Personalmagazin 12/2021
Betriebliche Altersversorgung personalmagazin plus: bAV 26 dass er seine Versorgung belastbar planen kann“, ergänzt Meiss- ner. Laut Schmidt sind auch sogenannte Matching-Systeme hilf- reich. Hier stockt der Arbeitgeber die umgewandelten Beiträge seiner Mitarbeitenden um einen zusätzlichen Kapitalbetrag auf. „Dies erhöht die Rendite für den Arbeitnehmer und vermeidet Verluste“, ergänzt der Lurse-Experte auch mit Blick auf Haf- tungsrisiken der Arbeitgeber. Als Beratungsgrundlage empfiehlt Meissner Vermittlern zwei Studien des Instituts für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) über die Auswirkungen von Garantien auf bAV-Produkte im Niedrigzinsumfeld. „Die Studienautoren kommen zu dem gerade für die Berater zentralen Ergebnis, dass niedrigere Ga- rantieniveaus im aktuellen Zinsumfeld auch für sicherheits- orientierte Menschen bedarfsgerechter sind als hohe“, betont die bAV-Generalbevollmächtigte der Stuttgarter. Der Hintergrund: Eine Garantie von 100 Prozent der Beiträge verringert das Ren- ditepotenzial, weil das Kapital vorwiegend in fest verzinsliche Anleihen investiert werden muss. Daher ist die Sicherheit einer auskömmlichen Altersvorsorge bei niedrigen Zinsen nur schein- bar gegeben. Zudem können die niedrig verzinsten Anlagen auf lange Sicht oftmals die Inflation nicht ausgleichen. Das gilt besonders in Zeiten erhöhter Preissteigerungen, wie aktuell von etwa vier Prozent. Bei reduzierten Garantien wird hingegen stärker in Aktien angelegt, deren Rendite die Inflation auf lange Sicht ausgleichen kann. Meissner betont daher: „Der Kunde muss auch über die Risiken einer 100-Prozent-Garantie im Niedrig- zinsumfeld informiert werden.“ Risiko Nachschussverpflichtung Und wie steht es mit dem Risiko von Nachschussverpflichtungen für Arbeitgeber? Aufgrund bisheriger Rechtsprechung lasse sich das nach Einschätzung der Stuttgarter bAV-Expertin schwer einschätzen. Neben den geschilderten „Leitplanken“ sei hier die Wahl des Garantieniveaus wichtig. So dürfte am Markt Konsens darüber bestehen, dass Garantieniveaus ab 60 bis 70 Prozent eine große Sicherheitsmarge in Bezug auf Haftungsrisiken be- inhalten, erläutert Meissner und verweist auf die ifa-Studien, die dieses Niveau als sinnvolle Mischung von Garantie und Ertragschance darstellen. Im eigenen Haus hat man sich dazu entschlossen, ab 2022 nur noch Tarife mit Garantien zwischen 80 und 94 Prozent anzubieten, und dies im Rahmen der bAV vorwiegend auf dem Weg der BOLZ. „Ein Garantieniveau von 80 Prozent wird sich vermutlich durchsetzen. Es bietet eine gute Kombination aus Sicherheit und Renditechancen ohne hohes Risiko“, ergänzt Thoma und resümiert: „Es gibt noch keine Rechtsprechung, aber die gängige Fachmeinung geht davon aus, dass ein solches Garantieniveau zusammen mit einer BOLZ Rechtssicherheit bieten wird.“ Beitragsgarantien der Versicherer zwischen 100 und 60 Prozent Laut der Deloitte-Umfrage streben die Versicherer bei ihrer künftigen Tarifgestaltung Beitragsgarantien von 100 bis 60 Prozent an. „Einige Gesellschaften wollen zudem ihr Angebot an Honorartarifen ausweiten“, ergänzt Dr. Klaus Friedrich, Studienautor und Director im Bereich Financial Advisory der Beratungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Und wie weit könnten die Garantieniveaus sinken? Nach Einschätzung von Meissner liegt die rote Linie bei 50 Prozent. „Der Europäische Gerichtshof hat in einem Urteil, das sich mit der bAV im In- solvenzfall eines Arbeitgebers beschäftigte, festgelegt, dass die Arbeitnehmer dann mindestens 50 Prozent der Anwartschaften beanspruchen können“, sagt sie zur Begründung. „Unsere Hoff- nung ist, dass der Gesetzgeber nach der Wahl erkennt, dass es für die Kapitalbildung entscheidend ist, auf eine 100-prozenti- ge Beitragsgarantie zugunsten von mehr Flexibilität in der Kapitalanlage zu verzichten“, sagt Schmidt und schlägt vor: Die Politik könnte das Konzept der reinen Beitragszusage, das mit dem Sozialpartnermodell auf Tarifebene eingeführt wurde, auch auf die Betriebsebene übertragen. Dann würde das unbeliebte bAV-Modell vielleicht doch noch aus dem Tal der Tränen kommen. KAY SCHELAUSKE ist Finanz- und Wirtschaftsjournalist. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Investmentfonds und Altersvorsorge. „Ein Garantie- niveau von 80 Prozent wird zusammen mit einer BOLZ Rechts- sicherheit bieten.“ UTE THOMA, Versicherungsgruppe die Bayerische
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==