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25 Recruiting WILHELM MÜLDER ist Professor für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach und leitet das GEMIT Institut für Geschäfts- prozessmanagement und IT. eine Kombination mit analogen Stellenanzeigen, beispielsweise in Zeitungen oder auf Plakaten ist möglich: Über einen QR-Code landet der Interessent bei der Anzeige. Video Recruiting: Unternehmen machen sich schick Über Video-Plattformen wie Youtube stoßen Stellensuchende auf Recruiting-Videos von Unternehmen, die dadurch ihre At- traktivität als Arbeitgeber steigern wollen. Im Vordergrund steht eine authentische Darstellung: Die kurzen Clips zeigen „echte“ Mitarbeiter an „echten“ Arbeitsplätzen. Videotelefonie wird für erste Kennenlerngespräche genutzt. Vorteil: Der Kandidat muss nicht anreisen und hinterlässt den- noch einen persönlichen Eindruck. Videos lassen sich außer- dem zur Persönlichkeitsanalyse im Rahmen von Auswahl- und Assessmentprozessen nutzen. Der Bewerber beantwortet be- stimmte Fragen, Sprache und Mimik werden aufgezeichnet und ausgewertet. Die Sprache wird in kleinste Einheiten zerlegt und auf linguistische Auffälligkeiten hin untersucht. Dabei geht es nicht um Inhalte, sondern um Sprachkonstruktion, Stimme, Tonlage und Unterbrechungen. Diese sollen Rückschlüsse auf unbewusste Anteile einer Person zulassen. Die Verfahren sind jedoch methodisch wie datenschutzrechtlich umstritten. Recrutainment: Jobsuche mit Unterhaltungswert Recrutainment kombiniert Informationsangebote rund um Be- werbung und Karriere (Recruiting) mit spielerischen, unterhalt- samen Elementen (Entertainment). Hauptsächlich richten sich diese Anwendungen an Schüler und Quereinsteiger, die noch keine konkreten Vorstellungen von den Anforderungen des beworbenen Jobs haben. Bei einem virtuellen Unternehmens- rundgang stellt beispielsweise Tchibo verschiedene Abteilungen und Jobmöglichkeiten für Berufseinsteiger vor. In kurzen Vi- deosequenzen präsentieren Tchibo-Mitarbeiter, die selbst erst seit kurzem im Unternehmen sind, ihren bisherigen Berufsweg und ihre Aufgaben. In einem Multiple-Choice-Quiz bildet das Modeunternehmen Peek & Cloppenburg typische Situationen im Arbeitsalltag eines Verkäufers ab. Interessierte können sich so einen ersten Eindruck von den beruflichen Anforderungen ma- chen. Ein ähnliches Format setzt auch die Commerzbank ein, um für die Berufsausbildung zur Bankkauffrau/-mann zu werben. Virtual Reality Recruiting: Eintauchen in virtuelle Welten Mit Virtual Reality (VR) können Jobsuchende in virtuelle (com- putergenerierte) Welten eintauchen – vom digitalen Nachbau realer Büroräume bis hin zur Fantasiewelt. Um sich möglichst realistisch in diesen 3-D-Welten zu bewegen, tragen Nutzer zumeist spezielle Brillen, sogenannte Head Mounted Displays. Interaktive Handlungen lassen sich mittels Datenhandschuhen oder 3-D-Maus simulieren. Im Recruiting lässt sich VR als Alter- native zu Karrierevideos oder Webseiten einsetzen. VR erzeugt – weil neu – höhere Aufmerksamkeit bei jungen, technikaffinen Bewerbern und hat somit positive Auswirkungen auf das Ar- beitgeberimage. Beispielsweise kann sich ein Bewerber virtuell durch die Büroräume seines potenziellen Arbeitgebers bewegen und mit zukünftigen Kollegen sprechen. Trojan Recruiting: Wechseln schmackhaft machen In Anlehnung an das Trojanische Pferd versucht diese Recrui- ting-Form, Jobangebote an Kandidaten zu übermitteln, die bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt sind. Im wohl bekanntes- ten Beispiel lieferte ein Pizzaservice im Auftrag einer Werbeagen- tur kostenlose Pizzen an die Mitarbeiter eines Wettbewerbers aus, wobei die Tomatensauce in Form eines QR-Codes auf die Karriereseite der Agentur verwies. Event Recruiting: Lockere Plauderei Neben klassischen Jobmessen für Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen, entstehen immer mehr Veranstaltungsformate, bei denen Spaß und Abenteuer im Mittelpunkt stehen. Ihre fachlichen und sozialen Kompetenzen sollen die Teilnehmer trotzdem unter Beweis stellen. Recruitern bieten die Events die Möglichkeit, zukünftige Mitarbeiter in lockerer Atmosphäre kennenzulernen. Anfangs begeisterten sich vor allem Software- entwickler und Medienexperten für solche Veranstaltungen, inzwischen gibt es sie auch für andere Berufsfelder. Bei „Hacka thons“, einer Art Wettprogrammieren, steht die kreative Soft- wareentwicklung mehrerer Teams im Vordergrund. In großen Hallen arbeiten die Teilnehmer einige Stunden bis mehrere Tage an einer Lösung. Das beste Ergebnis wird prämiert. In ähnlicher Form entwickeln bei Devcamps (Developer Camps) die Beteilig- ten in gemeinsamen Projekten etwas Neues. Beim sogenannten Jobshuttle handelt es sich um einen Bus, der eine Gruppe Stu- denten im Stundentakt einen Tag lang zu verschiedenen poten- ziellen Arbeitgebern bringt. Die Unternehmen stellen sich kurz vor, die Teilnehmer können sich direkt ihren zukünftigen Ar- beitsplatz anschauen. New Recruiting bietet zahlreiche Möglich- keiten, mit potenziellen Kandidaten ins Gespräch zu kommen. Doch welches Format am Ende überzeugt, entscheiden die Job- suchenden.
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