54 NEUE FORSCHUNG_PERSONALAUSWAHL PERSONALquarterly 01 / 24 Vorteil hervorgehoben (Schön/Arnold, 2018). Die Nutzung der unternehmensinternen Potenziale wurde als chancenreich angesehen, jedoch könnte ein Opt-out-Ansatz den Zugang von externen Personen erschweren. Im Bereich der Chancen sehen die befragten Personen eine mögliche Effizienzsteigerung bei der Auswahl aufgrund eines vordefinierten Prozesses durch einen Pool. Frickenschmidt/Landau (2017) betonen hingegen, dass die Pflege eines Talentpools und die Betreuung der Kandidierenden nicht zu unterschätzende zeitliche Ressourcen beanspruchen. Auch die befragten Personen schätzen den Aufwand als sehr hoch ein und empfehlen die Bereitstellung von hinreichenden administrativen Kapazitäten. Hinsichtlich der Beurteilung der Akzeptanz bei Mitarbeitenden, vorgesetzten Personen sowie der Unternehmensleitung gibt es differenzierte Ansichten unter den befragten Personen. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass das Vorhaben akzeptiert werden würde, wenn der Nutzen und die Vorteile klar hervorgehoben werden. Akzeptanzprobleme sind aus anderen Auswahlverfahren wie der Frauen- und Männerquote hinlänglich bekannt (Seng et al., 2013). Die Berücksichtigung von Leistungskriterien und somit objektivierbaren Ergebnissen scheinen dabei ein wesentlicher Vorteil und akzeptanzförderliches Mittel zu sein (Wagner/Schmermund, 2006). Was bei der Implementation des Opt-out-Ansatzes zu berücksichtigen ist Die HR-Abteilungen vieler Unternehmen stehen unter enormem Kosten- und Erfolgsdruck. Daher erscheint es erfolgskritisch, die Implementation des Opt-out-Ansatzes als Bestandteil eines modernen Talent Managements zu begreifen und die innovative Methode als Element eines umfassenderen Modernisierungsprozesses im Bereich der Talentsicherung und des Nachfolgemanagements zu planen (Rosenberger et al., 2017). Die befragten Personen sehen eine Integration des neuen Ansatzes in bereits bestehende Prozesse als essenziell an, um das Opt-out-Auswahlverfahren effizient umsetzen zu können. Neu zu implementieren sind mindestens der Nominierungsprozess sowie die administrative Begleitung des Kandidatinnen- und Kandidatenpools. Für die Qualität des Pools ist die Erfassung der relevanten Zulassungskriterien von großer Bedeutung. Die befragten Personen empfehlen, dass für den Auswahlprozess eine Findungskommission zusammengestellt werden soll, die möglichst divers ist und unterschiedliche Perspektiven einbringt (Whysall, 2018). Für eine erfolgreiche Umsetzung des Opt-out-Auswahlverfahrens wird zudem eine klare Kommunikation bei der Einführung als unerlässlich angesehen. Dabei ist es gemäß den befragten Personen wichtig, dass der Prozess transparent und auch die Rolle der Führungspersonen hinreichend geklärt ist. Hiermit wird ein wichtiger Aspekt hervorgehoben, der sich auch empirisch als bedeutsam herausgestellt hat: Die Gewährleistung eines transparenten Prozesses geht mit einer höheren Akzeptanz bei Beförderungen einher (Lutz, 2018). Ein weiterer Vorschlag zur Gestaltung und praktischen Umsetzung besteht in der Gewährleistung der Anonymität des Nominierungsverfahrens. Die befragten Personen unterstrichen dabei die Bedeutung einer anonymisierten Aufnahme in den Pool. Zur Debatte steht, ab wann die Identität der Personen sichtbar gemacht werden sollte, um mögliche Fehlbesetzungen bei vermeintlicher Eignung zu umgehen. Letztendlich zeigen sich viele Probleme erst in der konkreten Umsetzung eines neuen Ansatzes. Daher empfehlen die befragten Personen eine Pilotierung des Opt-out-Auswahlverfahrens, um mögliche Herausforderungen direkt zu adressieren und ein konkretes Konzept herauszuarbeiten. Insgesamt wurde in den Interviews sowie in der Fokusgruppe eine positive Bilanz gezogen. Darüber hinaus birgt das Opt-out-Auswahlverfahren die Möglichkeit, weitere Diversity-Aspekte wie Alter oder ethnische Herkunft zu adressieren. Die Methode bringt für diejenigen Mitarbeitenden- und Bewerbendengruppen eine Verbesserung, die sich typischerweise weniger häufig an wettbewerbsartigen Einstellungs- oder Beförderungsprozessen beteiligen. Um das Potenzial des Opt-out-Auswahlverfahrens weiter zu prüfen und konkret zu bemessen, sollten sich zukünftige Studien auf die Prozesse der Implementierung fokussieren. Hierbei sollte die Überprüfung der Aspekte Effizienz, Fairness und Akzeptanz im Mittelpunkt stehen. Weiterführend wäre ein direkter empirischer Vergleich zwischen anderen Gleichstellungsmaßnahmen wie der Einführung von Quoten und dem neuen Ansatz wünschenswert. Schließlich hat der neue Ansatz das Potenzial, den Fokus von einem personenbezogenen Ansatz in Form von individuellen Förderungsmaßnahmen („fix the women“) hin zu einer Systemänderung zu wandeln („fix the system“). Abbildung 3 enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte, welche bei der Implementierung von Optout-Auswahlverfahren berücksichtigt werden sollten.
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