Personalmagazin plus 11/2021

Arbeitswelten personalmagazin plus: Arbeitswelten 52 als sehr positiv. Die Monate April und Mai waren zudem sonnig und warm, was sicherlich zur guten Bewertung dieser neuen Erfahrung beitrug. Herausforderungen: Ergonomie und Kinderbetreuung im Lockdown Neben dem Anstieg der Homeoffice-Arbeit verursachte der erste große Lockdown zeitgleich einen umfassenden Shutdown von Prävention und Gesundheitsförderung in den Unternehmen. Vor-Ort-Maßnahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanage- ments (BGM) und der Betrieblichen Gesundheitsförderung (BGF) wurden umgehend gestoppt. Als Ersatz kamen Trainingsvideos und Kursprogramme über digitale Kanäle zum Einsatz. Die BGM-Branche, Fitnessstudios und Präventionsanbieter mussten quasi über Nacht neue Leistungen entwickeln oder bestehende Programme digitaltauglich machen. Letztlich führte die Corona- pandemie damit auch zu einem Digitalisierungsschub im BGM, der Gesundheitsförderung und der Prävention. Zum Einsatz kamen, neben Livestreams zu Fitnessübungen und Yoga, auch innovative Ideen zum digitalen Gesundheitstag, Resilienz-Coa- ching per Webmeeting oder die Arbeitssituationsanalyse zur gesundheitsförderlichen Gestaltung des Homeoffice. Für die Wissenschaft ergeben sich durch diese besondere Situation der Coronapandemie zahlreiche neue Forschungs- ansätze, so auch zu den Auswirkungen dieser umfangreicheren Homeoffice-Tätigkeit auf Körper, Psyche und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten um Homeoffice. Betrachtet man die Gesamt- heit aller Studien, so zeigen sich in Bezug auf Arbeitsleistung und Zufriedenheit unterschiedliche Bewertungen, was jedoch bei genauer Betrachtung insbesondere auf Beschäftigte mit beziehungsweise ohne Kinderbetreuung zurückzuführen ist. Eltern und insbesondere Alleinerziehende mit Kleinkindern oder mit schulpflichtigen Kindern gelang nur bedingt eine gute Organisation zwischen Familie und Arbeitstätigkeit. Zu groß waren die Ablenkungen und Arbeitsunterbrechungen aufgrund der Kinderbetreuung oder der Mitwirkung beim Homeschooling. Befragte, die solchen Situationen nicht ausgesetzt waren, be- werteten gerade die Arbeit im Homeoffice als produktiver, da sie ungestörter und insgesamt selbstbestimmter arbeiten konnten. Als positiv wurde von beiden Seiten der Wegfall beziehungsweise die Reduzierung der Pendelzeiten bewertet und damit auch die geringen Kosten. Eine Herausforderung stellt nach wie vor die Ergonomie zu Hause dar. Durch den plötzlichen Wechsel von vormals reiner Tätigkeit im Unternehmen ins Homeoffice war es kaum möglich, für entsprechende ergonomische Lösungen zu sorgen. Auswirkungen auf Fehlzeiten und Krankheitstage Welche Erkenntnisse konnten nun nach einem Jahr Coronapan- demie und zwei Lockdowns gewonnen werden? In den Sonder- auswertungen der Krankenkassen zum Arbeitsunfähigkeitsge- schehen 2020 zeigt sich, dass Corona massiv Einfluss genommen hat. So berichtet die Techniker Krankenkasse über einen Rück- gang der Erkältungskrankheiten, während im Gegenzug die psychischen Diagnosen wie Depressionen und Angststörungen zugenommen haben (TK, 2021). Beides lässt sich gut nachvoll- ziehen: Das Tragen der Maske und die Kontaktreduzierungen haben in vielen Fällen grippale Infekte und die „echte“ Grippe verhindert. Die Reduzierung der persönlichen Kontakte durch die Lockdowns, die verstärkte Homeoffice-Tätigkeit und die Ängste vor Infektionen, aber auch die Unsicherheit bezüglich der beruf- lichen Zukunft begünstigten das Auftreten oder die Verstärkung bereits vorhandener Depressionen und Angststörungen. Die DAK verzeichnete eine Zunahme der Fehltage aufgrund von Rückenschmerzen und Anpassungsstörungen. Auch sie be- stätigt eine Zunahme psychischer Erkrankungen, zu denen auch die Angststörungen gehören (DAK, 2021). Damit wird deutlich, dass trotz überwiegender Zufriedenheit mit der Homeoffice- Tätigkeit (TU Darmstadt, 2021) Herausforderungen mit Konse- quenzen für die Gesundheit bestehen. In diesem Zusammenhang ist eine Studie der Uni Bielefeld im Auftrag des Bundesgesund- heitsministeriums zur Gesundheitskompetenz der deutschen Bevölkerung interessant. Sie beschäftigt sich mit dem Wissen, der Motivation und den Kompetenzen von Menschen, relevante Gesundheitsinformationen in unterschiedlicher Form zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um im Alltag in den Bereichen der Krankheitsbewältigung, Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung Entscheidungen treffen zu können (modifiziert nach Sørensen et al., 2012, S. 3, modifiziert nach Pelikan/Ganahl, 2017, S. 94). Gesundheitskompetenz wird unabdingbar Ein hohes Maß an Gesundheitskompetenz ist gerade für Be- schäftigte im Homeoffice relevant, da sie auf sich selbst gestellt sind. Das Ergebnis der Studie zeigt, dass rund 59 Prozent der Arbeitsschutz im Homeoffice Betrachtet man die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel vom 5. Mai 2021, so ist mobiles Arbeiten eine Arbeitsform, die nicht in einer Arbeitsstätte gemäß § 2 Absatz 1 Arbeitsstät- tenverordnung (ArbStättV) oder an einem fest eingerichteten Telearbeitsplatz gemäß § 2 Absatz 7 ArbStättV im Privat- bereich des Beschäftigten ausgeübt wird, sondern bei dem die Beschäftigten an anderen beliebigen Orten tätig werden. Homeoffice, so die Arbeitsschutzregel, wird dabei als eine Form des mobilen Arbeitens betrachtet und ermöglicht den Beschäftigten, nach vorheriger Abstimmung mit dem Arbeit- geber zeitweilig im Privatbereich tätig zu sein. Demnach müssen Unternehmen in Abhängigkeit von dem Infektionsgeschehen zu gegebener Zeit Klarheit über die Tätigkeit im Homeoffice schaffen. Kann dieses für eine kur- zen Anteil der Arbeitszeit zur Bearbeitung von E-Mails oder Ähnlichem genutzt werden oder halten sich Beschäftigte dauerhaft für einen größeren Teil ihrer Arbeitszeit zu Hause auf? Je nach Nutzung ergeben sich damit auch Pflichten für die ergonomische Gestaltung des Homeoffice-Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber auf Basis des Arbeitsschutzgesetzes und der ergänzenden Regeln und Verordnungen. Foto S. 48: plainpicture/Katharina Bauer

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