Personal quarterly 1/2024

PERSONALquarterly 01 / 24 38 SCHWERPUNKT_DIVERSITY MANAGEMENT In der Wahrnehmung von jüngeren Personen mit Führungsverantwortung oder solchen in hervorgehobenen und leitenden Positionen steht oft das Alter im Vordergrund. Diese Erfahrung teilen sie mit Frauen in Führungspositionen, bei denen ebenfalls das Geschlecht oft im Mittelpunkt steht. Eine solche Fixierung auf das junge Alter oder das Geschlecht von Führungskräften führt nicht selten zu negativen Vorurteilen und Abwertungen und ist daher eine besondere Herausforderung. Mit dem Hashtag #diesejungenleute zog im Jahr 2018 der damals 28-jährige Kevin Kühnert, zu diesem Zeitpunkt Generalsekretär der SPD, kurzzeitig die mediale Aufmerksamkeit auf das Phänomen der Abwertung von jüngeren Führungskräften. Diese Abwertung kann einerseits implizit sein. So wurde Kühnert in Talkshows z. B. häufiger geduzt oder unterbrochen als seine älteren Kolleginnen und Kollegen. Ein weiteres prominentes Beispiel ist Emilia Fester (Bündnis 90/Die Grünen), die nach den Wahlen 2021 mit 23 Jahren zur jüngsten Bundestagsabgeordneten der 20. Legislaturperiode wurde. Sie erlebt das Phänomen der Abwertung aufgrund ihres Alters besonders in den sozialen Medien. Jüngeren Personen wird oft geraten, „zu warten, bis sie an der Reihe sind“ oder „erst einmal etwas Vernünftiges zu lernen“. Manchmal wird das junge Alter auch eher subtil thematisiert, etwa durch Erwähnungen in Kontexten, in denen es eigentlich irrelevant sein sollte. So wird z. B. der finnische Dirigent Klaus Mäkelä, der mit 27 Jahren die Leitung von zwei international renommierten Orchestern übernommen hat, in fast jedem Interview auf sein Alter angesprochen. Ähnliches erlebt gerade Joana Mallwitz, die mit 37 Jahren zur neuen Chefdirigentin des Konzerthausorchesters Berlin ernannt wurde. Die Eröffnungsfrage eines kürzlich in der „Zeit“ veröffentlichten Interviews mit Mallwitz, in der sie explizit auf ihr Alter und ihr Geschlecht angesprochen wird, lautete: „[…] Etwas Besseres konnte der Berliner Musikszene nicht passieren. Auch weil Sie jung sind und eine Frau. Nervt Sie das?“ (Lemke-Matwey, 2023). Jedoch ist dieses Phänomen, das nicht selten mit einer (teils versteckten) Abwertung von jüngeren Führungskräften einhergeht, nicht nur in der Politik und der Kultur allgegenwärtig. Es lässt sich auch im organisationalen Kontext beobachten. Das Junge Führungskräfte: Abwertung aufgrund von Alter und Geschlecht am Arbeitsplatz Von Christoph Daldrop (Christian-Albrechts-Universität zu Kiel) Führungsverhalten junger Führungskräfte wird manchmal im Licht ihres Alters anders bewertet als das gleiche Verhalten bei älteren Führungskräften. Bspw. kann ein partizipativer Führungsstil, bei dem Meinungen anderer eingeholt und Entscheidungen gemeinschaftlich getroffen werden sowie Verantwortung delegiert wird, bei jüngeren Führungskräften als Zeichen von Schwäche und mangelnder Erfahrung interpretiert werden. Bei älteren Führungskräften wird dieser Stil jedoch oft sehr positiv wahrgenommen (Buengeler et al., 2016). Das Problem der Altersvorurteile und der Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz ist in der Forschung bereits gut untersucht, was ältere Personen anbelangt. So werden ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer häufig mit negativen Eigenschaften wie schlechterer Leistung oder Widerstand gegen (technologische) Veränderungen assoziiert. Viele dieser Annahmen sind wissenschaftlich jedoch nicht belegt (Posthuma/Campion, 2009). Die Herausforderungen, denen ältere Personen am Arbeitsplatz begegnen, sind wichtige Themen, die unsere Aufmerksamkeit erfordern. Jedoch dürfen auch die spezifischen Herausforderungen, denen jüngere Personen, insbesondere im Kontext von Führung, ausgesetzt sind, nicht übersehen werden. Aber welche wissenschaftlichen Erkenntnisse existieren bereits zum Phänomen der altersbedingten Abwertung junger Führungskräfte? Der Artikel bietet einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand und stellt eine kürzlich veröffentlichte Studie vor. Stand der Forschung zu jüngeren Führungskräften Das Phänomen, dass junge Führungskräfte aufgrund ihres Alters abgewertet werden, ist komplex und vielschichtig. Es kann zum Teil durch eine Status- und Rollendiskrepanz erklärt werden (Eagly/Karau, 2002; Rudman et al., 2012), die aus der Kollision von Altersstereotypen und den Erwartungen an eine Führungskraft entsteht. In dieser Hinsicht ähnelt die Erfahrung junger Führungskräfte der von Frauen in ähnlichen Positionen. Beide Gruppen werden mit einem Widerspruch zwischen den gesellschaftlichen Stereotypen und dem ihnen gesellschaftlich zugeschriebenen geringeren Status sowie den allgemeinen Erwartungen an ihre berufliche Rolle als Führungskraft konfrontiert.

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