt nicht vor der Bewerbung Halt machen. Die Sicht der Unternehmen Auch auf die Gefahr hin, dass es etwas desillusionierend klingen mag: Die Unternehmen werden den bestehenden Prozessen treu bleiben. Anders gesagt: Die Veränderung des Prozesses wird von den Bewerbenden ausgehen, nicht von den Unternehmen. Es ist allerdings davon auszugehen, dass diese Prozesse zukünftig nicht mehr „State of the Art“ sein werden. Ein Beispiel macht deutlich, weshalb eingerostete unternehmerische Prozesse vielleicht schon bald keine Rolle mehr spielen werden: Bereits im Juni 2013 wartete der Havard Business Review mit einem scheinbar wegweisenden Artikel mit dem Titel „Tours of Duty“ auf, in dem der Autor eine Arbeitsweltzukunft skizziert, in der alle Beschäftigten nur noch als Freelancer von Projekt zu Projekt wechseln. Gute acht Jahre später kam mit Polyworks ein Business Netzwerk auf den Markt, das genau diesen Ansatz abbildet und Projekte anstelle von Arbeitgebern in den Vordergrund stellt. Hier wurde ein Ansatz entwickelt, der sich weg entwickelt von der typischen Frage auf der Plattform Linkedin: „Bei wem habe ich gearbeitet?“ hin zu der vielleicht viel wichtigeren Frage: „Welche Projekte habe ich betreut? Was genau habe ich inhaltlich getan?“ Zwischen Ressourcenoptimierung und Aufwandssteigerung Für die Unternehmen spielen verschiedene Faktoren eine Rolle, wenn wir ein Bild der Recruiting-Zukunft malen. Unter anderem besteht der typische unternehmerische Wunsch nach Optimierung von Ressourcen und damit einhergehend einer Verschlankung der Prozesse. Beides treibt Unternehmen automatisch immer stärker in Richtung moderner Technologien. Deshalb werden wir auch hier den verstärkten Einsatz von KI erleben. Diese Entwicklung wird nicht zuletzt dadurch vorangetrieben, dass auch das Berufsfeld der Recruiterin/des Recruiters vom beschriebenen Arbeitskräftemangel betroffen ist. Es wird in Zukunft weniger Recruitingexpertinnen und -experten in den Unternehmen geben – eine klassische Personalsituation, in der sich automatische Prozesse durchsetzen. Parallel beobachten wir, wie im ersten Abschnitt dieses Beitrags bereits ausgeführt, einen stark verengten Arbeitsmarkt, in dem Beschäftigte schneller den Job und Arbeitgeber wechseln, um ihre hervorgehobene Arbeitsmarktposition auszunutzen. Gemäß des aktuellen „Trendence HR Monitor“ war es Anfang dieses Jahres der erste Vorsatz von Akademikerinnen und Akademikern, für das Jahr 2022 einen Jobwechsel anzustreben. Dem steht ein aktueller Anstieg an Stellenanzeigen von gut 40 Prozent im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie gegenüber (Quelle: Indeed). Für Unternehmen bedeutet dies, dass neben dem Wunsch der Verschlankung eine Aufwandssteigerung entsteht. Neues Personal zu finden, ist schwieriger, teurer und aufwendiger denn je. Die Unternehmen werden daher zunehmend ihr Recruitingwissen schulen und im Bereich der Bewerbung deutlich stärker auf die Bedürfnisse der Kandidatinnen und Kandidaten eingehen müssen. So kann man an den aktuellen Zahlen des „Trendence HR Monitors“ ablesen, dass IT-Professionals durchaus an virtuellen Prozessen festhalten wollen, während sich beispielsweise berufserfahrene Kandidatinnen und Kandidaten aus kaufmännischen Berufsfeldern den persönlichen Kontakt wünschen. Genau dieses Zielgruppenwissen müssen sich Unternehmen auf allen Ebenen zunehmend aneignen. Der Zusammenschluss der Seiten Nehmen wir nun bei der Zusammenführung der beiden Betrachtungen eine Meta-Perspektive ein: Durch die Angebotsvielfalt für die Kandidatenseite werden wir dort nicht nur Technologiesprünge erleben, sondern auch eine ganz neue Art der Pre-Qualifizierung. Es entsteht ein Entscheidungsproblem, und die Auswahl der Arbeitgeber muss anhand von individuell definierten Kriterien möglichst schnell erfolgen. Dabei wird es auch zukünftig um einen fachlichen sowie kulturellen Fit gehen. Bereits heute können Kandidatinnen und Kandidaten sehr viel künstliche Intelligenz in ihre Karrieresuche integrieren. Eine stärkere Digitalisierung des Bewerbungsprozesses steht in keinem Widerspruch zu dessen Vermenschlichung. Durch den Einsatz von Tools entsteht mehr Zeit für Zwischenmenschliches.
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