Personalmagazin plus 7/2022

Nachhaltigkeit 21 Chance, sich entscheidende Wettbewerbsvorteile zu sichern. Ein klarer Vorteil auch in Zeiten des Fachkräftemangels. Daher gilt es, auch über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus, Maßnahmen einzuleiten. Dabei ist vieles denkbar, um sich mit hohen sozialen Standards zu positionieren – angefangen von Urlaubstagen für soziales Engagement, fairen Vergütungsmodellen bis hin zu einer freiwilligen Geschlechterquote. Weitere mögliche Maßnahmen bieten sich bei der Etablierung eines professionellen betrieblichen Gesundheitsmanagements und großzügigen Homeoffice-Regelungen. Dabei muss grundsätzlich auf eine rechtssichere Umsetzung bei allen Konzepten geachtet werden. Dies gilt insbesondere auch für die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat, der bei vielen Maßnahmen zu beteiligen ist. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand: Nachhaltigkeit am Arbeitsplatz führt zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit, zu einer Steigerung der Arbeitgeberattraktivität und damit zu weniger Mitarbeiterfluktuation sowie klaren Vorteilen beim Recruiting von Talenten. Mit den entsprechenden Informationen über die Sozialstandards im Unternehmen, die durch eine externe Überprüfung zertifiziert sind, können zudem auch mögliche Vorwürfe eines „Greenwashings“ gut entkräftet werden. Zeichen der Zeit erkennen Auch wenn kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) noch nicht unmittelbar von einer Berichtspflicht betroffen sind: Die CSR-Berichtspflicht ist längst nicht mehr nur ein Thema für größere Unternehmen. Auch viele kleinere und mittlere Unternehmen nutzen bereits die Möglichkeit eines Nachhaltigkeitsberichts, um ihren Beitrag zum Klimaschutz und weitere Nachhaltigkeitsaktivitäten öffentlich zu machen und es werden in Zukunft immer mehr werden. Schon jetzt gibt es gute Gründe, eine transparente Nachhaltigkeitsberichterstattung – auch ohne rechtliche Verpflichtung – in Angriff zu nehmen. Es sei davon auszugehen, sagt Markus Duscha, dass es künftig auch für Mittelständler eine „abgespeckte Form“ der Reporting- Vorgaben geben werde. KMU mit mehr als 10 Mitarbeitenden und einer Kapitalmarktorientierung sollen ab 2026 bereits zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet werden. Zudem stehe es außer Frage, dass es dadurch, dass größere Unternehmen, die CSR-Informationen auch von ihren Lieferanten einfordern, sehr schnell einen „Dominoeffekt“ geben werde. Davon geht auch Nicolette Behncke, Partnerin und Expertin für Sustainability-Reporting und -Assurance bei PWC Deutschland aus. Das Thema verankere sich immer stärker in der Gesellschaft – und es geht alle Unternehmen an. Unabhängig von den rechtlichen Regularien werde Nachhaltigkeit damit immer entscheidender für den Geschäftserfolg. „Höchste Zeit, sich mit den Chancen und Risiken auseinanderzusetzen“, sagt sie. Mit der Erkenntnis, dass eine nachhaltige Transformation keine wirtschaftliche Bedrohung darstellt, sondern sich damit durchaus auch Kosten sparen oder neue Geschäftsmöglichkeiten und Kooperationen erschließen lassen, fällt Unternehmen der Schritt, die eigenen Nachhaltigkeitsziele aktiv anzugehen, leichter. Gute Nachhaltigkeitsberichterstattung ist ein dauerhafter Prozess Dabei gilt es zunächst, genau zu schauen, wie es um die geforderten ESG-Nachhaltigkeitsaspekte im Unternehmen bestellt ist. In einem weiteren Schritt muss der eigene Beitrag zur Nachhaltigkeit in der Öffentlichkeit auch richtig kommuniziert werden. Doch wie sieht ein guter Nachhaltigkeitsbericht aus? Einige Unternehmen machen es bereits vor. Das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und die Unternehmensvereinigung Future bewerten in einem regelmäßigen Ranking, wie gut die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Deutschland funktioniert. Für das Jahr 2021 haben sie die Berichte von 62 Großunternehmen und 39 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) untersucht. Aufgrund der zuletzt deutlich gestiegenen Anforderungen wurden die Kriterien überarbeitet. Auf den ersten drei Rängen bei den KMU landeten die Nachhaltigkeitsberichte des Büromöbelherstellers Assmann, der Pure Taste Group (Lebensbaum) und dem Biogetränkehersteller Neumarkter Lammsbräu. Die Jury lobte eine detaillierte Berichterstattung sowie tiefe Einblicke in die Weiterentwicklung der Nachhaltigkeitsleistungen und hob hervor, dass die Angaben, die zu einer Einordnung der eigenen Leistungen in Anbetracht der zu erreichenden Ziele geführt haben, deutlich wurden. Als beste drei Berichte von Großunternehmen wurden die der Deutschen Telekom, der Rewe-Gruppe und Merck ausgewählt. Auch hier überzeugte eine anschauliche, umfassende Berichterstattung zu den erforderlichen Themen sowie Kennzahlensysteme, aufgrund derer es gelungen sei, die eigene Nachhaltigkeitsleistung messbar zu machen. Damit zeigt sich erneut, dass der Transparenz in der Berichterstattung ein hoher Stellenwert zukommt. Eine solche ist nicht nur erforderlich, um der Öffentlichkeit gegenüber nicht den Anschein des Greenwashings zu bieten, die transparente Berichterstattung ist „auch für Unternehmen selbst wichtig, um Lernprozesse zu initiieren und Impulse zur Weiterentwicklung des CSR-Reportings zu geben“, wie Lilian Tschan, Staatssekretärin im BMAS, anlässlich der diesjährigen Preisverleihung, sagte. Dabei wird deutlich: Ein guter Nachhaltigkeitsbericht sollte Negatives nicht verschweigen, sondern bei verfehlten Zielen die Ursachen benennen und konkrete Gegenmaßnahmen aufzeigen. Bei vielen anderen Nachhaltigkeitsberichten hat das IÖW zudem kritisch ausgemacht, dass ein umfassender strategischer Zugang zu allen wesentlichen Nachhaltigkeitsherausforderungen fehlt, wobei dies einigen KMU sogar besser gelinge. Häufig seien die Darstellungen zum aktuellen Status der bestehenden Ziele und zu den weiteren geplanten Schritten auf dem Weg zur Zielerreichung vage geblieben. Klar wird damit auch: HR kann nicht allein nachhaltig werden. Nachhaltigkeit erfordert ein dauerhaftes Umdenken in allen Bereichen. Das funktioniert nur, wenn das Zusammenspiel von sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Nachhaltigkeit gleichermaßen gelingt und breit im Unternehmen verankert wird. Dafür ist eine klare Nachhaltigkeitsstrategie unerlässlich. MEIKE JENRICH ist Juristin und freie Journalistin, lebt in Freiburg und schreibt über Rechtsthemen, die sie aus dem HRBlickwinkel immer wieder verständlich, informativ und unterhaltsam aufbereitet.

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==