Personalmagazin Plus 6/2021
Rechtsprechungsrückblick 13 Entgelttransparenzgesetz II: Für wen besteht nach dem Gesetz ein Auskunftsanspruch? Antwort des BAG: Auch arbeitnehmerähnlichen Beschäftigten steht ein Auskunftsanspruch gegen den Arbeitgeber nach dem Entgelttransparenzgesetz zu. Das entschied das BAG erstmalig im Fall einer freien ZDF-Redakteurin, die eine Übersicht über die Gehälter ihrer Kollegen verlangte. Die Begriffe „Arbeitnehmerin“ und „Arbeitnehmer“ in § 5 Abs. 2 Nr. 1 EntgTranspG hat das Gericht europa- rechtskonform weit ausgelegt, da es andernfalls an einer Umsetzung der EU-Richtlinie zum Verbot der Diskriminierung beim Entgelt und zur entgeltbezo- genen Gleichbehandlung männlicher und weiblicher Arbeitnehmer bei gleicher oder als gleichwertig an- erkannter Arbeit im deutschen Recht fehlen würde. Urteil vom 25. Juni 2020 - 8 AZR 145/19 Hat der Betriebsrat ein generelles Recht zur Einsicht in Gehaltslisten? Antwort des BAG: Immer wieder kommt es in Unternehmen zu Streit, weil der Betriebsrat nicht nur Einsicht in die Gehalts- listen der Mitarbeiter verlangt, sondern auch deren Überlassung. Auch vorliegend verlangte der Betriebs- ausschuss zusätzlich zur Einsicht die Aushändigung der Gehaltslisten in elektronischer oder gedruckter Form. Dabei berief er sich auf das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG). Der Betriebsrat darf nach dem Entgelt- transparenzgesetz die Gehaltslisten von Mitarbeitern einsehen. Dieses Recht hat er jedoch nur, wenn er auch die Auskunftsverlangen der Beschäftigten beantwortet, nicht aber, wenn der Arbeitgeber diese Aufgabe über- nommen hat. Beschluss vom 28. Juli 2020 - 1 ABR 6/19 Ist die Benachteiligung von Betriebs- räten in ihrer beruflichen Entwicklung zulässig? Antwort des BAG: Betriebsratsmitglieder dürfen wegen ihrer Betriebs- ratstätigkeit nicht benachteiligt werden. Dies gilt auch im Hinblick auf ihre berufliche Entwicklung. Der Arbeitgeber hat den Betriebsratsmitgliedern grund- sätzlich die berufliche Entwicklung zu gewährleisten, die sie ohne ihre Amtstätigkeit durchlaufen hätten. Nach § 37 Abs. 4 S 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats nicht geringer be- messen werden als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Ent- wicklung. Die Gehaltsentwicklung eines Betriebs- ratsmitglieds darf deshalb während der Dauer seiner Amtszeit in Relation zu vergleichbaren Arbeitnehmern nicht zurückbleiben. Ein Betriebsratsmitglied, das nur infolge der Amtsübernahme nicht in eine Position mit höherer Vergütung aufgestiegen ist, kann daher den Arbeitgeber unmittelbar auf Zahlung der höheren Ver- gütung in Anspruch nehmen. Urteil vom 22. Januar 2020 - 7 AZR 222/19 Entgelttransparenz I: Muss ein Arbeitnehmer beweisen, dass er diskriminiert wird? Antwort des BAG: Erhält eine Frau weniger Gehalt als das vom Arbeitge- ber mitgeteilte Vergleichsentgelt männlicher Kollegen, spricht dies dafür, dass sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt wurde. In der Praxis konnte das Entgelt- transparenzgesetz (EntgTranspG) bislang nicht viel an der ungleichen Bezahlung von Männern und Frauen ändern. Selten nutzen Beschäftigte die Möglichkeit, Auskunft über das Gehalt der Kollegen mit vergleich- barer Tätigkeit vom Arbeitgeber zu erhalten. Ergibt eine solche Auskunft dann tatsächlich, dass das Ver- gleichsentgelt männlicher Beschäftigter höher liegt, sind Klagen wegen Entgeltbenachteiligung oftmals ergebnislos geblieben, weil die Arbeitsgerichte der Meinung waren, der vom Arbeitgeber mitgeteilte sta- tistische Median allein könne noch keine Entgeltdiskri- minierung beweisen. Das BAG hat nun aber klarge- stellt, dass Arbeitgeber nachweisen müssen, dass die geringere Bezahlung nicht wegen des Geschlechtes erfolgt ist. BAG, Urteil vom 21. Januar 2021 – 8 AZR 488/19
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