PM Plus Arbeitswelten 2019

Digitaler Arbeitsplatz 53 kommunizieren oder gemeinsam etwas zu basteln. Ein weiteres Element ist deshalb, dass wir auch die Möglichkeit nutzen, an den Wänden zu malen, so wie die Caveman, und das nicht nur mit Klebezetteln und Flipchart-Papier. Wir arbeiten sehr viel an der Wand. Wir haben hier zum Beispiel die Kanban-Boards der Teams. Es gibt aber immer einzelne Mitarbeiter die nicht vor Ort sind, sondern unterwegs oder imHomeoffice. Wenn Sie viel an der Wand arbeiten, wie schaffen Sie es, diese Mitarbeiter einzubinden? Wir haben dafür unterschiedliche Hilfsmittel, beispielsweise virtuelle Chatrooms, Slack oder Videotelefonie und Google Han- gouts. Da alle Meetingräume mit Webcams ausgestattet sind, können sich Teammitglieder, die im Homeoffice oder anderswo außer Haus sind, mit ihrem Computer dazuschalten. Muss man dann immer alles doppelt machen, digital und analog? In der Tat gibt es von manchen Boards eine physische Version und eine replizierte elektronische Version. Dafür benutzen wir Jira. Es lässt sich nicht immer vermeiden, dass man das mitei­ nander abgleichen muss. Außerdem verwenden wir virtuelle Whiteboards. Man steht an diesem Board und malt, kann Dokumente hochladen und hin- und herschieben, als würde man an einer echten Wand stehen. Die Person an der Gegenstelle sieht eins zu eins dasselbe und kann damit auch interagieren. Welche Veränderungen in Arbeitsprozessen und in der Ar- beitswelt sehen Sie, die imMoment von der Bürogestaltung noch schlecht aufgefangen werden? Wir verbringen den größten Teil unseres Lebens bei der Arbeit. Deshalb wird oft von Work-Life-Balance gesprochen, wobei ich lieber den Begriff Life-Balance verwende, denn die Arbeit ist Teil des Lebens. Was Büro-Spaces heute nicht abdecken, sind private Alltagsgeschäfte. Beispielsweise gibt es noch kaum Lösungen für den Fall, dass der Mitarbeiter private Onlinekäufe an den Arbeits- platz geliefert bekommt. Denn die meisten Arbeitnehmer sind zu den Paketlieferzeiten nicht zuhause. Es wäre einfach, Büros mit Postfächern oder Packstationen zu versehen, an denen die Mitarbeiter ihre Pakete aufgeben und abholen können. Viele Arbeitnehmer wünschen sich, dass das Arbeitsleben so gestaltet wird, dass man sich keine Sorgen machen muss, wenn man es mal nicht mehr zum Einkaufen schafft, weil die Geschäfte schon geschlossen haben. Wir brauchen also Möglichkeiten, die helfen, das Privatleben am Arbeitsplatz mit zu integrieren. Das heißt nicht, dass Leute mit Zahnbürste und Schlafanzug zur Arbeit kommen. Aber wer so viel im Büro „gefangen“ ist, sollte wegen Alltagsdingen keinem zusätzlichen Stress ausgesetzt sein. Wenn man die Arbeit mit nach Hause nimmt, sollte man auch das Private mit zur Arbeit nehmen dürfen? Richtig. Es gibt Leute, die würden sagen, dass dann niemand mehr nach Hause gehen würde, es keine Trennung mehr zwi- schen Arbeitsleben und Privatleben gäbe. Aber ich glaube nicht, dass das der Fall sein wird. Manche Menschen nehmen die Arbeit mit nach Hause. Punkt. Andere kommen nur in die Arbeit, um Geld zu verdienen. Hat die Raumgestaltung direkten Einfluss auf unsere Ar- beitsweise? Die Raumgestaltung hat erstmal sehr viel damit zu tun, wie wir uns fühlen. Sie beeinflusst natürlich unser Wohlbefinden aber auch unsere Weltanschauung. Nicht umsonst sind die Fenster in der Kirche bunt gestaltet. Das soll etwas vermitteln und eine bestimmte Stimmung erzeugen. Aber es ist ein weit verbreite- ter Irrtum, dass man nur ein Fantasialand oder ein typisches Silicon-Valley-Büro braucht, und schon sind die Leute plötzlich ganz anders unterwegs. Ich kenne Beispiele von Unternehmen, die sich sehr schöne neue Büros eingerichtet haben, letztendlich darin aber sehr klassisch gearbeitet wurde. Und im Gegensatz dazu kenne ich Firmen, die in sehr „cleanen“ Büros und in einer ruhigen Atmosphäre ein hohes Wohlbefinden für die Mitarbei- ter schaffen. Allein die Raumgestaltung macht es nicht aus, es braucht auch die richtige Kultur. Welche Probleme und Hürden sind auf dem Weg zu einem digitalen Arbeitsplatz noch zu überwinden? Die Hürden sind nur in den Köpfen. In den Köpfen von Geld- gebern, Sicherheitsleuten und Brandschutzwächtern, aber auch in den Köpfen der Mitarbeiter. Tatsächliche Hürden gibt es keine. Es ist immer eine Frage vom Kosten-Nutzen-Verhältnis und gleichzeitig etwas, das man nicht messen kann. Welchen Effekt das auf die Arbeitsmoral, auf die innere Einstellung hat, kann man nicht messen. Schön ist es, wenn man eine Geschäftsleitung hat, die sagt: „Setzt euch als Arbeitsgruppe zusammen und über- legt euch ein Raumkonzept.“ Wenn dann alle dabei sind, die ir- gendwie damit zu tun haben, dann funktioniert das sehr gut. Sudan Jackson ist Kulturbotschafter bei Rewe Digital in Köln und beschäftigt sich mit neuen Methoden und Arbeitsformen.

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