Personalmagazin: Was sind derzeit die wichtigsten Beratungsthemen im Arbeitsrecht? Axel Dahms: Kurzarbeit ist pandemiebedingt nach wie vor ein wichtiges Thema, auch wenn die Regelungen zum erleichterten Bezug des KUG bald auslaufen. Vor Kurzem lief auch die sogenannte „Homeoffice-Pflicht“ aus und viele Unternehmen wollen ihren Beschäftigten dauerhaft das mobile Arbeiten ermöglichen. In diesem Zusammenhang ist die betriebliche Umstellung auf Shared-Desk- und Clean-Desk-Modelle beliebt. Damit werden Kosten reduziert und zugleich herkömmliche Arbeitsbedingungen flexibilisiert. Dabei ist die betriebliche Mitbestimmung zu beachten, die aktuell den Abschluss entsprechender Betriebsvereinbarungen notwendig machen kann. Schließlich gehen wir davon aus, dass sich Unternehmen aufgrund der Liefer- und Produktionsengpässe infolge des Kriegs in der Ukraine kurzfristig nicht nur pandemiebedingt auf umfassendere Restrukturierungsmaßnahmen einstellen müssen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. In Sachen Arbeitszeiterfassung ist noch keine gesetzliche Regelung in Sicht. Sehen Sie dennoch bereits Handlungsbedarf für die Betriebe? Ein aktueller Referentenentwurf aus dem BMAS sieht bereits die Einführung einer umfassenden Pflicht zur elektronischen Arbeitszeiterfassung zumindest in bestimmten Branchen und Beschäftigungsverhältnissen vor. Weil diese strengere Erfassungspflicht auf viel Kritik stieß, wird sie allerdings vorerst nicht kommen, sodass bei den Unternehmen aktuell noch kein Handlungsbedarf besteht. Zwar hat der EuGH den Mitgliedsstaaten die Einführung einer Pflicht zur ob an dem Erfordernis „elektronisch“ tatsächlich festgehalten wird. Die Whistleblower-Richtlinie ist immer noch nicht umgesetzt. Wie sollten Unternehmen reagieren? Laut dem jüngst vorgelegten Referentenentwurf für ein neues Hinweisgeberschutzgesetz wird eine Verpflichtung zur Einrichtung interner Meldekanäle wohl noch dieses Jahr kommen. Daher sollten sich Unternehmen schon jetzt auf die Einrichtung und Überprüfung ihrer internen Meldekanäle und -verfahren einstellen. Das gilt jedenfalls für Arbeitgeber mit regelmäßig mehr als 249 Beschäftigten – sie trifft eine entsprechende Pflicht bereits unmittelbar mit Inkrafttreten. Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten sind ausgenommen und für solche, die zwischen 50 und 249 Beschäftigte haben, sieht der Entwurf eine einjährige Übergangsregelung vor, die ihnen Zeit verschafft. An die unternehmensinternen Meldestellen sollen sich Beschäftigte mit Informationen über Rechtsverstöße in ihrem beruflichen Umfeld wenden können. Der sachliche Anwendungsbereich geht aber auch hier über das hinaus, was die EU-Richtlinie vorsieht – neben Verstößen gegen EURecht sollen auch Teile des mit diesem korrespondierenden nationalen Rechts sowie bestimmte Ordnungswidrigkeiten und das deutsche Strafrecht in den Anwendungsbereich der Normen fallen. Relevant wird das neue Gesetz auch im Rahmen von Kündigungen und anderen Benachteiligungen, wie Disziplinarmaßnahmen, Diskriminierung oder Mobbing infolge einer Meldung/Offenlegung – so sollen hinweisgebende Personen bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben in dieser Hinsicht umfassend geschützt werden. „objektiven, verlässlichen und zugänglichen“ Arbeitszeitdokumentation aufgegeben. Daraus resultiert aber keine unmittelbare Umsetzungsverpflichtung für die Unternehmen, was im Übrigen auch für die EU-Richtlinie gilt, die dem Urteil des EuGH zugrunde liegt. Hinzu kommt, dass der Referentenentwurf mit dem Erfordernis, dass das einzuführende System „elektronisch“ sein muss, über das hinausgeht, was der EuGH vorgegeben hat. Dieser überlässt es den Mitgliedsstaaten selbst, die konkreten Modalitäten zur Umsetzung der Arbeitszeitdokumentation festzulegen, insbesondere was die Form betrifft. Unternehmen sollten sich dennoch darauf einstellen, dass eine strengere Arbeitszeiterfassung für bestimmte Branchen und Beschäftigungsverhältnisse kommen wird, auch wenn abzuwarten bleibt, Interview mit Dr. Axel Dahms Görg „ Dieses Jahr kommt ein neues Hinweisgeberschutzgesetz, das die Einrichtung interner Meldekanäle vorsieht.“ 39
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