PERSONALquarterly 03 / 24 30 SCHWERPUNKT_STRATEGIC WORKFORCE PLANNING Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Aufsichtsräten (FüPoG) hatte seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2015 Auswirkungen auf ungefähr 100 Unternehmen in Deutschland und betraf somit nur eine sehr kleine Gruppe von Frauen. Mit der Revision in Form des Zweiten Führungspositionengesetzes (FüPoG II) im Jahr 2021 wurde die Reichweite unter anderem auf die Vorstandsebene erhöht. Antizipationseffekte konnten bereits entfaltet werden, jedoch zeigt sich im internationalen Vergleich noch Luft nach oben. Eine Veränderung der Situation ist nicht nur aus Gründen der Geschlechtergerechtigkeit unerlässlich. Vielmehr gilt es auch, sich angesichts des gesellschaftlichen und demografischen Wandels proaktiv damit auseinanderzusetzen, dass die Zahl an Nachwuchskräften schwindet und sich die arbeitsbezogenen Erwartungen von Männern und Frauen immer stärker angleichen. So macht beispielsweise der Wunsch nach einer stärkeren Balance von Beruf und Privatleben und einer egalitären Rollenverteilung einen zentralen Faktor bei der Arbeitgeberwahl aus (vgl. z. B. Wippermann, 2023). Nachwuchssicherung in Top-Führungspositionen in Sparkassen: Forschungsfragen Ein herausstechendes Beispiel für die Unterrepräsentanz von Frauen in Top-Führungspositionen stellt die Sparkassenorganisation dar. Zwar sind gut 60 Prozent der Beschäftigten weiblich, doch mit steigender Führungsebene schwindet ihr Anteil. Auch in den Qualifikationsgruppen, in denen Frauen überwiegen, stellen sie anteilig weniger Führungskräfte, und mit zunehmender Hierarchieebene dünnen sich die Zahlen weiter aus. So waren nach jüngsten Analysen Anfang 2024 im Bundesdurchschnitt gerade einmal 7,8 Prozent der Vorstandsposten mit Frauen besetzt, wobei die Quoten nach Bundesländern deutlich variieren – von 0 Prozent im Saarland bis hin zu 37,5 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern. Die Sparkassen sind sich der Herausforderung bewusst und möchten bis spätestens 2035 gruppenweit mindestens 30 Prozent der obersten Managementebene mit Frauen besetzen, wie der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) dem Handelsblatt mitteilte (Barkow, 2024). Wie mit der 9x3er-Regel mehr Diversity auf Vorstandsebene erreicht werden kann Von Prof. Dr. Jutta Rump, Silke Eilers und Pia Stelz (Institut für Beschäftigung und Employability IBE) Um dieses Ziel zu erreichen, ließ der DSGV die Faktoren ermitteln, die dazu beitragen, dass Frauen nicht in den Vorstand von Sparkassen gelangen können und wollen. Dabei manifestiert sich das „Nicht-Können“ zum einen an äußeren Hürden, die sich Frauen auf dem Weg nach oben entgegenstellen, zum anderen auch an bestimmten persönlichen Eigenschaften, die sich nicht als förderlich erweisen, wie beispielsweise eine geringe Führungskompetenz nach unten und nach oben (u. a. definiert bei Elprana et al., 2016). Dagegen ist das „Nicht-Wollen“ eine aktive Entscheidung der Frauen gegen den Aufstieg in eine Top-Führungsposition. Zu beachten ist, dass es hierbei sowohl um Frauen geht, die grundsätzlich eine geringe oder nicht vorhandene Führungsmotivation haben, als auch um solche, die diese Motivation durchaus mitbringen, jedoch aufgrund der gegebenen Rahmenbedingungen in Top-Führungspositionen eine solche persönlich nicht für erstrebenswert halten.1 Der DSGV möchte unter Berücksichtigung dieser Fragestellungen somit alle Potenziale in seiner Organisation ausschöpfen, indem sowohl die äußeren Hürden reduziert als auch die internen Rahmenbedingungen für Frauen attraktiver gemacht werden, sodass die Zahl derer, die eine Top-Führungsposition anstreben und schließlich auch erreichen, deutlich ansteigt. Schließlich kann der DSGV basierend auf dieser Ursachenanalyse erfolgskritische Maßnahmen und Instrumente definieren, mit denen sich der Anteil von Frauen in Vorstandspositionen erhöhen lässt. Bei dieser Zielsetzung genügt es nicht, einzelne Ursachenphänomene und Maßnahmen in den Blick zu nehmen. Es bedarf hier einer ganzheitlichen Analyse der Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren. Nur so kann entsprechenden Handlungskonzepten eine fundierte wissenschaftliche und praxisrelevante Grundlage gegeben werden. Theoretische Grundlagen Erklärungsansätze für die Unterrepräsentanz von Frauen in Top-Führungspositionen, die das Schema des Nicht-Könnens untermauern, sind mannigfaltig und lassen sich in unterschiedlichen Disziplinen finden sowie auf die sozialen Analyseebenen (Meso-, Mikro- und Makroebene) beziehen (Tonn, 2016). So gibt es neben ausgewählten Theorien der Organisationsforschung (Meso-Ebene) auch Erklärungsansätze, die
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