Personalmagazin Plus 6/2021

Welche Beratungsschwerpunkte zeich- nen sich im laufenden Jahr ab? Was kommt arbeitsrechtlich auf die Unter- nehmen zu? Dr. Stephan Schwilden: Neben „Mobile Arbeit, Remote Office & Co.“ sind auch Restrukturierungen wieder ein Schwer- punkt unserer Beratungstätigkeit. Wäh- rend das vergangene Jahr durch kom- plexe Verhandlungen zur Einführung von Kurzarbeit im Zuge der Coronakrise geprägt war, zeichnet sich im Jahr 2021 ab, dass die Unternehmen alleine mit dem Mittel der Kurzarbeit nicht länger auskommen. Inzwischen müssen Unter- nehmen vieler Branchen davon ausge- hen, dass der Arbeitsausfall nicht nur ein Umstrukturierungen führen in den Un- ternehmen oft aufgrund missglückter Kommunikation zu innerbetrieblichen Spannungen. Müsste nicht der erste Schritt bei einer Reorganisation sein, sich hinsichtlich einer zielführenden Kommunikation beraten zu lassen? Friederike Jawad: Absolut. Transparente Kommunikation gegenüber allen Stakehol- dern ist für eine erfolgreiche Reorganisati- on erfahrungsgemäß mindestens genauso wichtig, wie die präzise Ausarbeitung des Reorganisationskonzepts und die Fest- legung der Verhandlungsstrategie. Daher nehmen wir von Tag eins an immer auch die Kommunikation in den Blick und be- reiten diese mit unseren Mandanten für den Tag des „Coming-outs“ generalstabs- mäßig vor. Nur wenn allen klar ist, wer, wann, was, wem gegenüber kommuniziert, behalten Sie als Arbeitgeber die für den Erfolg so wichtige Kommunikationshoheit. Wichtigster Stakeholder für die Kommu- nikation sind die Mitarbeiter. Nur wenn diese alle erforderlichen Informationen aus „erster Hand“ erhalten, kann vermie- den werden, dass sich über den Flurfunk eine Eigendynamik entwickelt, die den Erfolg des gesamten Vorhabens belastet. Die EU macht Druck bei der Etablierung von Whistleblowing-Systemen. Was ist aus arbeitsrechtlicher Sicht zu beachten? Dr. Thomas Block: Die Implementierung von (digitalen) Whistleblowing-Systemen ist eine der spannenden Herausforderun- gen in 2021 – auch aus arbeitsrechtlicher Sicht. Drei wichtige Gründe: Die EU-Richt- linie betrifft die allermeisten unserer Man- danten, nämlich Unternehmen ab 50 Ar- beitnehmern oder einem Umsatz von mindestens zehn Millionen Euro pro Jahr. Schon ab dem 17. Dezember 2021 dürfen Arbeitnehmer interne Missstände direkt an Behörden melden, wenn ein internes Hinweisgebersystem fehlt. Die bisher meist zulässige außerordentliche Kündigung in diesen Fällen ist dann ausgeschlossen. Zu- dem ist die Einführung der überwiegend technisch ausgereiften digitalen Systeme mitbestimmungspflichtig. Zwar haben die Betriebspartner – nach unserer bisherigen Erfahrung – eher gleiche Interessen. Den- noch bedarf die Verhandlung aller Details einiges an Fingerspitzengefühl, wofür „ein wenig“ Zeit einzuplanen ist. vorübergehendes Phänomen ist, sondern sich daraus ein dauerhafter Zustand ent- wickelt hat. Dr. Nina Bogenschütz: Damit werden Unternehmen im Jahr 2021 gezwungen, Personalkapazitäten anzupassen. Hier- bei zahlt sich aus, wenn die Arbeitgeber schon bei der Einführung von Kurzarbeit anwaltlich beraten wurden, da sie dann nicht durch Kündigungsbeschränkungen limitiert werden. Es ist zu erwarten, dass sich dieser Effekt nochmals deutlich ver- stärkt, wenn die Insolvenzantragspflicht wieder eingesetzt ist, da sich schon ak- tuell zeigt, dass viele Unternehmen ganz oder in Teilen nicht mehr aus dem künst- lichen Koma erweckt werden können. „ Agieren statt reagieren“ Interview mit Dr. Stephan Schwilden, Friederike Jawad, LL.M., Dr. Thomas Block und Dr. Nina Bogenschütz Dr. Stephan Schwilden, MBA, Friederike Jawad, LL.M., Dr. Thomas Block, MBA, Dr. Nina Bogenschütz act legal Germany 25

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