Geräte noch nicht bekannt sind. Nach dieser detaillierten Evaluierung können wir den Umfang und die Kosten des Projekts genau definieren, da eine exakte Kostenschätzung zu Beginn des Projekts oft nicht möglich ist“, beschreibt El-Meligi die Vorgehensweise. Für den Kunden sind unter anderem die Zugänglichkeit und Erreichbarkeit der Technologie sowie die Logistik rund um die VR-Brille – deren An- und Rücklieferung, Wartung, Aktualisierung der Geräte sowie Inhalte auf mehreren Geräten – zu berücksichtigen. Aufgrund dieser Herausforderungen entscheiden sich viele Unternehmen für browserbasierte Lösungen, die auch 3D-Technologien unterstützen können. Hinzu kommt die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI), die die Effizienz steigert, aber gleichzeitig die Komplexität erhöht. El-Meligi warnt davor, bei der Umsetzung zu sehr auf die Kosten zu schauen. 500.000 Euro für eine VR-E-Learning-Plattform kommen schnell zusammen, um Inhalte aufzubereiten, Analysetools zu integrieren und das UX-Design ansprechend zu gestalten. Die Konzeptphase dauert in der Regel sechs bis acht Wochen, die eigentliche Produktion einer Plattform drei bis sechs Monate. Ein großes Thema sei auch die IT-Sicherheit, sowohl bei personenbezogenen Daten oder auch bei Firmengeheimnissen, die möglichst vor der Konkurrenz verborgen bleiben sollen. Dies ist auch ein Grund, warum Unternehmen zum Beispiel bestehende Spatial-Plattformen, die in den USA gehostet werden, nicht nutzen können. Ein Marktplatz für immersives Lernen Der Trend zu Online-Lernplattformen hat auch das immersive Lernen erfasst. Vorreiter in Deutschland ist der Tüv Süd. Bereits seit 2016 bietet er XR-Trainings an, vor allem für Schulungen in Gefahrensituationen. Seit April können Kunden die „Immersive Virtual Expert Experience“ (ivee) über eine Tüv-eigene OnlineLernplattform buchen. Das Angebot umfasst unter anderem ein VR-Kranführertraining, eine VR-Schaltanlagensimulation, einen VR-Prüfsimulator für elektrische Maschinen, ein VR-Erste-Hilfe-Training zur Herz-Lungen-Wiederbelebung und vieles mehr. Mit dem Angebot reagiere man auf die steigende Nachfrage, heißt es beim Tüv Süd. Demnach haben bereits mehr als 4.000 Teilnehmende die VR-Trainings absolviert, die teilweise auch als Desktop-Variante zur Verfügung stehen. Auch 360-Grad-Touren und Serious Games werden auf der Plattform angeboten. Kaufen Kunden eine Lizenz, erwerben sie damit ein Nutzungsrecht für ein Jahr, erklärt Laura Beck, Business Line Manager Online beim Tüv Süd, die Vorgehensweise. „Wir arbeiten mit sogenannten Hot-Seat-Lizenzen“, sagt Beck. Damit kann jeweils nur eine Person zur gleichen Zeit mit der VR-Brille das Training absolvieren. Wie viele Personen das Training insgesamt durchlaufen, ist aber nicht begrenzt. Sie müssen es nur nacheinander machen. Eine ganze Gruppe zu beteiligen, ist aber dennoch möglich. Etwa indem eine Person mit dem VRHeadset trainiert und die anderen am Bildschirm verfolgen, was vor sich geht. „Damit haben wir in unseren Trainingscentern, die die Plattform ebenfalls nutzen, bereits gute Erfahrungen gemacht“, sagt Laura Beck. „Wir koppeln das Bild aus der Brille mit dem Bildschirm und die Gruppe im Raum sieht, was passiert. So erreicht man auch diejenigen, die beim VR-Training ein bisschen zurückhaltender sind und erst einmal verstehen wollen, was da passiert.“ Ein weiterer Vorteil: Ein Trainer kann die Übenden anleiten und das Geschehen erläutern. Die Technologie ist mittlerweile so weit entwickelt, dass sie sogar Eyetracking oder einen partiellen Passthrough ermöglicht. Damit lassen sich die Augenbewegungen des Trainierenden nachvollziehen und seine Hände in der virtuellen Welt sehen. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn ein im Kurs erworbener Abschluss durch die Berufsgenossenschaft anerkannt werden soll, wie es beim Kranführertraining der Fall ist. Die Lernenden arbeiten dabei nicht nur mit der VR-Brille, sondern auch mit einer realistisch nachgebildeten Kransteuerung in der Hand. Mit der neuen Online-Lernplattform können auch kleine und mittlere Unternehmen vom technisch anspruchsvollen Lernen mit Extended Reality profitieren, ohne sich mit hohen Investitionen belasten zu müssen. Die Lizenzen sind aktuell zwischen 300 Euro für eine Schaltanlagensimulation am PC und 4.500 Euro für ein VR-Training zur Baustellensicherheit erhältlich. Eigene Server sind dafür nicht mehr notwendig. Die Anwendungen sind über die Plattform zugänglich und können bei ausreichender Bandbreite des Netzwerks direkt aus der Cloud auf das VR-Headset gestreamt werden. Selbst die Anschaffung und Wartung der Headsets entfällt. Die 3D-Brillen können von einem Partner des Tüv Süd zur Verfügung gestellt werden. Der Fokus des Angebots liegt auf Inhalten, die skalierbar sind, auf Szenarien, die häufig vorkommen und die man in vielen Settings braucht. „Die produzieren wir in einer sehr hohen Qualität“, sagt Laura Beck selbstbewusst. Die Lernplattform, auf der die Kurse angeboten werden, ist eine offene Plattform für immersive Lern-Apps, wie der Tüv Süd bestätigt. Die eigenen Experten kuratieren das Angebot, das auch von Hochschulen, Berufsschulen oder anderen Unternehmen entwickelte Anwendungen enthalten kann. KI macht VR persönlich Die Zukunft, davon sind Experten wie Alexander El-Meligi überzeugt, gehört der Kombination von Künstlicher Intelligenz und XR, die insbesondere das personalisierte, adaptive Lernen vorantreibt. „Die Kombination von adaptivem Lernen und räumlichen Technologien eröffnet unglaubliche Potenziale und stellt eine neue Dimension des Lernens dar“, sagt der Geschäftsführer von Demodern. Es gibt bereits Plattformen, die sich zunehmend in diese Richtung entwickeln. Seine Firma baut gerade eine App, mit der man sich wie „ganz normal“ mit der KI unterhalten könne. „Das funktioniert sehr gut“, sagt El-Meligi. Auch die technische Weiterentwicklung von VR-Headsets wird XR vorantreiben. Schon kurzfristig könnten VR-Baukästen für webbasierte Metaverse-Plattformen, die nicht einmal VR-Headsets benötigen, um zumindest am Bildschirm per Avatar an einem Training teilzunehmen, die Kosten und die Einstiegshürde senken. 87 Digitalisierung
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