Personalmagazin plus 5/2022

Internes Recruiting 17 situation, fragen sie, was sie sich persönlich vorstellen können. Wichtig ist ein offener Austausch über die Vorstellungen der jeweiligen Person, sie zu ermutigen, nicht nur in ihrem bisherigen Profil zu bleiben, und zu überlegen, welche Weiterentwicklung sie sich vorstellen kann. Hinzu kommt, dass Mitarbeitende, die schon 20 Jahre oder länger im Unternehmen sind, wenig Erfahrung mit dem Thema Bewerbung haben. Sie haben schon sehr lange keinen Lebenslauf geschrieben und wissen nicht, was sie in einem Jobinterview erwartet. Auch hierzu beraten wir, stellen Vorlagen zur Verfügung und führen umfassende Bewerbertrainings durch. Heißt das, auch bei der internen Vermittlung findet eine ganz normale Bewerbung mit Vorstellungsgespräch statt? Schubert: Ja, denn das ist sehr wichtig für die Akzeptanz der internen Vermittlung bei den Führungskräften. Ich bin der Überzeugung, dass diese nicht erfolgreich wäre, würden wir ihnen vorgeben, wen sie in ihr Team aufnehmen müssen. Auch hier stehen die persönlichen Gespräche im Vordergrund. Wir gehen auf die Führungskräfte zu und bitten sie, die entsprechenden Kandidatinnen und Kandidaten unvoreingenommen zu prüfen. Dabei geht es auch darum, offen zu sein und sich auf motivierte Personen einzulassen, auch wenn jemand im ersten Schritt nur zu 70 Prozent auf die Stelle passt. Was unterscheidet das PAC von einer Transfergesellschaft? Schubert: Ganz einfach: Wir vermitteln unternehmensintern. Als People Acquisition Campus haben wir das Ziel, für unsere Kandidaten innerhalb der Bosch-Gruppe eine Anschlussaufgabe zu finden. Das hat nichts mit dem Transfer nach extern zu tun. Was passiert, wenn jemand nicht intern vermittelt werden kann? Schubert: Grundsätzlich gibt es nicht nur den einen Versuch der Vermittlung. Alle Kandidatinnen und Kandidaten sind in unserem Vermittlungspool registriert und haben Zugriff auf sämtliche ausgeschriebene Stellen. Sollte die Vermittlung einmal nicht klappen, sprechen wir mit den beteiligten Parteien, um ein gemeinsames Bild zu bekommen und die nächsten Schritte abzuleiten. Eine Möglichkeit wäre etwa unser Programm Transfer 2.0, falls die vorhandenen Qualifikationen nicht ausreichen. Manchmal hilft aber auch einfach etwas Geduld, bis eine Stelle gefunden wird, auf die die Kompetenzen besser passen. Wohin wird es in Zukunft gehen? Schubert: Lernen ist von strategischer Bedeutung, um den Wandel mit unseren Mitarbeitenden erfolgreich zu gestalten. Daher ist die Mitarbeiterentwicklung bei uns fest verankert und ein ständiger Prozess: Wir wollen die persönlichen und professionellen Qualifikationen unserer Kolleginnen und Kollegen nicht nur erhalten, sondern auch langfristig weiterentwickeln. Unsere Erfahrungen zeigen, dass unser Weg erfolgreich ist. Unsere Beschäftigten sehen und erleben, dass sie von einer Arbeit in eine andere wechseln können, wenn sie sich weiterbilden. Das stärkt die proaktive Weiterentwicklung und die Veränderungsbereitschaft. So bringen wir unsere Mitarbeitenden perspektivisch in Bewegung und ermutigen sie dazu, sich mit ihrer eigenen Weiterentwicklung auseinanderzusetzen und diese eigenverantwortlich zu gestalten. neue Stelle mitbringen. Das versetzt sie in die Lage, sich schnell in die zukünftigen Aufgaben einzuarbeiten. Das kommt beiden Seiten zugute. Wie viele Personen können auf diese Weise in neue Positionen vermittelt werden? Schubert: Seit 2019 konnten wir insgesamt 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intern vermitteln. Allein 2021 waren es 360 Personen – zusätzlich zu unseren gängigen Recruiting-Maßnahmen. Im Vergleich dazu: 2021 haben wir im Großraum Stuttgart insgesamt rund 2.800 Stellen neu besetzt. Generell liegt das Verhältnis zwischen interner und externer Stellenbesetzung über die vergangenen drei Jahre gesehen ungefähr bei 70 zu 30 Prozent – der überwiegende Teil der Stellen wird also intern vergeben. Wie perspektivisch gehen Sie bei der internen Vermittlung und dem Know-how-Aufbau vor? Schubert: Passt das Profil nicht zu 100 Prozent, lässt sich die Lücke in der Regel durch Qualifizierung schließen. Fehlen etwa bis zu 30 Prozent, kann das fehlende Wissen durch Lernen „on the job“ und begleitende Maßnahmen aufgebaut werden. Ist die Lücke etwas größer, greift mit Transfer 2.0 eine weitere Initiative. Diese Personen werden mit sechs bis zwölf Monaten Vorlaufzeit gezielt auf die Übernahme der Position vorbereitet. In dieser Zeit übernimmt der Bereich, aus dem die Mitarbeitenden kommen, sowohl die Personalkosten als auch die Kosten für die Schulungsmaßnahmen. Der aufnehmende Bereich wiederum profitiert davon, dass die Teams mit erfahrenen und motivierten Kolleginnen und Kollegen verstärkt werden, die sich im Laufe eines Jahres zu voll qualifizierten Mitarbeitenden für ein zukunftsträchtiges Thema entwickeln. Die Trainingsmaßnahmen sind vielfältig. Es gibt zum Beispiel Qualifizierungen in Richtung Elektrifizierung, Software oder Datenanalyse. Wir arbeiten dabei je nach Programm mit internen oder externen Partnern zusammen, wie der Bosch Learning Company, der technisch gewerblichen Ausbildung des Unternehmens, der IHK, der Uni Stuttgart oder der FH Aalen. Mit wie vielen Personen arbeiten Sie an diesem Thema? Schubert: Unser PAC startete 2019 mit einem Pilotteam aus 19 Personen. Heute sind wir nahezu 80 HR-Expertinnen und -Experten mit Profilen in den Bereichen Personalmarketing, Active Sourcing, Recruiting und Consulting. Wir arbeiten dabei eng mit den zu vermittelnden Kandidatinnen und Kandidaten zusammen und unterstützen sie bei ihrem Veränderungsprozess. Am Anfang steht ein vertrauliches Gespräch zwischen einem oder einer PAC-Consultant und der Mitarbeiterin beziehungsweise dem Mitarbeiter. Danach kann sich die Person im Vermittlungspool registrieren. Gemeinsam wird dann nach passenden ausgeschriebenen Stellen im Unternehmen geschaut und gegebenenfalls geprüft, welche Qualifizierungen für die Zielstelle noch notwendig sind. Wie schaffen Sie es, dass sich die Mitarbeitenden auf den Prozess einlassen? Schubert: Miteinander reden und der direkte Austausch sind das A und O. Ein Unterschied zur üblichen internen Stellenbesetzung ist die deutlich stärkere Begleitung der Kandidatinnen und Kandidaten. Wir sprechen mit ihnen über ihre Ausgangs-

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