Morgen personalmagazin 09.24 50 Am Ufer des Lake Deepfake Im Frühjahr 2024 hat das britische Unternehmen Arup viel Geld eingebüßt, weil ein Mitarbeiter auf einen Deepfake reinfiel. Per Videoanruf hatte sich die Deepfake-Version seines Finanzchefs bei ihm gemeldet, die auf ihn wohl so täuschend echt wirkte, dass er ihr mehrere Millionen Euro überwies. Bereits zwei Jahre früher hatten die US-amerikanischen Sicherheitsbehörden vor Deepfakes im Recruiting gewarnt: Unternehmen auf der Suche nach neuen Remote-Mitarbeitenden berichteten von Video-Interviews mit Deepfake-Kandidatinnen und -Kandidaten, zusammengebastelt aus oftmals geklautem Video- und Audiomaterial. Manche sehen diese technologischen Betrügereien mit Sorge, andere geraten in helle Aufregung. Doch wenn die Zukunft neue Dimensionen der Täuschung bereithält, ist es eine Frage der Flexibilität, die Veränderung anzunehmen und sich frühzeitig anzupassen. Die folgenden drei Stadien der Akzeptanz können Sie auf diesem Weg unterstützen. Im Einzelnen sind dies: Einsicht, gepflegte Resignation und unerklärlicher Übermut. Und falls Sie sich nun fragen, ob Sie lachen möchten: Tun Sie es. 1. Einsicht: Wir lügen schon länger als jede KI Durchschnittlich lügt der Mensch 25 Mal am Tag. Einer anderen Studie zufolge sagen wir sogar 200 Mal täglich die Unwahrheit. Aber schon das ist anscheinend gelogen. Machen Sie sich klar: Der Mensch ist ein Lügewesen. Lug und Trug gehören zu unseren anthropologischen Kernkompetenzen, evolutionär gesehen unbedingt lohnenswert! Eine Technologie, die vor ein paar Jahren das Deepfaken für sich entdeckt hat, macht uns da nichts so leicht vor. Wir haben im Lauf der Jahrhunderte sogar verschiedene Formen der Lüge entwickelt: soziale Lüge, Notlüge, Zwecklüge, vorsätzliche Lüge, zwanghafte Lüge… Selbst paradox lügen können wir: Was, wenn ein Kreter sagt, dass alle Kreter lügen? Und wo wir schon bei Kretern und alten Griechinnen sind: Odysseus zum Der Papst fährt Skateboard und durchs Weltall schweben Katzen: Deepfakes verdrehen die Wahrheit, bis ihr schwindelig wird. Wo soll das nur hinführen? Für die Arbeitswelt wird da manchen angst und bange. Ihnen sei gesagt: Keine Panik. Resignieren Sie ein wenig, dann kann die Zukunft kommen. Beispiel hat seinen mörderischen Griechentrupp nur deshalb in die feindliche Stadt bekommen, weil er den Trojanern eine Story vom Pferd erzählt hat. Im Paradies hat die Schlange Eva belogen und die dann Gott, im Bewerbungsprozess lügen Jobsuchende die Unternehmen an (fast 60 Prozent laut einer Studie von 2023) und die lügen zurück (nennt sich Catfishing und macht laut Yougov-Umfrage von 2023 eins von drei Unternehmen). Der Mensch zettelt mit Lügen Kriege an und beendet sie wieder, erklärt ganze Kontinente, die ihm beim besten Willen nicht gehören, zu seinem Besitz und verkauft dreckige Dieselautos als „sauberer als sauber“. Das ist wahre Meisterschaft. Kann keine KI. 2. Gepflegte Resignation: in den Untiefen des Deepfakes Der Mensch, ein homo lügens. Wenn Sie zu dieser Einsicht gekommen sind, haben Sie die erste Reifestufe der Akzeptanz erklommen. Üblicherweise folgt nun eine Phase gepflegter Resignation. Denn angebliche Gewissheiten kommen ins Wanken: Wenn so vieles erstunken und erlogen ist, was ist denn dann überhaupt wahr? Anders gesagt: Welche Abweichung von der Realität ist noch nicht gelogen genug? Das Lächeln auf dem BewerbungsBilder: Reddit/Midjourney (KI-generiert)
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