Früher personalmagazin 09.24 50 braucht soziale Sicherheit. Soziale Sicherheit braucht Arbeit, von der man leben kann. Die Integration in den Arbeitsmarkt muss ein zentrales Ziel der Weiterentwicklung des Arbeits-, aber auch des Sozialrechts sein. Arbeit muss sich lohnen – und die Arbeit muss so gestaltet sein, dass sie dem Menschen dient. Es wird vielleicht nicht ohne Schweiß und Tränen gehen, aber alles ist zu prüfen, und nur das Gute sollte behalten werden. Die Modifizierung und Flexibilisierung des Arbeits- und Sozialrechts müssen in Angriff genommen werden, sicherlich behutsam, aber doch konsequent und ohne Furcht vor dem Druck derer, deren Blick allein auf die gerichtet ist, die Arbeit haben. Arbeitsrechtlicher Schutz auf dem Rücken derer, die den Weg in den Arbeitsmarkt nicht finden, ist kein Fortschritt in der sozialen Entwicklung, keine Errungenschaft, die zu verteidigen ist, sondern ein Schutzwall um die Gefilde der Seligen. Berücksichtigt dies das Arbeitsrecht heute hinreichend? Die Diskussion wird schnell konkret. Stichwort Mindestlohn, von dem viele Ökonomen glauben, er könnte, setzt man ihn zu hoch an, zu vermehrter Arbeitslosigkeit führen. Dennoch: Der Kanzler fordert 15 Euro. Ein solcher Mindestlohn ist vielleicht gar nicht so falsch, ja kann sogar zu begrüßen sein. Denn es geht ja letztlich um nichts weniger als den gerechten Lohn, der – so Papst Franziskus in der Enzyklika Evangelii Gaudium schreibt – erst „den Zugang zu den anderen Gütern [ermöglicht], die zum allgemeinen Gebrauch bestimmt sind“. Wem dies bewusst ist, für den kann das Leitbild der Vergütung nicht nur der wirtschaftliche Wert der Arbeit oder der zu erzielende Marktpreis sein; vielmehr muss die Vergütung auch den Arbeitnehmer als Menschen beachten. Seine Würde verlangt nach einer angemessenen Entlohnung, auch – in letzter Konsequenz – wenn der Wert der Arbeit für den Arbeitgeber dies nicht rechtfertigt. Olaf Scholz und der Heilige Vater scheinen also einer Meinung zu sein. Aber dennoch: Hier wird der Mindestlohn zum Spielball der Politik. Und das wäre nach der Erhöhung auf 13 Euro schon das zweite Mal. Präsident Biden hatte mit 15 Dollar minimum wage damals seinen Wahlkampf befeuert – und sie bislang nur für Adressaten öffentlicher Aufträge umgesetzt – und auch die Nouveau Parti Démocratique geht aktuell in den Wahlkampf mit der Forderung 15 Dollar – allerdings kanadische. Wie findet man eine gerechte Entlohnung? Wer bietet mehr, mag man sich also fragen. Man kann über den gerechten Lohn lange streiten. Im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg erhält jeder Knecht am Ende des Tages einen Denar, und mag er auch nur eine Stunde gearbeitet haben. Ein Denar entsprach dem, was ein Tagelöhner brauchte, um zu leben. Es ist damit auch ein Gleichnis vom gerechten Lohn. Nicht was ich erwirtschafte, sondern was ich brauche, gibt mir der Herr des Weinbergs als Lohn der Arbeit. Die Arbeit ist so zu entlohnen,
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