Personal quarterly 3/2024

33 03 / 24 PERSONALquarterly Männern eher vorzufinden als bei Frauen, denn für deutlich mehr Männer als Frauen in Führungspositionen ist es eine Selbstverständlichkeit, sich frühzeitig beziehungsweise schon zu Beginn des Berufslebens mit allen Konsequenzen auf berufliche Erfolge im Sinne einer „Selffulfilling Prophecy“ einzustellen (Fifka et al., 2015, S. 40). Zentrale Einflussfaktoren im Kontext des Nicht-Könnens und Nicht-Wollens In einem nächsten Schritt werden zentrale Einflussfaktoren im Kontext des Nicht-Könnens und Nicht-Wollens auf den drei sozialen Analyseebenen identifiziert und entsprechend geclustert. Neben den oben angeführten theoretischen Erklärungsansätzen werden hierfür sparkassenspezifische Unterlagen gesichtet und ausgewertet.  I m ersten Cluster ist die Meso-Ebene der organisatorisch-­ institutionellen Faktoren abgebildet – in unserem Fallbeispiel die Ebene der einzelnen Sparkassen. Hier finden sich als Faktoren des Nicht-Könnens beispielsweise ein intransparenter Besetzungsprozess, die Besetzung des Verwaltungsrats oder starre Arbeitsmodelle. Dem Nicht-Wollen lassen sich unter anderem die Arbeitsbedingungen im Vorstand und eine Präsenz- und Überstundenkultur zuordnen.  D as zweite Cluster, das die Makro-Ebene betrachtet, bezieht sich auf die Umweltfaktoren. Dabei finden allerdings Umweltfaktoren im weiteren Sinne, die hinderlich für den Aufstieg von Frauen in Top-Führungspositionen wirken können, wie zum Beispiel das Ehegatten-Splitting im Steuersystem oder eine unzureichende öffentliche Betreuungsinfrastruktur, keine Berücksichtigung, da sie von der Sparkassenorganisation bestenfalls mittelbar, keinesfalls jedoch unmittelbar veränderbar sind. Vielmehr werden hier Aspekte wie die rechtlichen Voraussetzungen für die Besetzung von Vorstandspositionen sowohl im Hinblick auf das Nicht-Können als auch auf das Nicht-Wollen zugeordnet.  A uf der Mikro-Ebene des Individuums im dritten Cluster stehen schließlich die persönlichen Faktoren im Fokus. Hier finden sich auf der Ebene des Nicht-Könnens unter anderem Aspekte wie Selbstunterschätzung und (noch) nicht ausreichend vorhandene Führungskompetenzen nach unten und oben bei Frauen, auf der Ebene des Nicht-Wollens Themen wie die erzwungene Priorität der Karriere. Die so geclusterten Faktoren fließen in den folgenden Forschungsschritt ein, in dem überprüft wird, ob sie sich in der Praxis der Sparkassenorganisation bestätigen lassen oder nicht beziehungsweise ob weitere relevante Faktoren hinzukommen. Hierfür wird ein exploratives Vorgehen gewählt, da in Bezug auf den konkreten Fall der Sparkassenorganisation eine geringe Erschlossenheit der Forschungsfragestellungen vorliegt. Dabei kommen qualitative, eher wenig strukturierte Interviews als Hauptuntersuchungsverfahren zum Einsatz. Sie sind durch eine offene, flexible und persönliche Kommunikation gekennzeichnet, um insbesondere informelle, nicht-sichtbare Strukturen, Prozesse und Rahmenbedingungen in Erfahrung zu bringen. Als Orientierungsrahmen und „roter Faden“ liegt den Interviews ein Gesprächsleitfaden im Sinne eines Themenkatalogs zugrunde (Problemzentriertheit). Um die Befragten daran zu hindern, sich im Gespräch zurückzuhalten und opportun zu verhalten, wird ein behutsames, situationsspezifisches Vorgehen erforderlich. Dazu gehört ein umfassendes Informieren der Gesprächspartnerinnen und -partner über die Thematik und den Verwendungszweck der Interviews sowie die Zusage von Anonymität. Die Auswahl der Untersuchungs- und Erhebungseinheiten erfolgt nach dem Postulat des „theoretical sampling“. Sie werden gezielt entsprechend der theoretischen Vororientierung, des angestrebten Untersuchungsziels und der Rahmenbedingungen selektiert. So können insgesamt 26 Frauen und Männer für etwa einstündige Interviews gewonnen werden. Dabei werden einerseits Gespräche mit Frauen geführt, die bereits eine Vorstandsposition in der Sparkassenorganisation bekleiden und somit ihre Erfahrungswerte einbringen können. Andererseits kommen jedoch auch weibliche Nachwuchskräfte aus der Organisation zu Wort, bei denen insbesondere ihre Vorstellungen bezüglich einer von ihnen anzustrebenden Top-Führungsposition interessieren. Nicht zuletzt finden sich unter den Interviewpartnerinnen und -partnern auch interne und externe Expertinnen und Experten, die gewissermaßen aus der Vogelperspektive auf die Thematik blicken. Es wird die Entscheidung getroffen, die Auswertung des vorhandenen Textmaterials nach der reduktiven Methode der strukturierten Inhaltsanalyse vorzunehmen. Identifikation erfolgskritischer Faktoren zur Steigerung des Frauenanteils in Top-Führungspositionen in Sparkassen Die Ergebnisse der explorativen Untersuchung weisen deutlich auf eine hohe Handlungsorientierung der getroffenen Aussagen hin. Führt man sich noch einmal die Forschungsfragestellungen und die Zielsetzung des Auftraggebers des Projekts vor Augen, so wird deutlich, dass nun bei der Hypothesengenerierung die Perspektive gewechselt werden muss: Nach der Identifikation der Faktoren des Nicht-Könnens und Nicht-Wollens, die die Basis für das explorative Vorgehen bildeten, gilt es nun im nächsten Schritt, potenziell erfolgskritische Faktoren zur Steigerung des Anteils von Frauen an Top-Führungspositionen in Sparkassen herauszuarbeiten. Die von den Interviewpartnerinnen und -partnern beschriebenen relevanten Themenstellungen und Situationen lassen sich dabei entlang der oben genannten sozialen Ebenen noch einmal tiefer strukturieren. Zunächst erscheint es sinnvoll, auf der Mikro-Ebene des Individuums die persönlichen Faktoren noch einmal in persönliche

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