Personal quarterly 1/2024

60 ESSENTIALS_REZENSIONEN PERSONALquarterly 01 / 24 Eine Führungskraft beschützt ihr Team vor Fehlern. Aber „beschützt“ sie ihr Team vielleicht auch vor Erfolg? Schließlich ist es oft schwer zu beurteilen, ob ein Vorschlag aus dem Team zu einem vielversprechenden Ergebnis oder zu einem herben Verlust führt. Die Aufgaben einer Führungskraft sind einerseits die Ergebniskontrolle und andererseits das Abräumen von Roadblocks – also Verluste zu verhindern und Leistungszugewinne zu ermöglichen. Wobei in der Wissenschaft davon ausgegangen wird, dass die meisten Führungskräfte sich eher auf eine der beiden Aufgaben fokussieren. In Zeiten knapper Ressourcen und wachsender Unsicherheiten von außen ist zu beobachten, dass sich Führungskräfte eher auf beschützende bzw. fehlervermeidende Führung verlassen. Die hier besprochene Forschungsarbeit fokussiert sich auf die Betrachtung der Führungskraft und den Auswirkungen ihrer Führungsentscheidungen bei beschützendem Führungsstil. Die Autoren griffen dabei auf eine besondere experimentelle Methode zurück, in welcher die Studienteilnehmer in einer vernetzten Computersimulation vor Ort in einem kleinen Team eine Aufgabe lösten. Die Versuchsteilnehmer sollten in einem rundenbasierten Ansatz ihre Punkte maximieren und durchliefen dabei eine Simulation, welche für das US-Militär entwickelt wurde und dort für die Offiziersausbildung genutzt wird. Am Ende jeder Runde konnte die Führungskraft die Entscheidung des Teams ändern und damit das Team vor Punktverlust schützen. Fehlentscheidungen durch die Führungskraft führten jedoch auch zu einer Gewinnreduzierung. Dieser experimentelle Ansatz hat diverse Vorteile, bspw. bezüglich klarer und objektiv messbarer Variablen und der Eindeutigkeit, mit der Gewinne aus Entscheidungen bestimmt werden konnten. An der Untersuchung teilgenommen haben 420 Bürgerinnen und Bürger einer US-amerikanischen Kleinstadt, welche in einer Studiendatenbank registriert waren. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben die Simulation in 84 Gruppen durchlaufen. Die entwickelten Hypothesen der Autoren können durch die gesammelten Daten überwiegend bestätigt werden. Die Ergebnisse haben spannende Implikationen für Führungskräfte und Personaler: Das Paper zeigt der Praxis zum einen, dass das Risiko der fehlerhaften Führungsentscheidung besonders hoch ist bei Teams, welche Mitglieder haben, die mehr Fachwissen besitzen als die Führungskraft selbst. Zum anderen ist die Rolle der Führungskraft abhängig von der Phase, in der sich das Team gerade befindet. In einer Phase der Ergebnisorientierung sollte die Führungskraft vor Fehlern beschützen. In einer Phase der Weiterentwicklung sollte die Führungskraft auf die Fachexperten im Team vertrauen. Die Autoren empfehlen, im Team die Möglichkeit zur fehlervermeidenden Selbstreflexion zu stärken. Personalerinnen und Personaler sollten außerdem ihre Führungskräfte schulen, sodass sie den Führungsstil an das Team und die zu bewältigende Aufgabe anpassen können. Besprochen von Peter Göhre, Lehrstuhl International Business, Universität Paderborn. Führungskräfte beschützen vor Erfolg Pearsall, M. J. & Christian, J. S. (University of North Carolina), Burgess, R. V. (University of Pittsburgh), Leigh, A. (Duke University): Preventing Success: How a Prevention Focus Causes Leaders to Overrule Good Ideas and Reduce Team Performance Gains. Journal of Applied Psychology. 2023; 108(7), 1121–1136.

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