Personalmagazin Plus 6/2021

Die Coronapandemie war für viele Un- ternehmen ein Anlass für Reorganisa- tionen oder Umstrukturierungen. Was sind aus Ihrer Sicht wesentliche Fakto- ren, umeine arbeitsrechtliche Restruk- turierung erfolgreich zu gestalten? Frank Wilke: Neben einem Personalkon- zept sollte ein Plan aufgestellt werden, in- nerhalb welchen Zeitrahmens welche Ziele erreicht werden sollen. Darauf aufbauend sollten die Verhandlungen mit dem Be- triebsrat vertrauensvoll und offen geführt werden. Eine Restrukturierung ist meist nur dann nachhaltig und erfolgreich, wenn auch nach kontroversen Verhand- lungen schlussendlich Einvernehmen erzielt wird. Angesichts der erheblichen Risiken, die selbst bei formalen Verstößen drohen, sollte der gesamte Prozess von An- fang an rechtlich begleitet werden. Viele Unternehmen stellen fest, dass trotz Kurzarbeit eine dauerhafte Re- strukturierung erforderlich ist. Wel- che Besonderheiten sind zu beachten, wenn ein Betrieb bei laufender Kurz- arbeit verkleinert werden soll? Ist sichergestellt, dass betriebsbeding- te Kündigungen weder vertraglich noch zialverträglich gestaltet werden. Die vom Arbeitsplatzwegfall betroffenen Arbeit- nehmer können einvernehmlich für eine Laufzeit von bis zu zwölf Monaten in die TG wechseln. Mit (nicht nur) finanzieller Förderung der Arbeitsagentur unterstützt die TG gezielt bei der Suche nach neu- er Beschäftigung und bietet individuel- le Qualifizierungsmaßnahmen an. Die Arbeitnehmer erhalten in der TG Trans- ferkurzarbeitergeld in Höhe des Arbeits- losengelds, welches durch den früheren Arbeitgeber aufgestockt wird. Gelingt keine Vermittlung, schließt sich an die TG der unverminderte Arbeitslosengeld- bezug an. Der Arbeitgeber erlangt durch die Ein- richtung einer TG meist schnell Rechts- und Planungssicherheit. Die Restrukturie- rung kann weitgehend einvernehmlich und mit geringeren Auswirkungen auf den fortbestehenden Betrieb umgesetzt wer- den. Dies rechtfertigt es oft, die Kosten für eine TG als Teil des Sozialplans in Kauf zu nehmen. Nicht selten kann eine TG zu nur geringen Mehrkosten oder sogar kosten- neutral eingerichtet werden und damit auch für Unternehmen in der Krise oder in der Insolvenz finanzierbar sein. durch Betriebsvereinbarung oder Tarif- vertrag ausgeschlossen sind, sind diese auch während der Kurzarbeit denkbar. Es muss allerdings nachzuweisen sein, dass der Arbeitsausfall nicht mehr nur „vor- übergehend“ ist, sondern Arbeitsplätze „dauerhaft“ entfallen. Diese Zäsur sollte sowohl im Hinblick auf mögliche Kündi- gungsschutzverfahren als auch auf den bis dato erfolgten Kurzarbeitergeldbezug gut zu belegen sein. Wichtig ist, dass für die betroffenen Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt der Entscheidung zum Perso- nalabbau, spätestens aber mit Ausspruch der Kündigung, der Kurzarbeitergeldbe- zug endet. Für die Dauer der Kündigungs- frist sind daher volle Personalkosten zu planen. Für den verbleibenden Betrieb kann die Kurzarbeit fortgeführt werden, wenn der vorübergehende Arbeitsausfall weiterhin erheblich ist. In Krisenzeiten haben Anbieter von Transfergesellschaften Hochkonjunk- tur. Was spricht für die Einschaltung einer Transfergesellschaft (TG)? Durch eine TG können Kündigungen und damit auch Kündigungsschutzklagen oft vermieden und der Personalabbau so- Restrukturierung während der Pandemie Interview mit Dr. Frank Wilke Görg 39

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