PM Plus Arbeitswelten 2019
Best Practice 51 Telefonanruf geht – solange die Mitarbeiter einfach und spontan auf einen Rückzugsraum zugreifen könnten, sei das Thema Datenschutz überhaupt kein Problem. „Dass HR- und Finanz- abteilung abgeschottet hinter Wänden liegen müssen, ist eine ziemlich altmodische Denkweise – das ist schlicht und einfach nicht nötig”, sagt Daniel Brecheis, Leiter der HR-Abteilung bei Steelcase. Nachsteuerung inbegriffen: Mitarbeiter und Sensoren zeigen, wo Bedarf ist Aber gibt es wirklich gar keine Nachteile bei einem solchen Kon- zept? Gab es im Vorfeld keine Bedenken? Tatsächlich seien nicht alle Mitarbeiter von Anfang an begeistert vom neuen System ge- wesen, gibt Fabian Mottl zu: „Für jemanden, der beispielsweise 20 Jahre in einem anderen Unternehmen in einem Einzelbüro gearbeitet hat, ist es bestimmt etwas schwierig.“ Auch emotionale Aspekte spielten eine Rolle – zum Beispiel, dass die Mitarbeiter ohne festen Arbeitsplatz nicht mehr ein Bild von der Familie auf dem Schreibtisch stehen haben können. Aber nach einer be- stimmten Umgewöhnungszeit überwögen bei den Angestellten die Vorteile, sagt Mottl. Dies zeige sich auch bei regelmäßigen Befragungen, die Steelcase unter seinen Mitarbeitern durchführe. Zudem steuere das Unternehmen ständig nach, wenn sich eine Situation als doch nicht so positiv bewährt habe. Auch in diesen Prozess seien die Mitarbeiter eingebunden und dürften ihre Kritik jederzeit vorbringen. Zudem überprüfe das Unternehmen mit technischen Hilfsmitteln, inwiefern die verschiedenen Arbeits- bereiche angenommen werden oder nicht. Sensoren, so erklärt Fabian Mottl, stellten zum Beispiel fest, wie oft und wie lange die Angestellten bestimmte Räume nutzen, selbstverständlich ohne dabei personenbezogene Daten zu erfassen, betont er. Die Umstellung braucht etwas Zeit: Die Mitarbeiter müssen einbezogen werden Insgesamt, so ist die Erfahrung von Steelcase, braucht die Um- stellung auf Open Spaces und nicht fest zugeordnete Schreib- tische etwas Zeit – insbesondere bei Teams, die an eigene Räume und Schreibtische gewöhnt sind. Ein guter Change-Manage- ment-Prozess und ein zielgerichtetes Raumkonzept seien hierbei unerlässlich. Dazu sollten zunächst die Führungskräfte und das mittlere Management ins Boot geholt und überzeugt werden, rät das Unternehmen. Anschließend müssten die Führungskräfte ihren Teams in einem offenen Gespräch erklären, warum Ver- änderungen stattfinden und wie das neue Raumkonzept dazu beiträgt, noch mehr Freiheiten als bisher zu bieten. Egal, ob in Workshops, formellen Besprechungen oder in Einzelgesprächen – am besten sei es, von Anfang an Mitarbeiter aller Hierarchie- ebenen einzubeziehen und Feedbackschleifen einzurichten, meint Steelcase. Am Anfang sei es zudem wichtig, in erster Linie zuzuhören und den Bedarf zu erfassen, statt den Mitarbeitern feste Lösungsvorschläge zu präsentieren. JELKA LOUISA BEULE kennt als freie Journalistin viele Raum- konzepte ihrer unterschiedlichen Auftraggeber. Sie selbst arbeitet am liebsten konzentriert im Homeoffice, schätzt aber auch den informellen Austausch in den Redaktionsbüros. „Die Denkweise, dass die HR- und die Finanzabteilung abgeschottet hinter Wänden liegen müssen, ist ziemlich altmodisch. Solange die Mitarbeiter auf einen Rückzugs raum zurückgreifen können, ist der Datenschutz über- haupt kein Problem.“ Daniel Brecheis, HR-Director Steelcase
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