64 SERVICE_FORSCHERPORTRÄT PERSONALquarterly 01 / 24 Management von Nonprofit-Organisationen Markus Gmür ist Professor für Nonprofit-Organization Management an der Université de Fribourg und forscht zu Führung und Kultur in Nonprofit-Organisationen. Dr. Christina Guthier, Wirtschaftspsychologin in Düsseldorf Professor Markus Gmür hat sein Studium der Wirtschaftswissenschaften in den 1980ern an der Hochschule in St. Gallen absolviert und dabei die Vertiefungsrichtung Personalwesen und Mitarbeiterführung gewählt. „Ich fand das Studienangebot inspirierend und gleichzeitig doch reguliert und in der Fächerauswahl beschränkt.“ Daher entschied er sich dazu – was damals noch sehr unüblich war – zwei Auslandssemester an der Universität Bamberg zu absolvieren. Dort beschäftigte er sich eingehend mit Soziologie, Psychologie, Pädagogik und Philosophie, was richtungsweisende, neue Impulse für seine weitere betriebswirtschaftliche Laufbahn mit sich brachte. Tatsächlich wurden in den darauffolgenden Jahrzehnten die Grenzen zwischen der Betriebswirtschaftslehre und den sozialwissenschaftlichen Disziplinen allgemein durchlässiger – ein Trend, den Professor Gmür sehr begrüßt. Forschung zu Nonprofit-Organisationen Entsprechend seiner Professur für Nonprofit-Organization Management beschäftigen Professor Gmür in seinen Forschungsprojekten vor allem folgende Themen: 1. Was hält eine mitgliedschaftliche Organisation zusammen? Welchen Nutzen (Member Value) muss die Organisation bieten, damit eine ausreichend große Zahl von Personen – oder anderer Organisationen – sich auf ein gemeinsames Sachziel verpflichtet und sich dafür engagiert? Wie gelingt es der Geschäftsstelle, die entsprechenden Anreiz-BeitragsGleichgewichte zu schaffen? 2. Worin zeigt sich eine unternehmerische Orientierung in Verbänden und anderen Nonprofit-Organisationen? Unter welchen Voraussetzungen entsteht sie? Und wie trägt ein hoher Grad an unternehmerischer Orientierung zum betriebswirtschaftlichen Erfolg und der Sachzielerreichung bei? 3. Worauf beruht die Akzeptanz (Führungskredit) der haupt- und ehrenamtlichen Leitung in Nonprofit-Organisationen? Und welches Führungsverhalten trägt zur Entwicklungsfähigkeit und Zielerreichung dieser Organisationen bei? Besonderes Augenmerk legen wir derzeit auf die Konzepte des „Servant Leadership“ und der Selbstorganisation. Um Antworten auf diese Fragen zu finden, werden laufend Projekte, oftmals in enger Zusammenarbeit mit Praxispartnern, durchgeführt. Aktuell steht gerade eine Buchpublikation kurz vor dem Abschluss (geplanter Erscheinungstermin Ende 2023)1. In diesem Buch stellt Professor Gmür mit seinem Kollegen Philipp Erpf den gegenwärtigen Forschungsstand und die bisherigen Praxiserfahrungen mit unternehmerischer Führung in Genossenschaften und Nonprofit-Organisationen dar. Zentrale Bestandteile sind neben einer umfassenden Literaturübersicht, mehrere Sektorstudien (Integrationsbetriebe, mobile Pflegedienste, Genossenschaften verschiedener Branchen) und eine Sammlung von 20 Organisationsporträts aus dem gesamten Spektrum des Nonprofit-Sektors (Wirtschaftsverbände, Gesundheitsorganisationen, Soziale Dienstleistungsunternehmen, Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit, Kultur, Sport und Freizeit). „Wir sind davon überzeugt, dass eine unternehmerische Orientierung das zukünftige Leitkonzept für diesen Sektor sein wird, und wollen mit dieser Publikation einen breiten Einblick in seine Ausgestaltung geben.“ Professionalisierung des Verbands-, Stiftungs- und Genossenschaftsmanagements Gelegentlich forscht Professor Gmür auch mit internationalen Kolleginnen und Kollegen; aktuell mit polnischen und koreanischen Forschenden. „Nach heutigen Maßstäben kann ich nicht sagen, dass ich ausgeprägt international arbeite. Es ist mir wichtig, als Managementforscher2 mit meinen Arbeiten im deutschsprachigen Raum präsent zu sein und Wirkungen entfalten zu können. Dem gebe ich gegenüber der internationalen Kooperation den Vorrang.“ Umso mehr Zeit und Energie steckt er in seine Rolle als Direktor des Instituts für Verbands-, Stiftungs- und Genossenschaftsforschung. Das Institut hat sich mit seiner Gründung als Forschungsstelle im Jahr 1976 der Professionalisierung des Verbands-, Stiftungs- und Genossenschaftsmanagements verschrieben. Die hier angesiedelten Forscherinnen und Forscher und ihre Praxispartner haben mit dem Freiburger
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