Personalmagazin plus 7/2022

Reformen im Arbeitsrecht 5 Das Arbeitsrecht wird insgesamt arbeitnehmerfreundlicher werden. Neben einem verbesserten Schutz der Arbeitnehmer sollen die Tarifautonomie und die betriebliche Mitbestimmung gestärkt und ausgebaut werden. Mit diesem Kurs will die Bundesregierung die Gewichtung zwischen sozialer Verantwortung und unternehmerischer Freiheit neu austarieren. Bundesregierung hat viele Themen auf der Agenda Weiterbildung Berufliche Weiterbildung und lebenslanges Lernen haben angesichts der digitalen Transformation der Arbeitswelt eine hohe Priorität. Mit einer „nationalen Weiterbildungsstrategie“ will die Koalition dem gerecht werden. Verbessern will die Regierung die Möglichkeiten für eine berufliche Neuorientierung sowie für Aus- und Weiterbildungen. Diese sollen künftig auch in Teilzeit möglich sein. Das Aufstiegs-BAföG soll ausgebaut werden, eine zweite vollqualifizierte Ausbildung soll förderfähig werden, die Fördersätze und Freibeträge sollen deutlich erhöht werden. Ein „Lebenschancen-BAföG“ soll eingeführt werden. Hier sollen die Bürger künftig auf einem Freiraumkonto ein Bildungsguthaben ansparen können, das für selbstbestimmte Weiterbildung ausgegeben werden kann. Die Einführung einer Bildungsteilzeit soll es möglich machen, dass Beschäftigte ihre Arbeitszeit vorübergehend reduzieren können, um in der so gewonnenen Zeit einen Berufsabschluss nachzuholen oder sich beruflich weiterzuqualifizieren. Voraussetzung hierfür soll eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Beschäftigtem sein. Unternehmen im Strukturwandel sollen die Chance erhalten, durch ein Qualifizierungsgeld, das ähnlich dem Kurzarbeitergeld ausgestaltet werden soll, die Beschäftigten während des strukturellen Wandels durch Qualifizierung im Betrieb zu halten und benötigte Fachkräfte auszubilden. Arbeitszeit Grundsätzlich wird es beim Achtstundentag im Arbeitszeitgesetz bleiben. Noch für dieses Jahr ist die Schaffung einer befristeten Regelung angekündigt, mit der im Rahmen von Tarifverträgen eine flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit erlaubt sein soll. Es sollen begrenzte Möglichkeiten geschaffen werden, hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit vom Arbeitszeitgesetz abzuweichen. Ziel ist, der Entwicklung der letzten Jahre in den Unternehmen zu folgen und flexiblere Arbeitszeitmodelle mögEnde November haben die drei Regierungsparteien den Koalitionsvertrag für die kommenden vier Jahre vorgelegt, dem die Pläne der Ampelkoalitionäre zu den Themen Weiterbildung, Arbeitszeit, Homeoffice, Befristung und Mindestlohn zu entnehmen sind. Auch die EU zwingt den Gesetzgeber zu Anpassungen. Ein Ausblick, was arbeitsrechtlich auf HR zukommt. lich zu machen. Die europäischen Vorgaben zur Zeiterfassung sollen dabei berücksichtigt werden, bereits bestehende Regelungen zur Vertrauensarbeitszeit sollen explizit beibehalten werden können. Homeoffice Das „Mobile-Arbeit-Gesetz“ kommt wieder. In der Großen Koalition war es zuletzt am Widerstand der CDU gescheitert, nun werden die Inhalte, die bereits in den Referentenentwürfen der letzten Legislaturperiode enthalten waren, fröhlich ihre Auferstehung feiern. Es soll einen Erörterungsanspruch über mobiles Arbeiten geben, dem Wunsch der Beschäftigten soll nur widersprochen werden können, wenn betriebliche Belange entgegenstehen, und eine Ablehnung darf nicht sachfremd oder willkürlich erfolgen. Außerdem will die Regierung die Voraussetzungen dafür schaffen, dass mobiles Arbeiten problemlos europaweit möglich wird. Rechtlich soll das Homeoffice als Möglichkeit der mobilen Arbeit sauber von der Telearbeit und dem Geltungsbereich der Arbeitsstättenverordnung abgegrenzt werden. Die angekündigte gesetzliche Regelung wird auch die Anforderungen an den Arbeitsschutz im Homeoffice festlegen und will sicherstellen, dass die Teilnahme an mobiler Arbeit nicht dazu führt, dass die betrieblichen Arbeitsplätze der Homeoffice-Worker wegfallen. Mindestlohn und Minijobs Der Mindestlohn wird – wie es die SPD und den Grünen schon vor der Wahl versprochen haben – zum 1. Oktober auf zwölf Euro angehoben. Anschließend wird es wieder Aufgabe der Mindestlohnkommission sein, über künftige Anhebungen zu entscheiden. Die Minijobgrenze wird sich künftig an einer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden orientieren, was bei zwölf Euro Mindestlohn ab dem 1. Oktober eine neue Minijobgrenze von 520 Euro imMonat ergibt. Die Einhaltung geltenden Arbeitsrechts soll bei den Minijobs in Zukunft stärker kontrolliert werden. Sachgrundlose Befristung Die sachgrundlose Befristung war der SPD und den Grünen vor der Bundestagswahl 2021 ein Dorn im Auge. Mit dieser Position konnten sie sich aber in den Koalitionsverhandlungen nicht durchsetzen, sodass es nicht dazu kommen wird, dass die sachgrundlose Befristung abgeschafft oder deutlich eingedämmt werden wird. Die Ampelkoalitionäre haben lediglich angekün-

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