Personalmagazin 12/2021

Die Anstrengungen des Gesetzgebers alleine genügen nicht – Unternehmen müssen selbst das Ruder in die Hand nehmen, um ihr bAV-System nachvollziehbar, attraktiv und zukunftssicher zu machen. Dabei gilt es, bei der großen Vielfalt an Optionen das Modell zu finden, das zum Unternehmen am besten passt. In Deutschland herrscht weitgehend Konsens darüber, dass alleine die gesetzli- che Rentenversicherung nicht ausreichen wird, um für weite Teile der Bevölkerung eine dem Lebensstandard entsprechen- de Versorgung im Alter sicherzustellen. Damit gerät die betriebliche Altersver- sorgung (bAV) verstärkt in den Blick. Der Gesetzgeber versuchte und versucht mit einer Reihe von Maßnahmen, die Verbrei- tung der bAV zu erhöhen. Gleichzeitig identifizieren immer mehr Unternehmen im „War for talents“ die bAV als überzeu- gende „Waffe“, um qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und im Unternehmen zu halten. So verwundert es nicht, dass viele Unternehmen sich aktuell damit ausein- andersetzen, ihr bAV-System attraktiver und zukunftsfähiger zu machen. Bei fünf Durchführungswegen, drei (oder auch vier) Zusagearten, verschie- denen Finanzierungsformen und einem fast unüberschaubaren Markt an Alters- versorgungsprodukten ist die Vielfalt an Möglichkeiten groß. Umso schwerer fällt es Unternehmen häufig, das für sie ideale Modell zu finden. Selbstredend, dass ein bAV-Modell, das vor zehn oder 20 Jahren eingeführt wurde, völlig anders aussieht als eines, das heute ins Leben gerufen wird: Der Zeitgeist macht auch vor der bAV nicht halt. Auch die Anforderungen der Unternehmen etwa in Sachen Bilanz- berührung, Kalkulierbarkeit und Admi- nistration der bAV haben sich insgesamt spürbar verändert. Im Folgenden wollen wir zwei Beispiele für moderne bAV-Sys- teme vorstellen. Lösung eins: Schlankes Konzept für kleinere Betriebe Trotz der Vorteile bei der Gewinnung und Bindung talentierter Mitarbeitender scheuen sich viele kleinere und mittlere Unternehmen vor der bAV. Komplexität, ein sich stetig wandelndes Rechtsum- feld und damit einhergehende Rechts- unsicherheit insbesondere angesichts der langen Laufzeit der eingegangenen Verpflichtungen, Kosten und fehlendes Personal zur Betreuung der bAV spielen sicherlich vielerorts eine Rolle. Dennoch lohnt sich die Auseinandersetzung mit der bAV und wird spätestens dann zwin- gend, wenn die ersten Mitarbeitenden einen der nachfolgend beschriebenen Rechtsansprüche geltend machen. Anspruch auf Entgeltumwandlung Gemäß § 1a BetrAVG haben Mitarbeiten- de einen Anspruch, Teile ihres Gehalts für bAV aufzuwenden. Dem Arbeitgeber steht dabei grundsätzlich frei, welche Zu- sageart und welchen Durchführungsweg er anbietet. Als Standardlösung zur Um- setzung der Entgeltumwandlung bieten sich Direktversicherungsverträge an. Im Rahmen von § 3 Nr. 63 EStG sind dabei Beiträge von bis zu acht Prozent der je- weils gültigen Beitragsbemessungsgren- ze (BBG) in der gesetzlichen Rentenver- sicherung von der Einkommenssteuer befreit. Soweit der Arbeitgeber durch die Entgeltumwandlung Sozialabgaben einspart, müssen die von den Beschäf- tigten gezahlten Beiträge spätestens ab dem 1. Januar 2022 durch den Arbeitgeber bezuschusst werden. Der genauen Aus- gestaltung dieses Arbeitgeberzuschusses sollte hierbei genauso Aufmerksamkeit geschenkt werden wie der Möglichkeit zusätzlicher, darüber hinausgehender Ar- beitgeberbeiträge. Arbeitgeberfinanzierte Direktversicherungen bieten eine einfa- che Möglichkeit, im Rahmen der bAV zu- sätzliche Anreize für die Mitarbeitenden zu schaffen und die dabei entstehenden Risiken überschaubar gering zu halten. Um den Verwaltungsaufwand zu mi- nimieren und gleichzeitig bestmögliche Versicherungskonditionen zu gewährleis- ten, bietet es sich an, einen Gruppenversi- cherungsvertrag abzuschließen und sämt- liche Direktversicherungen über diesen durchzuführen. Darüber hinaus stellt dies eine einheitliche und transparente Versor- gung sicher und ermöglicht klar definierte Ansprechpartner und Zuständigkeiten. Anspruch auf Portabilität Portabilität bezeichnet die Möglichkeit, Anwartschaften auf bAV bei Wechsel des Arbeitgebers mitzunehmen. Arbeitsrecht- liche Grundlage der Portabilität bildet § 4 BetrAVG. In § 4 BetrAVG Absatz 3 ist wei- ter definiert, unter welchen Umständen der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Übertragung einer Anwartschaft hat. Dies ist immer dann der Fall, wenn die bisherige Zusage in einem der Durchfüh- rungswege Pensionsfonds, Pensionskasse oder Direktversicherung stattgefunden hat und der Übertragungswert unterhalb der BBG liegt. Die Übertragung muss vom Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres nach Beendigung des alten Arbeitsver- hältnisses gefordert werden. Der neue Arbeitgeber ist dann verpflichtet, eine dem Übertragungswert wertgleiche Zu- sage zu erteilen, welche ebenfalls über Pensionsfonds, Pensionskasse oder Di- rektversicherung durchzuführen ist. In der Praxis werden von den Beschäf- tigten mitgebrachte Zusagen, insbeson- Schwerpunkt: Da geht noch mehr 29

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