Personalmagazin 9/2024

Früher 18 personalmagazin 09.24 Manche Mythen basieren auf jahrzehntealten Traditionen, andere entstehen als vermeintlich zukunftsweisende Trends. Ihnen allen ist gemein, dass sie in der Praxis als „Best Practice“ gelten und daher nicht mehr hinterfragt werden. Im Folgenden werden weit verbreitete Überzeugungen und Praktiken der Personalarbeit als Mythen bezeichnet, die im Widerspruch zu fundierten Forschungsergebnissen stehen. Hier eine Auswahl: 1 Aus Erfahrung wird man klug – so sagt der Volksmund. Auf den ersten Blick ist man geneigt dem zuzustimmen, schließlich bietet die Erfahrung doch die Möglichkeit, aus eigenen Fehlern zu lernen, Arbeitsprozesse zu optimieren und Routinen aufzubauen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass im Bewerbungsprozess Personen mit langer Berufserfahrung besonders gerne gesehen werden und Stellenanzeigen für Führungskräfte kaum ohne den Hinweis auf langjährige Führungserfahrung auskommen. Leider unterstützt die Forschung diese Sichtweise nicht. Die Dauer der Berufserfahrung steht je nach zugrunde gelegter Metastudie in einem Zusammenhang von null bis sieben Prozent zur beruflichen Leistung. Erfahrene Führungskräfte unterscheiden sich in der Ausprägung berufsrelevanter Kompetenzen kaum von Novizen. Personen, die seit Jahren Personalauswahl betreiben, unterliegen in gleicher Weise systematischen Urteilsfehlern wie Personen, die zum ersten Mal in ihrem Leben Auswahlentscheidungen treffen müssen. Berufliche Erfahrung ist leider kein Garant für den Aufbau von Expertise. Die Erfahrung bietet den Betroffenen zwar die Chance, etwas zu lernen, diese Chance wird aber offenbar mehrheitlich nicht genutzt. 2 Wer in seinem Leben viele Menschen kennengelernt hat, dürfte früher oder später versucht sein, sich selbst für einen Menschenkenner zu halten. Irgendwann ist der kritische Punkt erreicht, von dem an andere Personen nach kurzer Interaktion oder auch nur nach dem Lesen eines Anschreibens vermeintlich treffsicher eingeschätzt werden können. Und manch einer bedarf nicht einmal einer solchen Erfahrung, sondern ist quasi von Natur aus ein geborener Menschenkenner. Was Menschenkenntnis im Kern bedingt, ist unklar. Vielleicht ist es so etwas wie Intuition, Bauchgefühl, eine göttliche Gabe oder schlicht das Ergebnis von Lernerfahrungen. All das spielt letztlich aber auch keine Rolle, solange sich die Betroffenen ihrer besonderen Befähigung sicher sind. Ein Blick in die Forschung zeigt, dass Menschen durchaus in der Lage sind, die Persönlichkeit anderer Personen auf der Basis geringfügiger Informationen einzuschätzen, leider gelingt ihnen dies aber nur äußert unvollkommen. Erkauft wird das machtvolle Gefühl der eigenen Menschenkenntnis mit einer Vielzahl Neun (und noch mehr) Mythen geistern weiterhin durch die Personalwelt. Der Überblick zeigt, was Sie nach 25 Jahren Personalmagazin eigentlich besser wissen müssten. Erfahrung ist der beste Ratgeber. M Y T H O S M Y T H O S Menschenkenntnis ist die beste Auswahlmethode.

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