Personalmagazin - Neues Lernen 3/2023

46 neues lernen – 03/2023 was noch machbar wäre. Dabei kommen auch Rollenspiele zum Einsatz, in denen reale Situationen durchgespielt werden, um darauf aufbauend konkrete Handlungsoptionen sowie Handlungen abzuleiten. „Was passiert, wenn…?“ Eine zentrale Frage hier: Welche Konsequenzen kann eine gewisse Handlung real haben? Im Fokus steht es, Klarheit zu finden, Sicherheit zu schaffen, Ängste anzugehen und zu lösen, sowie Wachstum zu fördern. Auch und vor allem, wenn es schwierig wird. Im „War for Talents“ wird viel Geld ins Recruiting gesteckt, und auch Gehälter sind flexibel anpassbar, wenn man diese eine Person unbedingt haben will oder besser formuliert „sie braucht“. Ist jedoch erst einmal eine Kandidatin oder ein Kandidat gefunden und hat diese oder dieser unterschrieben, war es das oftmals mit der Aufmerksamkeit. Die oder der Neue wird allein gelassen. Die Folgen sind das, was dem CIO passiert war, der den Vorstandschef so verstimmt hatte. Er war seine neue Rolle und die damit verbundenen Aufgaben nach bestem Wissen und Gewissen angegangen, und war damit – ohne es zu wissen – seinem Vorstandschef auf die Füße getreten. Zu seiner Entschuldigung: Niemand hatte ihm wirklich deutlich gesagt, was von ihm erwartet wurde. Da musste sich dann auch der Vorstandschef an die eigene Nase fassen, wie er im Coaching herausfand. Er hatte niemals mit dem neuen CIO transparent und im Detail über seine Erwartungen und die Ziele des Unternehmens gesprochen. Seine ehrliche Aussage: „Irgendwie sind wir alle optimistisch davon ausgegangen, dass der das schon packt.“ Top-Management als eigener Kosmos Fakt ist: C-Level ist eine ganz eigene Welt, und kein Top-Management gleicht dem anderen. Und genau darum ist selbst bei einem Wechsel von einem ins andere C-Level nichts wie es einmal war. Leider wird das fast immer vergessen – auf beiden Seiten. Als Top-Manager steht man an der Unternehmensspitze. Während die Mitarbeitenden selbst Ergebnisse bringen und erreichen sollen, ist eine Führungskraft im mittleren Management vor allem dafür verantwortlich, seine Mannschaft zu führen und den Rahmen zu schaffen, dass diese Ergebnisse möglich sind. Im Top-Management hingegen ist die Kernaufgabe die, das Unternehmen als Ganzes zu führen. Was bedeutet, Wissen und Know-how aller Beteiligten zu orchestrieren. Es geht darum, Beziehungen zu knüpfen, Strategien zu entwickeln, Machen zu ermöglichen. Und das bedeutet Einfluss zu nehmen und politisches sowie taktisches Kalkül einzusetzen. Zusammengefasst die vier wichtigsten Aufgaben an der Spitze: R Veränderungsprozesse gestalten und führen, R schwierige Entscheidungen (unter Druck und Unsicherheit) treffen, R Komplexität managen, R Sicher und souverän führen trotz politischer Spielchen und dem Einfluss von Politik. Die (Arbeits-)Welt ist, wie sie ist: nicht planbar, überraschend und sie dreht sich gefühlt immer schneller. Ansprüche an Führungskräfte und vor allem an das Top-Management nehmen rasant zu. Es gilt nicht, die eine Krise zu meistern, sondern heute gilt es, verschiedenste Krisen parallel zu lösen: kriegerische Auseinandersetzungen, Pandemien, Inflation, unterbrochene Lieferketten und fehlendes Material – und die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Unsicherheit und Planlosigkeit wecken den Wunsch nach Sicherheit. Ein Executive Coach kann diese nicht garantieren, jedoch Top-Manager dabei unterstützen, sie in sich selbst zu wecken. Faktor Menschlichkeit Es geht darum, als C-Level innere Sicherheit zu finden, auch wenn im Außen die Unsicherheit immer mehr zunimmt. Da– rauf aufbauend gilt es zu führen, Vorbild zu sein und die besten Entscheidungen für ein Unternehmen zu treffen. Es ist wichtig, weiterzugehen, einen Kurs vorzugeben und Verbindlichkeit in Bezug darauf zu geben, dass man bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Und das für mittlerweile wirklich viele Themen. Denn als wenn die eben genannten Themen nicht schon herausfordernd und tagesfüllend genug wären, kommen dann noch Dinge wie der Fach- und Führungskräftemangel, Change– management, die Digitale Transformation et cetera. hinzu. Alles Dinge, bei denen neben dem rational, klugen, analytischen sachlichen, fachlichen Verständnis – also der Professionalität beziehungsweise professioneller Führungskompetenz – vor allem auch der Faktor Menschlichkeit zunehmend eine bedeutsame Rolle spielt, will man die Führungskräfte zu Veränderungen, zum Bleiben, zumMitdenken und -machen bewegen. Und genau darum werden empathische Fähigkeiten immer mehr zu einem relevanten Kriterium, das über den Erfolg im C-Level entscheidet. Aufgabe ist es, die Menschen zu erreichen, sie zum Mitdenken zu motivieren. Und das geht nur, wenn man den anderen „versteht“. Carl Rogers, Mitbegründer der Humanistischen Psychologie, sagte dazu einmal: „Empathisch sein, GUDRUN HAPPICH ist Diplom-Biologin, Unternehmerin und seit mehr als 25 Jahren Executive Coach. Ihre Erfahrungen teilt sie als Buchautorin, Bloggerin und Podcasterin. Ihr Buch »Herausforderungen im Führungsalltag« erhielt im Jahr 2021 den getAbstract Readers’ Choice Award. Ihr aktuelles Buch heißt »C-Level: Im Top-Management erfolgreich werden, sein und bleiben«.

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