Personalmagazin - Neues Lernen 3/2023

44 neues lernen – 03/2023 Was einen guten Coach ausmacht R Ein guter Coach sagt niemandem, was das Richtige ist. Er ermutigt sein Gegenüber dazu, vorhandenes Wissen effektiver zu nutzen und weiter auszubauen. R Er ist professionell neutral(Achtung: nicht emotionslos). R Er versteht sich als Dreigestirn aus Mentor, Sparringspartner und Executive Coach. R Er sieht sich in der Pflicht, gemeinsam mit der Klientin oder dem Klienten, die optimale und beste Lösung für diese oder diesen zu finden. R Er verhilft der Klientin oder dem Klienten, alle Perspektiven einzunehmen. R Er ist empathisch, kann sich in die Rolle des Gegenüber hineinversetzen und dennoch neutral verschiedene Aspekte dieser Rolle beleuchten. R Er unterstützt dabei, die wirklichen Beweggründe des Gegenübers für sein Handeln zu erforschen. Das Warum zu finden. R Ein guter Coach geht im Gespräch auf drei Ebenen ein: Kopf, Verstand und Werte. R Ein guter Coach unterstützt, fundierte und nachhaltige Entscheidungen zu treffen, die Hand, Fuß und Bestand haben. das Harvard Business Review im Jahr 2017, „ein professionelles Onboarding Führungskräfte schneller leistungsfähig und verkürzt die Time to Performance um 40 Prozent“. Es ist so, dass in vielen Unternehmen nach dem Prinzip gehandelt wird: „Jetzt haben wir so viel Geld ins Recruiting gesteckt, Monate an Arbeit investiert, um die Beste oder den Besten für den Job zu finden, jetzt muss der oder die mal zeigen was in ihr oder ihm steckt. Schauen wir uns an, was sie oder er liefert.“ Irgendwie verständlich, aber – wie formuliert – kann dieses Verhalten bzw. diese Einstellung sehr teuer werden. Denn es führt in zwei von drei Fällen dazu, dass neue Mitglieder im C-Level hinter den Erwartungen zurückbleiben. Und das nicht, weil es ihnen an Fachkompetenz und Führungsqualität fehlt. Die wurde im Rahmen des Recruitings abgeklopft und ist auch in nahezu jedem Fall absolut vorhanden. Menschen scheitern im C-Level, weil sie über die geltenden Spielregeln im jeweiligen Top-Management stolpern – oder über die Unternehmenskultur. „Mangelnde Anpassungsfähigkeit“, die nicht immer selbstverschuldet ist. Denn wenn einem nicht gesagt wird, wie das Spiel funktioniert und welche Rolle man in diesem einzunehmen hat, sind das widrige Voraussetzungen für eine gute Zusammenarbeit. Bevormundung ist keine Option Im beschriebenen Fall entschied sich der Vorstandschef final doch zu einem Coaching. „Probieren kann man es ja mal.“ Im ersten Coachingtermin erhielt er dann auf seine Frage: „Was soll ich machen?“ die Antwort: „Das müssen Sie für sich selbst herausfinden.“ Kopfschütteln. Er stand auf, wollte gehen. Am Schluss blieb er doch, denn bevor er aus der Tür entschwunden war, ergänzte der Coach: „Das letzte, was ich tue, ist Ihnen sagen, was Sie tun sollen. Vielmehr geht es darum, dass wir gemeinsam oder besser, dass Sie mit meiner Unterstützung das für sich selbst herausfinden. Sie sollen die beste Entscheidung für sich treffen, nicht die, die ich für die beste halte.“ Es dauerte noch ein paar Termine, dann begriff der Vorstandschef: Sein Coach war nicht sein Lehrer, der ihm sagte, was das einzig Richtige ist. Er ist vielmehr – besonders auf dem C-Level-Niveau – Sparringspartner, Mentor und Executive Coach in einer Person. Als professionell neutraler Sparringspartner fordert er sein Gegenüber auf Augenhöhe heraus. Er oder sie sagt nicht, was zu tun ist, sondern fragt, was sein Gegenüber für möglich hält. Gemeinsam werden denkbare Lösungsansätze gesammelt, Situationen reflektiert und durchgespielt. Als Mentor fragt ein Coach nach, hört hin und bietet Rat und Impulse, die auf echten Erfahrungen basieren. Im besten Fall hat er diese vorher selbst als Top-Management-Führungskraft gesammelt und seit vielen Jahren durch die Erfahrungen anderer Klienten in ähnlichen Situationen ergänzen können. Ein guter Coach liefert Insider-Know-how. Gemeinsammit seinem Gegenüber entwickelt er individuell zugeschnittene und gemeinsam entwickelte Lösungen. Dabei geht es um absolutes Vertrauen. So konnte der Vorstandschef auch sehr persönliche Fragen und Bedenken teilen, als er verstand, dass der Coach ein echter Sparringspartner war. Für den Coach waren absolute Vertraulichkeit wie vor allem Verschwiegenheit die wichtigsten Kriterien. Für ihn war klar, wenn er seine Gedanken teilt, dann nur mit jemandem, auf dessen Urteilsvermögen, Berufserfahrung und Integrität er zählen konnte. Der Coach war eine Art Spiegel, den er so in seinem beruflichen, aber auch privaten Umfeld nicht in dieser Form finden konnte. Ein guter Coach stellt immer seine eigenen Bedürfnisse zurück, es geht um die Klientin oder den Klienten. Neutralität ist die Basis, und die kann niemand anderes aus dem beruflichen wie privaten Kontext bieten. Ein guter Coach als »Soundingboard« Der Vorstandschef ging seinen eigenen Weg, ließ sich jedoch professionell begleiten. Wie gesagt, Spitzensportler würden niemals auf ihren Coach verzichten. Ein Coach ist dabei als „Soundingboard“ zu sehen. Er nimmt alles Gesagte auf, analysiert es in Ruhe und agiert als eine Art Spiegel. Neue Ideen und Gedanken werden reflektiert und besprochen. Und er (hinter-)fragt: „Was macht Sie hier so sicher?“ oder „Woran machen Sie das konkret fest?“ Er sagt nicht, was zu tun ist, sondern findet im Gespräch heraus, Text: Gudrun Happich Foto Seite 42: Evelyn Freja/Connected Archives

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