7 03 / 24 PERSONALquarterly PERSONALquarterly: KI wird viele Jobs ersetzen, andere schaffen und andere wiederum stark verändern. Was heißt das für die Prämissen der Strategischen Personalplanung? Ist es angesichts der rapiden technologischen Entwicklungen überhaupt noch möglich, solide Prognosen über zukünftigen Bedarf abzugeben? Rainer Strack: Schon Seneca hat gesagt, wer den Hafen nicht kennt, für den ist kein Wind günstig. Ich muss ungefähr wissen, wohin die Reise geht – bei aller Unsicherheit. Deswegen ist das Personalbedarfsmodell treiberbasiert, weil keiner genau weiß, wie die Situation in fünf Jahren aussieht. Dadurch kann man verschiedene Szenarien sehr schnell durchsimulieren und sogenannte „Non-regret“-Maßnahmen ableiten, die für verschiedene Szenarien Gültigkeit haben. PERSONALquarterly: Wie kann eine Strategische Personalplanung die Rolle von Frauen in der Organisation und in der Gesellschaft berücksichtigen, beispielsweise wenn ein höherer Anteil von Frauen in Führungspositionen im Unternehmen angestrebt wird? Rainer Strack: Neben Skillclustern kann ich natürlich noch andere Diversity-Dimensionen wie zum Beispiel Gender in meine Planung aufnehmen und sehen, wo und wann ich in welchen Bereichen welche Unterdeckungen und Überhänge habe. Damit kann ich viel zielgerichteter Diversity im Unternehmen planen und steuern. PERSONALquarterly: Die Coronapandemie hat den Paradigmenwechsel in Bezug auf Arbeitsmodelle beschleunigt. Wie kann eine Strategische Personalplanung gestaltet werden, um alternative Arbeitsmodelle wie die Viertagewoche oder mobiles Arbeiten zu berücksichtigen? Rainer Strack: Arbeitsmodelle könnte man auch als zusätzliches Kriterium mit aufnehmen. Schichtmodelle haben wir immer schon simuliert. Allerdings wird man in Strategischer Planung nicht alles abbilden können. Da muss man auch vorsichtig sein, dass Strategische Personalplanung nicht zu einem Datenmonster wird, das nicht mehr durchschaut und damit auch nicht mehr akzeptiert wird. PERSONALquarterly: Basierend auf Ihrer Beratungserfahrung, was ist die größte Herausforderung, die Unternehmen beim Einführen einer Strategischen Personalplanung erleben? Rainer Strack: Der HR-Bereich ist historisch nicht so quantitativ und strategisch unterwegs. HR für HR, also ein Upskilling in quantitativen, strategischen Skills, wird entscheidend für Unternehmen sein, um Strategische Personalplanung zu beherrschen. PERSONALquarterly: In Ihrem derzeitigen Projekt geht es auch um strategische Planung, allerdings die der Karriere und des eigenen Lebens. Können Sie diese Idee kurz beschreiben? HON.-PROF. DR. RAINER STRACK E-Mail: Strack.Reiner@bcg-emeritus.com Rainer Strack ist Senior Partner Emeritus und Senior Advisor bei der Boston Consulting Group (BCG), wo er zehn Jahre lang das globale Thema People Strategy aufgebaut und geleitet hat. Er studierte Physik und Wirtschaftswissenschaften an der RWTH Aachen und promovierte in Physik. 2008 wurde er zum Honorarprofessor für strategisches HR- und Personalmanagement an der Uni Witten/Herdecke ernannt. Er war CoLeiter des Themas „Future of Work“ des Weltwirtschaftsforums. Sein TED-Talk zur „Global Workforce Crisis“ hat bereits über 2,1 Millionen Aufrufe, sein Video „Strategize Your Life“ über 700.000. Rainer Strack: In meinem neuen Konzept „Strategize Your Life“, das wir gerade im Harvard Business Review veröffentlicht haben, wenden wir strategisches Denken aus den Vorstandsetagen auf das eigene Leben an. Nach einem 7-Schritte-Programm werden Sie am Ende die erste Version Ihrer Lebensstrategie definiert haben – auf einer einzigen Seite. Von den bisher mehr als 600 Teilnehmern (Studierende, Berufsanfänger, Talente, Führungskräfte oder Rentner) haben nur etwa drei Prozent eine Strategie für ihr Leben definiert. Häufig leben wir in den Tag hinein, jeder Tag ist wie der andere. Das wollen wir mit diesem einfachen Konzept ändern.
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