Personalmagazin plus 11/2021
25 Trends brücken, buchen sie sich für zwölf bis 24 Monate in Flex Offices ein und lassen den alten Mietvertrag auslaufen. Über diesen „grauen Leerstand“ gibt es keine Erhebun- gen, man weiß lediglich, dass die Unter- vermietungen von 2019 auf 2020 in Berlin von zwei Prozent auf sechs Prozent der ge- samten Büroflächen angestiegen sind, was ein Marker für diesen Effekt sein könnte. Auch gibt es noch keine aktuellen Zahlen, wie sich die Anreize, die die Eigentümer den Mietern anbieten, im Vergleich zu den Vorjahren verändert haben: Wie viel mehr mietfreie Zeit, wie viel mehr Baukosten- zuschüsse werden gewährt? Anekdotisch betrachtet steigen diese Incentivierungen deutlich an, ein weiteres Zeichen für eine Veränderung des Markts. Wenn also die eine Arbeitsform und die dazugehörigen Orte die anderen Orte nicht eliminieren, sondern ergänzen, so dürfte der Flächenbedarf pro Mitarbeiter insgesamt steigen, wenn man die Flächen von Büro, Homeoffice, Working Café, Pendler-Hubs und ICE-Wagen summiert. Aber die originär von Unternehmen zur Verfügung gestellten Flächen, vor allem in Metropolen, werden pro Mitarbeiter weniger werden. Wie sich das auf die Bü- romärkte auswirken wird, ist völlig un- gewiss. Meine persönliche Einschätzung ist, dass wir einen deutlichen Büroflächen- überschuss erleben werden – ab 2023. Es wird kaum ein anderes Nutzungssegment in den Städten einer heftigeren Transfor- mation unterworfen werden als Büros. Bei Retailflächen dürfte es noch wilder wer- den, aber das ist eine andere Geschichte. Hybrid ohne Hybris Das Wort „hybrid“ hat den gleichen Ur- sprung wie Hybris. Hybris bedeutet Hochmut, Anmaßung. Es dürfte kein Zu- fall sein, dass die beiden Wörter, obwohl sie vom gleichen Wortstamm abgeleitet sind, in ihrer Bedeutung so unterschied- lich sind. Alle beschriebenen Phänomene über die Arbeitsorte der Zukunft sind nur für Wissensarbeiterinnen und Wissens- arbeiter relevant, für das gesamte Blue- Collar-Segment aber nicht. Für alle, die in Fabriken, Pflegeberufen und an Super- marktkassen arbeiten, sind diese Mög- lichkeiten schlicht unerreichbar. Und das ist nicht die einzige gesellschaftliche He- rausforderung, die diese Veränderung mit sich bringt. Wir sollten hybrid denken, ohne in Hybris zu verfallen. Nur mit einer gewissen Demut und dem Bewusstsein, dass alle in die Veränderung einbezogen werden müssen, kann es gelingen, die anstehenden gewaltigen Transformatio- nen menschenzentriert zu formen und Vorteile für die gesamte Gesellschaft zu erzeugen.
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