Personal quarterly 1/2024

39 01 / 24 PERSONALquarterly Während Frauen oft als weniger durchsetzungsstark oder dominant wahrgenommen werden (Eagly/Karau, 2002) – Eigenschaften, die traditionell mit Führungsrollen assoziiert sind –, herrscht über jüngere Menschen das Stereotyp vor, dass ihnen Erfahrung und Reife fehlten und sie zudem selbstbezogen und egoistisch seien (z. B. Francioli/North, 2021). Diese Stereotypen stehen im Widerspruch zu impliziten Führungstheorien, die Kompetenz, Erfahrung und auch Empathie als Schlüsselqualitäten einer erfolgreichen Führungskraft ansehen (z. B. Offermann/Coats, 2018). Die Forschung findet allerdings keinen Beleg dafür, dass junge Führungskräfte tatsächlich weniger effektiv oder erfolgreich sind als ihre älteren Kollegen (z. B. Walter/Scheibe, 2013). Die stereotype Wahrnehmung junger Menschen könnte jedoch zu ihrer Unterrepräsentation in Führungspositionen führen und sich negativ auf ihre Wahrnehmung auswirken. Eine Studie zeigt, dass ein jüngeres Alter der Führungskraft sowohl die Akzeptanz als auch die Teamdynamik negativ beeinflusst (Buengeler et al., 2016). Dies äußert sich in einer höheren Fluktuation im Team. In Bezug auf den Führungsstil unterscheidet die Studie zwischen einem belohnenden und einem partizipativen Führungsstil. Während ältere Führungskräfte in beiden Ansätzen akzeptiert werden, verbessert bei jüngeren Führungskräften die klare Anwendung von direkter Belohnung die Situation im Team. Die Machtteilung von jungen Führungskräften, wie sie bei partizipativer Führung geschieht, wird hingegen als weniger effektiv angesehen. Die Studie legt daher jungen Führungskräften nahe, ihren Führungsstil sorgfältig zu wählen, um Akzeptanz zu erlangen und die Fluktuation zu reduzieren. Weitere Studien zeigen die negativen Folgen einer Voreingenommenheit gegenüber jüngeren Personen. So erfahren jüngere Führungskräfte häufiger negative Emotionen von älteren Mitarbeitenden (Kunze/Menges, 2016). Zudem stehen sie vor höheren Anforderungen, haben jedoch geringeren Zugang zu Ressourcen (Irehill et al., 2023) und neigen zu einem negativeren Selbstbild (Zhang/North, 2020) im Vergleich zu älteren Führungspersonen. Die Forschung zeigt also klar Altersvorurteile gegenüber jüngeren Führungskräften (z. B. Buengeler et al., 2016; Kunze/ Menges, 2016). Diese Erkenntnisse stehen im Einklang mit Studien zum Thema Geschlecht und Führung, die ebenfalls Vorurteile gegenüber weiblichen Führungskräften aufzeigen (z. B. Rudman et al., 2012). Trotz dieser Befunde bleibt das Verständnis, wie das Geschlecht – als das am häufigsten untersuchte demografische Merkmal in der Führungsforschung – Altersvorurteile beeinflusst, limitiert. Der intersektionale Blick auf junge Führungskräfte In unserer aktuellen Studie (Daldrop et al., 2023) gehen wir den spezifischen Herausforderungen nach, denen junge Frauen und junge Männer in Führungsrollen ausgesetzt sind. Durch die gleichzeitige Berücksichtigung von Alter und Geschlecht bietet dieser intersektionale Ansatz ein tiefergehendes Verständnis für die besonderen Hürden und Barrieren, die junge Führungskräfte im Berufsalltag bewältigen müssen. In der Psychologie und Managementforschung bezieht sich der Begriff „Intersektionalität“ auf die gleichzeitige Manifestation von Vorurteilen und Stereotypen, die verschiedene Gruppenkategorien wie Alter, Geschlecht, rassifizierte Zuschreibungen, aber auch sexuelle Orientierung und soziale Herkunft betreffen (Cole, 2009). Wenn sich solche Gruppenkategorien in der Wahrnehmung überschneiden, können sie eine neue Kategorie mit eigenen Vorurteilen und Stereotypen bilden, die sich meist von den ursprünglichen Kategorien unterscheidet (z. B. Rosette et al., 2018). In unserer Studie verwenden wir daher einen intersektionalen Ansatz, um Altersvorurteile in der Wahrnehmung des Status von Führungskräften zu untersuchen – einschließlich Aspekten wie Respekt, Ansehen und Prestige. Im Speziellen haben wir untersucht, ob junge weibliche Führungskräfte aufgrund der Kombination aus jungem Alter und weiblichem Geschlecht doppelt benachteiligt werden, ob die Benachteiligung möglicherweise nur auf einem dieser Faktoren basiert oder ob sie einer solchen Abwertung sogar entkommen können, wenn keine der beiden Faktoren zu einer Abwertung führt. Ebenso wollten wir klären, ob bei jungen männlichen Führungskräften das Geschlecht einen möglichen Altersnachteil ausgleichen kann oder ob eine potenzielle Abwertung hauptsächlich auf ihrem jungen Alter beruht. ABSTRACT Forschungsfrage: Welche Herausforderungen und Barrieren erleben junge Führungskräfte? Und welche Rolle spielt Geschlecht in der Akzeptanz und Wahrnehmung von jungen Führungskräften am Arbeitsplatz? Methodik: Zwei Experimentalstudien mit 1.903 US-Teilnehmerinnen und -Teilnehmern Praktische Implikationen: Um die Abwertung junger Führungskräfte zu minimieren, sollte der Fokus auf nachgewiesener Führungserfahrung und Berufserfolg als Indikatoren für Kompetenz liegen statt auf Alter. Zudem kann die proaktive Förderung von Altersdiversität in Unternehmen durch gezielte HR-Richtlinien und Schulungsprogramme helfen, Vorurteile abzubauen und eine inklusive Arbeitskultur zu schaffen.

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