27 01 / 24 PERSONALquarterly Beeinflusst die Anzahl der Männer im Unternehmen, ob sich Frauen und Männer bewerben? Hintergrund Studien 1 und 2 (Engel et al., 2023): In Start-ups und jungen Tech-Betrieben sind Frauen stark unterrepräsentiert. Start-ups neigen dazu, gerade am Anfang rein männliche Teams zu bilden. Wenn sie ihre Belegschaft vergrößern, bleiben Geschlechterungleichheiten oft erhalten und erfordern später von Unternehmen ein kostspieliges Engagement für Diversität. Hält eine bestehende Unterrepräsentation von Frauen andere Frauen davon ab, sich zu bewerben? Und wenn ja, warum? Weil Frauen in Start-ups unterrepräsentiert sind, nahmen wir an, dass sie darauf achten, welches Geschlecht ihre künftigen Teammitglieder haben. Ein stark männlich dominiertes Start-up könnte dazu führen, dass Frauen erwarten, nur als „Token“ (Alibifunktion) eingestellt zu werden, z. B. damit das Unternehmen nach außen hin so aussieht, als hätte es Geschlechterdiversität. Diese Erwartung könnte eine gefühlte Identitätsbedrohung auslösen – also Sorgen darüber, ausgegrenzt, nicht respektiert, stereotypisiert, marginalisiert oder schlecht behandelt zu werden. Im Gegensatz dazu nahmen wir an, dass Männer, die in Start-ups die Mehrheit bilden, weniger auf das Geschlecht ihrer künftigen Teammitglieder reagieren, da diese Information weniger Einfluss auf die von ihnen erwartete Passung mit dem Unternehmen hat. Methode Studie 1: In Studie 1 untersuchten wir, welchen Einfluss die prozentuale Anzahl von Männern im Unternehmen darauf hat, wie Männer und Frauen auf Stellenanzeigen von Start-ups reagieren. Dazu analysierten wir mehr als eine halbe Million Bewerbungsentscheidungen von Männern und Frauen auf Start-up-Jobs. Wir nutzen dazu eine App für Start-up-JobMatching (sozusagen Tinder für Start-up-Jobs) mit Daten von über 8.000 Arbeitssuchenden in den Niederlanden. In dieser App gaben Unternehmen neben anderen Unternehmensinformationen wie Branchenzugehörigkeit oder Unternehmensalter ihre aktuelle Geschlechterzusammensetzung als Standard bei jeder Stellenanzeige an. Ergebnisse Studie 1: Der Männeranteil in Start-ups hängt tatsächlich mit Bewerbungsentscheidungen von Frauen zusammen. Wenn es bisher nur eine symbolische Token-Repräsentation von Frauen in dem Start-up gab – mit anderen Worten, wenn der Frauenanteil im Unternehmen zwischen 0 und 15 % betrug –, lag das Interesse von Frauen für einen Job im Start-up bei nur 12 %. In anderen Unternehmen, in denen der Frauenanteil höher (zwischen 15 und 35 %) lag, war das Interesse bei 17 %. Der Unterschied mag klein aussehen, bedeutet aber, dass die Bewerbungsabsicht von Frauen um fast ein Drittel höher lag. Die Bewerbungsabsicht von Männern wurde nicht durch Informationen zur Geschlechterverteilung im Unternehmen beeinflusst (allerdings konnte man mit diesen Daten nicht untersuchen, ob Männer von einem sehr geringen Männeranteil in einem stereotyp weiblichen Kontext wie Pflege beeinflusst würden). Ab einem Anteil von 60 % Frauen im Start-up war das Interesse von Frauen und Männern am Start-up gleich. Methode Studie 2: In Studie 2 untersuchten wir mit einem Experiment, warum die Bewerbungsabsicht von Frauen in stark männlich dominierten Kontexten geringer ist, also welcher psychologische Mechanismus zugrunde liegt. Wir untersuchten Personen in den USA, die grundsätzlich offen für Startup-Jobs waren, und wiesen ihnen nach dem Zufallsprinzip eines von zwei Start-up-Profilen zu. Die Profile waren bis auf die Geschlechterzusammensetzung im Unternehmen identisch. Ein Profil wies einen Anteil von „60 % Männer/40 % Frauen“ auf, das andere einen Anteil von „95 % Männer/5 % Frauen“. Ergebnisse Studie 2: Wir replizierten die Ergebnisse von Studie 1. Während das Geschlechterverhältnis das Interesse von Männern nicht beeinflusste, reagierten Frauen negativ auf Start-ups, die nur wenige Frauen beschäftigten. Der Grund für die geringere Bewerbungsabsicht von Frauen waren Bedenken über eine potenzielle Identitätsbedrohung. Das bedeutet, Frauen machten sich Gedanken darüber, ob sie zum Unternehmen gehörten, ob sie respektiert und ihre Meinung oder Beiträge wertgeschätzt würden, ob sie ihr wahres Ich zeigen könnten, und ob sie ausgegrenzt oder aufgrund ihres Geschlechts stereotypisiert würden. Je besorgter die Frauen waren, dass ihre Identität im Unternehmen bedroht würde, desto geringer war ihr Interesse für eine Bewerbung. Fazit Studien 1 und 2: Unsere Studien zeigen, dass Unternehmen am besten ab Tag 1 auf eine ausgeglichene Geschlechterrepräsentation achten. Verschlafen sie dies am Anfang und stellen ABSTRACT Forschungsfrage: Unternehmen sind häufig daran interessiert, Frauen gezielt zu rekrutieren. Was und wie sollten sie in Stellenausschreibungen kommunizieren, um Frauen anzusprechen? Methodik: In fünf Studien untersuchten wir Einflüsse von Geschlechterverteilung, Bildern, Sprache und Rekrutierenden auf Bewerbungsabsichten von Frauen und Männern. Praktische Implikationen: Unternehmen können beeinflussen, inwiefern Stellen für Frauen attraktiv sind, indem sie gezielt geschlechtergerechte Signale in Stellenausschreibungen kommunizieren. Es werden detaillierte Handlungsempfehlungen aufgezeigt.
RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc4MQ==