Personalmagazin plus 12/2022

rung und Kostenminimierung Onlineberatung und -vertrieb explizit erwünscht sind, könnten sich auch vermehrt neue digitale Anbieter (Fintechs, Insurtechs et cetera) in Position bringen. Seitens der etablierten Versicherungsgesellschaften scheint das Interesse an PEPP in Deutschland aktuell noch recht gering zu sein. Als große Herausforderung werden oft die Kosten für Garantien beziehungsweise rechtliche Risiken im Zusammenhang mit alternativen Risikominderungstechniken im Basis-PEPP gesehen. Zudem sind die endgültigen Rahmenbedingungen in Bezug auf eine steuerliche Förderung noch offen. Während die PEPP-Verordnung direkt und unmittelbar EU-weit in Kraft tritt, sind steuerliche Aspekte durch die Mitgliedstaaten zu regeln. Vonseiten der EU wird eine bevorzugte Behandlung von PEPP gewünscht. Inwieweit die deutsche Finanzverwaltung beziehungsweise der Gesetzgeber in dieser Richtung jedoch aktiv werden, ist noch offen. Bislang sind die Rahmenbedingungen für die private Altersversorgung auf Riester-Produkte ausgelegt. Ob die Europarente vielleicht sogar einen Anstoß gibt, die Riester-Rente grundlegend zu reformieren, bleibt abzuwarten. Die Kritikpunkte an ihr belaufen sich auf die üblichen Schlagworte: zu bürokratisch, zu unflexibel und zu teuer. Forderungen nach einer RiesterReform gibt es zudem zuhauf. Die jüngere und international mobile Generation im Fokus Ähnlich wie auf Anbieterseite neue Fintechs und andere digitale Anbieter möglicherweise größeres Potenzial in PEPP sehen als traditionelle Versicherer, dürften sich auf Kundenseite entsprechend eher jüngere „Digital Natives“ als wesentliche Zielgruppe herausstellen. Rein onlinebasierte Beratung und Vertragsabschluss – ein Punkt, den Kritiker zuweilen skeptisch sehen – ist für eine Generation, die damit aufgewachsen ist, das Internet immer und überall als Smartphone in der Hand zu halten, sicherlich unproblematischer als für Ältere, die oftmals eher noch den Wunsch nach ausführlicher und persönlicher Beratung haben. Auch der Aspekt der EU-weiten Mitnahmefähigkeit und Flexibilität bei Ein- und Auszahlung hat mehr Relevanz für Personen, die europaweit mobil sind und möglicherweise über uneinheitliche Erwerbsbiografien verfügen. Durch die Veränderung der Arbeitswelt sind Ortswechsel über Landesgrenzen hinweg sowie wechselnde Phasen von Selbstständigkeit, Angestelltenverhältnis und Auszeiten heute keine Ausnahme mehr. Wechselwirkungen mit der bAV sind möglich Kurzfristig dürfte das Thema für einen deutschen Arbeitgeber im Regelfall keine allzu große Relevanz entfalten. Eine bestehende (oder gegebenenfalls auch neu einzuführende) betriebliche Altersversorgung ist unabhängig von der privaten Europarente. Gleichwohl sollten die diesbezüglichen Entwicklungen verfolgt werden, vor allem in Bezug auf mögliche Anpassungen der Rahmenbedingungen seitens des Gesetzgebers. Auch wenn PEPP erst mal nur die private Altersversorgung betrifft, sind Wechselwirkungen mit einem betrieblichen Altersversorgungssystem oder ein gewisses Informationsbedürfnis bei der Belegschaft denkbar. Angesichts der wohl eher jüngeren Zielgruppe kann das Thema gerade auch bei Bewerbern relevant sein. Ein Arbeitgeber, der ein umfassendes Bild seines eigenen Versorgungssystems und sinnvolle Ergänzungen dazu aufzeigt, kann sich von anderen Arbeitgebern abheben. Fazit: positiv – mit Hemmnissen Die Einführung von EU-weit mitnahmefähigen Altersversorgungsprodukten ist zu begrüßen. Wenn dadurch gleichzeitig auch die Digitalisierung durch den Einsatz entsprechender kostengünstiger Technologien gefördert wird, ist dies grundsätzlich ebenfalls positiv zu werten. Gleichwohl bestehen Hemmnisse. Nicht zuletzt sind hier die Fragen der steuerlichen Förderung der Europarente zu nennen. Trotz aller Kritik ist es für einen vorschnellen Abgesang auf PEPP zu früh. Erinnert sei daran, dass auch beim Sozialpartnermodell in den ersten Jahren sehr wenig passierte, zuletzt aber vielversprechende Verlautbarungen für erste Abschlüsse kommuniziert wurden. Generell ist Altersversorgung kein typisches Gebiet für schnelle Änderungen. Gerade in der jüngeren Generation könnte sich die Europarente auf längere Sicht jedoch bei geeigneter steuerlicher Begleitung als sinnvolle Ergänzung zu staatlicher und bAV durchsetzen. MICHAEL NAGEL ist Senior Manager bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Zentrale Aspekte von PEPP sind die EU-weite Mitnahmefähigkeit und ihre Unabhängigkeit von einer Beschäftigung. Betriebliche Altersversorgung 36 personalmagazin plus: bAV

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