Personalmagazin plus 10/2021

Digitales Recruiting 13 Das Modell trainiert und aktualisiert sich regelmäßig neu und bildet daher auch nach einem Krisenereignis wie Covid-19 stets die gegenwärtige Situation ab. Die Vorhersagegenauigkeit liegt dabei im Schnitt bei über 90 Prozent. So lassen sich schon vor der Schaltung verschiedene Titel ausprobieren und es lässt sich eine optimale Auswahl treffen. Optimierte Anzeigentexte Der Inhaltstext einer Stellenanzeige liefert den Stellensuchen- den die nötigen Informationen und animiert im besten Fall zur Bewerbung. Dabei zeigt sich in psychologischen Studien, dass schon ein paar Wörter einen entscheidenden Unterschied ma- chen können. Die KI-basierte Textanalyse identifiziert im Text die für eine Bewerbung förderlichen beziehungsweise hinder- lichen Ausdrücke und markiert diese farblich. Es empfiehlt sich, den Text einer Stellenanzeige so umzufor- mulieren, dass keine hinderlichen Begriffe mehr bleiben. Dazu liefert die Software Vorschläge zu alternativen Formulierungen. Eigene Untersuchungen zeigen, dass sich damit die Zahl der Klicks auf den Bewerben-Button um bis zu 75 Prozent erhöhen lässt (siehe Kasten). Zusätzlich wird ein Performance Score be- rechnet. Je höher der Score, desto höher ist die Wahrscheinlich- keit, dass auf den Bewerben-Button geklickt wird. Anhand des Scores können Änderungen direkt überprüft und der Text kann weiter optimiert werden. Optimierte Anzeigenlänge Die Messergebnisse aus dem Experiment können nicht für jede Anzeige garantiert werden. Der Erfolg einer Anzeige ist von vielen weiteren Faktoren abhängig, wie Art der Stelle, Wochen- tag, Jahreszeit und der aktuellen Situation an Vergleichsange- boten. Statistische Ausreißer sind daher immer möglich. Eine Vergleichbarkeit ist nur bei großen Datenmengen wie in dem beschriebenen Experiment gegeben. Dennoch ist der Optimie- rungsansatz mit einem KI-basierten Textanalysesystem ein wirk- sames Instrument, um die Wahrscheinlichkeit einer Bewerbung zu erhöhen. Darüber hinaus kann die Länge des Anzeigentexts ein zusätzlicher Aspekt bei der Performance einer Stellenan- zeige sein. Die Textlängenanalyse in „Better Ads“ gibt eine Orientierung, welcher Umfang in diesem Umfeld üblich ist. Der Längenvergleich basiert dabei auf einem Pool von bis zu 2.000 ähnlichen Anzeigen, die individuell durch einen KI-gestützten Volltextvergleich identifiziert werden. Fazit: Fehler in der Bewerberansprache lassen sich vermeiden Der Einsatz von KI-basierten Softwaretools im Recruiting ist kein schneller und einfacher Weg. Die Anwendungsszenarien müssen sich den gesetzlichen Vorschriften hinsichtlich Daten- sicherheit, Datenschutz und Arbeitnehmerrechten unterwerfen und sollten sich nicht nur den in den sogenannten sensiblen Bereichen gültigen wissenschaftlichen Standards stellen. Aber der Einsatz von KI zur Optimierung der Stellenanzeige ist ein wichtiger Ansatzpunkt, um die Performance der Stellen- anzeige zu verbessern und mehr Bewerbungen zu generieren. Werden hier Fehler gemacht oder Grundregeln einer „optimalen Stellenanzeige“ außer Acht gelassen, hilft die beste Mediapla- nung nichts, weil schon unter Umständen der Stellentitel falsch gewählt ist oder der weitere Anzeigen-Content die potenziellen Bewerberinnen und Bewerber nicht anspricht und somit keine Bewerbungsmotivation auslöst. PROF. DR. WOLFGANG JÄGER war bis 2018 Professor am Studiengang Media Management der Hochschule Rhein-Main Wiesbaden und engagiert sich weiter in verschiedenen Forschungsaktivitäten. INGOLF TEETZ ist CEO der Milch & Zucker Talent Acquisition & Talent Management Company. Dieser Artikel ist dem Buch „Digital HR“ ent­ nommen, herausgegeben von Thorsten Petry und Wolfgang Jäger (Haufe). Der Herausgeber­ band liefert Personalverantwortlichen Orien­ tierungshilfe für das digitale Zeitalter und das Rüstzeug für die erfolgreiche Veränderung von Strategien, Prozessen, Strukturen und Syste­ men. Die Themen reichen von People Analytics bis Mobile HR, von der Digitalisierung der strategischen Personalplanung, des Recruitings der Weiterbildung und des Kompetenzma­ nagements bis hin zum Einsatz von künstlicher Intelligenz und zur Führung im Digitalzeitalter. Klassische Software hilft dabei, Texte besser zu schreiben – aber nicht, bessere Texte zu schreiben. Durch KI eröffnen sich neue Möglichkeiten der Text- optimierung.

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