PERSONALquarterly 01 / 24 30 SCHWERPUNKT_DIVERSITY MANAGEMENT Alters (beginnend ab 40 Jahren) oder älter wirkte stereotyp männliche Wortwahl insgesamt negativ, und zwar unabhängig vom Geschlecht der Rekrutierenden. Auch in dieser Studie fanden wir keine Auswirkungen von Rekrutierendengeschlecht oder geschlechterstereotyper Wortwahl auf Männer. Fazit Studien 4 und 5: Karriereentwicklungsprogramme können Frauen dabei helfen, Führungspositionen anzustreben und zu erreichen, indem sie sie mit Führungsrollen vertraut machen und ihnen Fähigkeiten vermitteln, sowohl ihre Karriere voranzutreiben als auch eine gute Führungskraft zu sein (Knipfer et al., 2017). Unsere Forschung zeigt, dass Organisationen die Gelegenheit nutzen sollten, ihre Rekrutierungsinstrumente anzupassen, um mehr Frauen zu motivieren, sich für Karriereentwicklungsprogramme zu bewerben. Da die Wahrscheinlichkeit, dass sich Männer bewerben, unabhängig von geschlechtsspezifischen Einstellungssignalen gleich ist, scheint stereotyp weibliche Wortwahl und der Einsatz von Recruiterinnen insgesamt von Vorteil. Fazit: Worauf sollten Sie achten, wenn Sie Frauen für eine Bewerbung gewinnen wollen? Unsere Studien zeigen, dass Unternehmen mitunter qualifizierte Talente verlieren, wenn sie ihren Rekrutierungsinstrumenten keine Aufmerksamkeit schenken. Senden sie – sei es bewusst oder unbewusst – Signale in ihren Ausschreibungen, die dazu führen, dass Frauen eine geringere Passung zur Stelle oder dem Unternehmen wahrnehmen, so ist es wahrscheinlich, dass Frauen zögern, sich zu bewerben. Es ist also nicht unbedingt so, dass Frauen per se andere Karriereentscheidungen als Männer treffen oder weniger motiviert sind, eine Führungsrolle zu übernehmen. Vielmehr kommt es darauf an, wie Frauen das Unternehmen und die potenzielle Position wahrnehmen und wie sie daraufhin ihre eigene Passung einschätzen. Unternehmen haben bspw. über die Formulierung von Stellenausschreibungen und ihren Internetauftritt Einfluss darauf, wie sie und traditionell männlich dominierte Stellen in ihren Häusern wahrgenommen werden. Jedoch sollten Unternehmen ihre Maßnahmen immer wieder reflektieren und sich Feedback von der Zielgruppe einholen: Auch gut gemeinte Maßnahmen, um Frauen zu rekrutieren oder zu fördern, sind nicht immer erfolgreich oder haben gar entgegengesetzte Folgen, wenn sie auf Basis falscher Annahmen entstehen oder ungeschickt implementiert werden (Caleo/Heilman, 2019). Ganz konkret ergeben sich aus der oben dargestellten Forschung folgende Empfehlungen, um gezielt Frauen anzusprechen: K ommunizieren Sie Geschlechterverteilungen proaktiv im Sinne eines „Aushängeschilds“ im Bewerbungsprozess, wenn Sie bereits ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis haben und dies ein Alleinstellungsmerkmal für Ihr Unternehmen ist. Eine stark männlich dominierte Umgebung kann Frauen von einer Bewerbung abhalten (Engel et al., 2023). Und auch andere Studien zeigen, dass es sinnvoll untersuchten, rekrutierten wir Studierende (163 Frauen, 166 Männer) verschiedener Fachrichtungen (Durchschnitt: 22 Jahre, 4. Semester). Teilnehmende wurden gebeten, sich ein kurzes Video anzusehen, in dem ein Karriereentwicklungsprogramm mit dem Hauptziel, Teilnehmende für zukünftige Führungspositionen zu qualifizieren, beworben wurde. In dem Video präsentierte entweder ein Recruiter oder eine Recruiterin das Programm mit entweder stereotyp männlichen oder weiblichen Wörtern. Zu den stereotyp männlichen Wörtern gehörten u. a. entschlossen, herausragend, analytisch und durchsetzungsstark, zu den stereotyp weiblichen zählten u. a. engagiert, verantwortungsbewusst, ehrlich und kooperieren. Ergebnisse Studie 4: Stereotyp männliche Wortwahl führte dazu, dass Frauen erwarteten, sich dem Programm weniger zugehörig zu fühlen, und eine Bewerbung als weniger erfolgreich einschätzten. Sie gaben ebenfalls eine geringere Absicht an, sich auf das Programm zu bewerben. Allerdings traten diese Effekte nur auf, wenn das Programm von einem Recruiter, nicht aber wenn es von einer Recruiterin vorgestellt wurde. Wortwahl und Rekrutierende hatten keinen Einfluss auf Männer. Methode Studie 5: Da wir in Studie 4 nur Studierende untersuchten, wissen wir nicht, ob die Ergebnisse spezifisch für diese Gruppe sind, die kurz vor dem Berufseinstieg stehen, oder ob sie gleichermaßen für Beschäftigte mit (längerer) Berufserfahrung gelten. Wieder führten wir ein Experiment durch, indem wir Wortwahl und Geschlecht der Rekrutierenden manipulierten, diesmal allerdings rein textbasiert ohne Videos. Online rekrutierten wir 261 Frauen und 284 Männer aus unterschiedlichen Branchen und mit unterschiedlichen Bildungsniveaus (Durchschnitt: 45 Jahre, 99 % deutsch, 23 Jahre Berufserfahrung, 25 % in einer Führungsposition). Die Mehrheit der Teilnehmenden (81 %) hatte bis dato nicht an einem Karriereentwicklungsprogramm teilgenommen. Wir baten Studienteilnehmende, sich vorzustellen, dass sie verschiedene Karriereentwicklungsprogramme recherchiert hatten und nun dabei waren, zusätzliche Informationen über die Programme zu sammeln, indem sie sich mit Rekrutierenden in Verbindung setzten. Sie würden allerdings nur ein Programm bewerten. Teilnehmende sahen ein Foto eines Recruiters oder einer Recruiterin und daneben die Beschreibung des Karriereentwicklungsprogramms, die entweder stereotyp männliche oder weibliche Wortwahl enthielt. Ergebnisse Studie 5: Bei stereotyp männlicher Wortwahl nahmen Frauen eine geringere Zugehörigkeit und geringere Erfolgsaussichten einer Bewerbung an und hatten eine geringere Absicht, sich zu bewerben. Allerdings spielte das Alter der Frauen eine Rolle: Für junge Frauen fanden wir die gleichen Effekte wie in Studie 4 (die ja ebenfalls mit jungen Frauen durchgeführt wurde): Stereotyp männliche Wortwahl wirkte nur dann negativ auf junge Frauen, wenn der Recruiter männlich war, nicht aber, wenn es eine Recruiterin war. Für Frauen mittleren
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==