Personal quarterly 1/2024

PERSONALquarterly 01 / 24 14 SCHWERPUNKT_DIVERSITY MANAGEMENT kommt vielversprechende Aufgaben und wem wird innerhalb des Teams weniger Aufmerksamkeit geschenkt? Machen Sie sich Ihre unbewussten Einstellungen bewusst und reflektieren Sie die Bedingungen für Chancengleichheit in Ihrem Team. Nehmen Sie sich dafür explizit und regelmäßig Zeit (z. B. halbjährlich). Dadurch können Sie sich unbewusste Einstellungen und Erwartungen bewusst machen, Ihr eigenes Verhalten entsprechend anpassen und auf Ungerechtigkeiten im Team aufmerksam machen. Perspektivenvielfalt: Schaffen Sie ein sicheres Umfeld Um Perspektivenvielfalt im Team erleben und nutzen zu können, benötigen Mitarbeitende ein Umfeld, in dem sie zwischenmenschliche Risiken eingehen können. Damit ist gemeint, dass Personen ihre Sichtweisen äußern können, ohne Bestrafung oder Demütigung durch die Gruppe fürchten zu müssen. Als Führungskraft oder als Teammitglied können Sie auf Verhalten im Team achten, dass das Sicherheitsgefühl im Team fördert bzw. untergräbt. Dazu gehören bspw. abschätzige Gesten (z. B. Augen verdrehen), wiederholtes Unterbrechen und Nichtbeachtung von Ideen bestimmter Personen. Gerade wenn solche augenscheinlich kleinen Diskriminierungen einer Person gehäuft widerfahren, kann dies sehr belastend sein. Es kann dazu führen, dass sich die Person nicht wertgeschätzt fühlt und sich weniger traut, ihre neuartige oder abweichende Sichtweise zu teilen. Häufig sind Mitglieder von marginalisierten Gruppen betroffen, wie eben Mitarbeitende mit Behinderungen. Nehmen Sie es daher ernst, wenn Sie solch ein Verhalten beobachten und schreiten Sie ein. Bei Bedarf können konkrete Regeln im Team helfen, um ein sicheres Umfeld für alle zu gewährleisten. Kernthema 2: Inklusion in Zeiten von Digitalisierung und Flexibilisierung von Arbeit Die Art und Weise, wie Menschen arbeiten, hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Daher gilt es auch zu untersuchen, wie sich Veränderungen wie die zunehmende Flexibilisierung und Digitalisierung von Arbeit auf das Inklusionserleben von Mitarbeitenden auswirken. Spätestens seit Beginn der Coronapandemie hat sich das Thema Telearbeit zu einem Megatrend entwickelt. Nachdem in Pandemiezeiten viele Regeln diesbezüglich gelockert wurden und mehr Menschen als je zuvor ihre Arbeitszeit im Homeoffice verbrachten, sehen wir heute vermehrte Diskussionen darüber, ob diese Flexibilität wieder eingeschränkt werden sollte. Viele Unternehmen rufen ihre Mitarbeitenden zurück in die Büros. Dabei ist noch unklar, wie genau sich vermehrte Telearbeit auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit von Mitarbeitenden auswirkt. Wir haben uns aus der Diversitäts- und Inklusionsperspektive mit dieser Frage beschäftigt (Schertler et al., in press). Die Langzeitdaten, die wir in unserer bevölkerungsrepräsentativen Studie in Deutschland sammeln konnten, liefern dafür eine hervorragende Datenbasis. Um zu untersuchen, wie sich Telearbeit auf Inklusion auswirkt, wurden 2.380 Beschäftigte, deren Tätigkeit für Telearbeit geeignet war, befragt. Da an der Studie Mitarbeitende aus einer Vielzahl von Organisationen und Branchen teilnahmen (und keine ganzen Teams oder Unternehmen), haben wir uns auf die beiden Inklusionsdimensionen „Zugehörigkeit“ und „Authentizität“ konzentriert, die auf der Individualebene angesiedelt sind. Authentizität und Zugehörigkeit wurden mit einem standardisierten Fragebogen gemessen (Jansen et al., 2014). Außerdem haben wir erhoben, welcher Anteil einer typischen Arbeitswoche außerhalb der Büroräumlichkeiten in Telearbeit geleistet wurde. Die wiederholte Befragung der gleichen Personen erlaubte es, anspruchsvolle statistische Verfahren einzusetzen, sog. Random-Intercept- Cross-Lagged-Panel-Modelle. Mit dieser Methodik kann die Entwicklung „innerhalb“ der Mitarbeitenden über die Zeit betrachtet werden, während für stabile Unterschiede zwischen den Mitarbeitenden kontrolliert werden kann. Dadurch wird es möglich, sich dem tatsächlichen Ursache-Wirkungs-Mechanismus zwischen Telearbeit und Inklusion anzunähern. Und die Ergebnisse zeigen deutlich, dass Telearbeit eine Herausforderung für Inklusion bedeuten kann. Bei der Inklusionsdimension Zugehörigkeit zeigen die Ergebnisse ein klares Bild: Zunehmende Telearbeit kann dem Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden schaden (vgl. Abb. 3). Die Menschen scheinen persönlichen Austausch zu brauchen, um ein Gefühl der Zugehörigkeit zum Team aufzubauen oder aufrechtzuerhalten. Jedoch stützt sich Telearbeit stark auf virtuelle Kommunikation und beraubt die Mitarbeitenden vieler Gelegenheiten für spontane Interaktionen, sei es an der Kaffeemaschine oder im Aufzug. Außerdem schränkt die virtuelle Kommunikation die Menge an sozialen Informationen ein, die wir teilen, was den Austausch weniger lebendig macht. Ein großer Teil der nonverbalen Kommunikation, die sonst dazu beitragen könnte, dass sich Mitarbeitende als Teil des Teams wertgeschätzt fühlen, geht in virtuellen Settings verloren. Die Studie hat außerdem gezeigt, dass Mitarbeitende, die sich weniger zugehörig fühlen, ihr Verhalten ändern und ihren Anteil an Telearbeit erhöhen. Dieses Ergebnis zeigt einen potenziellen Teufelskreis auf: Häufigeres Telearbeiten kann dazu führen, dass Mitarbeitende sich weniger zugehörig fühlen, was sie wiederum dazu motiviert, noch häufiger Telearbeit zu nutzen, etc. Diese Dynamik sollte man sich insbesondere in Zeiten der „great resignation“ und des „quiet quitting“ bewusst machen. Diese Ergebnisse sind unabhängig vom Geschlecht der Mitarbeitenden. Bei der Inklusionsdimension Authentizität zeigt sich ein differenzierteres Bild und ein starker geschlechtsspezifischer Effekt. Während bei Männern Telearbeit nichts daran ändert, wie authentisch sie in ihrem Team sein können, ver-

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