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PERSONALRISIKEN
Achtung, Personalrisiko!
TREND. Menschen machen den Unternehmenserfolg. Oft aber haben Personaler
die Risiken, die daraus folgen, gar nicht im Blick – oder bestenfalls sporadisch.
S
chon 2002 hat das Personalmaga-
zin beimInkrafttreten des Kredit-
vergabereglements Basel II auf
die Bedeutung der HR-Risiken
hingewiesen. EU-Richtlinien verlangen
seither, dass bei Bankfinanzierungen
auch Personalrisiken ins Unternehmens-
rating einfließen. Das war eine Reaktion
auf dramatische Unternehmenskrisen
und sollte zu einem Frühwarnsystem
beitragen. Doch bis heute ist dies nur
selten mit System gelebte Praxis. Die ge-
setzlichen Vorschriften werden erfüllt,
doch die Unternehmen haben das The-
ma Personalrisiken nicht systematisch
im Betriebsalltag aufgegriffen.
Wie Risikoexperte Jean-Marcel Kobi
erklärt, gibt es kaum einen Unterneh-
mensbereich, „in dem mit weniger Sys-
tematik und Professionalität höhere
Risiken eingegangen werden“. Denn das
größte Risiko sei der Mensch: „Es gibt
keine Risiken, die nicht direkt oder indi-
rekt von Menschen verursacht werden.“
Im Verhältnis zu anderen Unter-
nehmensrisiken müssten die Perso-
nalrisiken also eigentlich am meisten
Aufmerksamkeit bekommen. In einer
Studie von „The Conference Board“,
die die Forscherinnen Ellen Hexter und
Mary Young durchführten, erreichen
sie Platz 4 von 11 unter allen Unterneh-
mensrisiken (siehe Interview ab Seite
14). Das reicht nicht aus. Betrachtet man
die Kosten, die nicht beachtete Personal-
risiken veursachen können, ist das eine
geradezu fatale Fehleinschätzung. Die
unten aufgeführte Rechnung zeigt, dass
schnell Kosten in Millionenhöhe entste-
hen. Aber auch diese Zahlen, erklärt Ko-
bi, werden meist unterschätzt.
Dabei sind die Personalrisiken eigent-
lich prädestiniert dazu, in ein Frühwarn-
system integriert zu werden. Denn sie
„sagen über die künftige Performance
des Unternehmens wesentlich mehr
aus als die momentanen finanziellen
Ergebnisse“, sagt Kobi. „Werden Risiken
frühzeitig erkannt, können sie präventiv
angegangen werden.“ Wie Sie diese Auf-
gabe anpacken, erklärt der Risikoexper-
te ab Seite 19.
Frühwarnung: Personal-Risiko-Index
Ein Instrument, das Personaler künftig
zusätzlich in ein Frühwarnsystem ein-
binden können, ist der Personal-Risiko-
Index (PRI). Dahinter steckt eine Studie,
die das Personalmagazin zusammen
mit der Ludwig-Maximilians-Universi-
tät München und Sage HR initiiert hat.
Personalverantwortliche werden dazu
befragt, wie sie die fünf Hauptrisiken im
Personalbereich einschätzen: Wie groß
ist das Risiko, Mitarbeiter zu verlieren,
sie gar nicht erst zu gewinnen, sie nicht
richtig zu qualifizieren, ihre Motivation
zu verlieren oder durch sie bewusst her-
beigefügten Schaden zu erleiden? Die
ersten exklusiven Ergebnisse lesen Sie
ab Seite 16. Nur so viel vorab: Derzeit
liegt der Gesamtindex bei 4,09 von zehn
Punkten – also ein mäßiges Risiko. Noch
ist Zeit zum Handeln.
Dass wir mit dieser Personalmagazin-
Ausgabe noch einmal aufrütteln können
und das Thema Personalrisiken auf der
HR-Agenda nach oben wandert, bleibt
zu hoffen. Die große Zahl von fast 1.500
Teilnehmern bei der PRI-Studie zeigt
aber, dass das Thema durchaus auf
fruchtbaren Boden fällt. Auch darum ist
schon jetzt klar, dass der PRI noch weiter
ausgebaut wird.
Von
Kristina Enderle da Silva
(Red.)
Die monetäre Dimension von Personalrisiken
Beispielrechnung für einen Betrieb mit 5.000 Mitarbeitern, 300 Millionen Euro Lohnsum-
me, 500 Neueinstellungen pro Jahr und zehn Prozent Fluktuation
Quel le: J. M. Kobi & Partner
Verbesserung Rekrutierungsqualität (20 Prozent statt 33 Prozent Flops)
4 Millionen
Reduktion Fluktuation von 10 auf 5 Prozent (1 Prozent = 1 Prozent der Lohnsumme)
15 Millionen
Reduktion Innere Kündigung um 4 Prozent (= 1 Prozent der Lohnsumme)
3 Millionen
Reduktion Absenzen 1 Prozent (= 1 Prozent der Lohnsumme)
3 Millionen
Verbesserung Commitment um 5 Punkte (1 Punkt = 1 Prozent)
15 Millionen
Total in Euro
zirka 40 Millionen