PERSONALquarterly 03 / 24 8 SCHWERPUNKT_STRATEGIC WORKFORCE PLANNING Nachfolgeplanung heißt, dafür zu sorgen, dass Schlüsselpositionen in Organisationen mit den richtigen Personen zur richtigen Zeit am richtigen Ort besetzt sind. Im Gegensatz zum „replacement hiring“, das darauf abstellt, lediglich reaktiv den akut vorhandenen Bedarf so zu decken, dass keine Krisen entstehen, ist die Nachfolgeplanung proaktiv und darauf ausgerichtet, dass akute Handlungszwänge gar nicht erst aufkommen. Basis dieser Planung ist somit, dass die im höchsten Maße unsicheren Elemente (Was ist eine Schlüsselposition? Was ist „richtig“? Wer ist „richtig“? …) treffsicher eingeschätzt werden. Entsprechend ist Nachfolgeplanung der fortwährende Prozess, potenzielle Nachfolgerinnen und Nachfolger für Schlüsselpositionen in Organisationen zu identifizieren und sie so zu entwickeln, dass sie die Rollen, die in den kritischen Positionen verlangt werden, im Bedarfszeitpunkt ausfüllen können. Der Prozess der Nachfolgeplanung umfasst die Beschäftigung mit der (HRM-)Strategie der Organisation, das Erfassen der aktuellen Belegschaft, das Vorhersagen zukünftiger Entwicklungen in der Organisation und in ihrem Umfeld (etwa Arbeitsmarkt, aber auch Produkt- und Finanzmarkt), das Designen strukturierter Personalentwicklungsmaßnahmen, die Nachfolger für Schlüsselpositionen adäquat auf diese vorbereiten, und das Identifizieren passender Personen, die das Potenzial haben, (nach Durchlaufen der Entwicklungsmaßnahmen) die kritischen Positionen und die damit verbundenen Rollen einzunehmen. Nachfolgeplanung erfolgt unter Unsicherheit hinsichtlich Verfügbarkeit und Passung Der Personalentwicklung kommt im Rahmen der Nachfolgeplanung eine besondere Bedeutung zu. Sie dient dazu, die diversen in der Organisation bereits vorhandenen Fähigkeiten und Fertigkeiten systematisch auf ein Niveau zu entwickeln, dass Mitarbeitende im Falle einer Vakanz einer Schlüsselposition unmittelbar die benötigte Rolle ausfüllen können. Mitarbeitende im Zuge der Nachfolgeplanung entsprechend zu entwickeln, ist allerdings mit hoher Unsicherheit verbunden. Zwei der großen Unsicherheitsfaktoren sind, ob die Entwick- „Die bleibt doch eh beim Kind!“ Berücksichtigung von Mitarbeiterinnen in der Nachfolgeplanung Von Univ-Prof. Mag. Dr. Astrid Reichel (Universität Salzburg) und Prof. Dr. Maike Andresen (Universität Bamberg) lungsmaßnahmen entsprechend fruchten (Passung) und ob die Mitarbeitenden in der Nachfolgesituation tatsächlich mit dem erforderlichen Profil zur Verfügung stehen (Verfügbarkeit). So ist es für Organisationen schwierig zu prognostizieren, ob die Entwicklungsmaßnahmen es den Mitarbeitenden ermöglichen werden, in der Nachfolge der Schlüsselposition die Rolle so auszufüllen und sich so zu verhalten, wie es für die Position passend und der Organisation dienlich ist. Zudem ist die Prognose schwierig, wie lange Mitarbeitende überhaupt bei einem Arbeitgeber bleiben und ob sie zum benötigten Zeitpunkt verfügbar sein werden. Entwicklungsmaßnahmen verhindern nicht notwendigerweise, dass Mitarbeitende die Organisation verlassen, und garantieren nicht, dass sie, wenn sie in der Organisation verbleiben, auch für die zu besetzende Position zur Verfügung stehen (Atwood, 2020). Entscheidungen über Investitionen in die Entwicklung von Mitarbeitenden für die Nachfolgeplanung werden also unter Bedingungen unvollkommener Information getroffen. In Anbetracht dieser Ungewissheit müssen sich Entscheidungsträger bei Entscheidungen über Investitionen in die Entwicklung von potenziellen Nachfolgern auf Schlüsselpositionen an Erwartungen über die zukünftige Passung und Verfügbarkeit von Mitarbeitenden orientieren (Tomaskovic-Devey/Skaggs, 1999). Erwartungsbildung basierend auf Gruppenmerkmalen Um diese Erwartungen zu bilden, nutzen Entscheidungsträger die ihnen zur Verfügung stehenden Informationen (Bertrand/ Duflo, 2017) – allen voran leicht verfügbare Informationen. Das Konzept der statistischen Diskriminierung erklärt, wie Menschen Erwartungen in solchen Situationen herausbilden, in denen personenbezogene Informationen – wie die zukünftige Passung und Verfügbarkeit genau der Person, die für eine Schlüsselposition in Frage kommt – begrenzt sind. Das Konzept besagt, dass Menschen dazu tendieren, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe als Informationsquelle zu nutzen, um Erwartungen über die zukünftige Passung und Verfügbarkeit von einzelnen Personen zu entwickeln, die als Teil dieser Gruppe wahrgenommen werden (Bertrand/Duflo, 2017). Das führt dazu, dass Entscheidungsträger die durchschnittliche Passung und Verfügbarkeit, die der ganzen Gruppe zugeschrieben werden, auch von jedem
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