Personalmagazin - Neues Lernen 3/2024

Gastkommentar 10  Werden Sie ein Matchmaker! A lltag in der Personalentwicklung: Ein interner Kunde hat Probleme mit seinen Mitarbeitenden und sucht Hilfe bei HR. Er schildert, was warum nicht funktioniert und was er verändern möchte. Er fordert zum Beispiel eine Mitarbeiterentwicklung ein. Die Aufgabe des Personalers war es dann bisher, das Anliegen des Kundensystems präzise zu beschreiben und klare Ziele zu definieren – die Auftragsklärung als detaillierter mechanistischer Prozess. Doch dabei findet gerade ein Paradigmenwechsel in HR statt: weg vom genauen Verstehen, Beschreiben und Weitergeben des Kundenwunsches mit der Personalentwicklung als Vermittler hin zur Auftragskonstruktion durch Herstellung einer gemeinsamen Bedarfswirklichkeit im Zusammenspiel Auftraggeber (kundig im Arbeitssystem) und HR (kundig im Spektrum der Lösungsmöglichkeiten). Es geht also um eine Verschiebung, die von einem eher mechanistischen zu einem interaktiven Ansatz führt. Wozu? Bei der Auftragskonstruktion treten interne Auftraggeber und Personaler als gleichberechtigte Partner auf. Beide Seiten bringen ihre Expertise ein. Der Kunde ist Experte für sein Problem, der Personaler Experte für verschiedene Ansätze und Konzepte, wie welche Kundenprobleme sinnvoll bearbeitet werden können. Im gemeinsamen Aushandeln der Wahrnehmung zum Anliegen wird das Thema für den Auftrag konstruiert. Diese Art der Zusammenarbeit führt zu einer gemeinsamen Wirklichkeit, in der Wahrnehmungen miteinander abgeglichen und Bedeutungszuschreibungen gemeinsam erforscht werden. Ein beratender Personaler erkundet zum Beispiel, was der Kunde bereits selbst probiert hat oder wann das Bedarfsempfinden im Zeitverlauf verstärkt auftrat. Das ist ein Vorgehen, das den dynamischen und konstruktiven Aspekten moderner Arbeits- und Beratungsumgebungen gerecht wird. Personalentwickler sind dadurch stärker gefordert, über ihre internen Kunden, deren organisationale Herausforderungen und Bedürfnisse gut informiert zu sein, wie auch über fundierte Kenntnisse in der Auftragskonstruktion zu verfügen. Voraussetzung für eine gelingende Auftragskonstruktion ist neben der Fertigkeit des aktiven Zuhörens, das Wissen über die Existenz verschiedener Beratungsansätze, deren Inhalt, Bedeutung und Funktion sowie darüber, welche der externen Berater über welche Beratungskompetenzen verfügen. Konkret: Bei dem Kunden, der eine Mitarbeiterentwicklung wünscht, könnte in der gemeinsamen Wirklichkeitskonstruktion deutlich werden, dass zuerst ein Führungskräftecoaching hilfreich wäre. Die gemeinsame Auftragskonstruktion erhöht die Akzeptanz des Kunden für alternative Lösungsvorschläge. Der Personaler kann den Kunden und passenden externen Berater matchen. Die Entwicklung von der Auftragsklärung zur Auftragskonstruktion markiert einen entscheidenden Schritt in der Weiterentwicklung der Personalentwicklung. Der moderne Personalentwickler agiert als effektiver Matchmaker: nach innen, indem er zusammen mit dem Kunden das Thema konstruiert, nach außen, indem er das Thema mit externen Partnern synchronisiert. Auf diese Weise unterstützt er die erfolgreiche Gestaltung von Entwicklungsprozessen in Organisationen. neues lernen – 03/2024 DR. SUSANNE GÜ NTHER ist Beraterin für Veränderungsprozesse im Lernkontext. Mit LeavaConsulting unterstützt sie Unternehmen darin, zur lernenden Organisation zu werden. MICHAEL RICHTER ist freiberuflicher Berater von Einzelpersonen, Teams und Organisationen und hat 15 Jahre als interner Personaler zahlreiche Auftragskonstruktionen begleitet.

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