Personalmagazin plus 7/2022

Corporate Social Responsibility ist in aller Munde. Die Richtlinie und ihre Umsetzung haben die Diskussion neu belebt, sie ist Motor der rechtlichen und letztlich auch ein Stück gesellschaftlicher Veränderung. Doch soziale Verantwortung haben nicht nur Unternehmen und ihre Stakeholder, sondern auch deren Zusammenschlüsse. Auch Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften müssen sich in all ihrem Tun ihrer Gestaltungsverantwortung stellen. Nun ist der Tarifvertrag – die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat es mehrfach betont – das ureigene Instrument des Handelns der Sozialpartner, er steht im Zentrum der Tarifautonomie. Umso mehr muss sich ein Tarifvertrag am Anspruch sozialer Verantwortung seiner Urheber messen lassen, und das gilt erst recht für den Weg dorthin: den Arbeitskampf. Wünschenswert, aber unmöglich? Diese Forderung kann ganz konkret werden, wie ein aktuelles Beispiel zeigt: Lehrer ist einer der anstrengendsten Berufe, die ich kenne. Und große Klassen machen vieles noch anstrengender – eben nicht nur für die Kinder. Die Forderung der Lehrergewerkschaft GEW: Kleinere Klassen! Richtig so, das ist dringend nötig. Nach den Forderungen der Gewerkschaft soll bei Grundschulen die Klassengröße auf 19 Kinder begrenzt werden, wohingegen bislang 26 Kinder pro Klasse möglich sind. Obwohl dieses Ziel so überaus wünschenswert ist, stellt sich die Frage, ob deswegen gestreikt werden kann. Berlins Regierende Bürgermeisterin sah den Warnstreik, zu dem die Gewerkschaft an Berliner Schulen aufgerufen hatte, kritisch. Franziska Giffey wies auf die ukrainischen Flüchtlinge hin, von denen 40 bis 50 Prozent Kinder und Jugendliche seien. Es brauche aktuell mehr Kapazitäten – und es sei eine Zeit des Lehrermangels. Also wie soll man dieses Ziel realisieren? Streiks nur in den Grenzen des Gemeinwohls Klar ist: Klassengrößen bestimmen die Arbeitsbedingungen von Lehrerinnen und Lehrern, und Arbeitsbedingungen können in Tarifverträgen geregelt werden. Deshalb können sie grundsätzlich auch erstreikt werden. Aber das StreikVon Gregor Thüsing Kein Arbeitsrecht ohne Gemeinwohl Die Sozialpartner tragen soziale Verantwortung. Die Tarifvertragsparteien müssen beim Ausfechten von Arbeitskämpfen und beim Abschluss von Tarifverträgen das Gemeinwohl beachten. Foto: Thekla Ehling Kanzleien im Arbeitsrecht 12 personalmagazin plus: Kanzleien 2022

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