PERSONALquarterly 03 / 24 26 SCHWERPUNKT_STRATEGIC WORKFORCE PLANNING bereitzustellen. Unter Umständen kann die Berücksichtigung von Fluktuations- und Einstellungskosten sogar dazu führen, dass Arbeitskräfte mit dem niedrigsten Leistungsfaktor und der höchsten wöchentlichen Arbeitszeit (vgl. Beispiel (b) in Verbindung mit Beispiel (d) in Abb. 4) bereitzustellen sind. Aus einer Reduktion der in Ansatz gebrachten Fluktuationskostensätze im Arbeitszeitmuster 1 (von 100 auf 55) resultiert eine bereitzustellende Personalausstattung in Arbeitszeitmuster 1 von 111,11. Obwohl diese Arbeitskräfte den geringsten Leistungsfaktor besitzen, ist es dennoch kostenoptimal, den Personalbedarf durch Bereitstellung von Arbeitskräften in Arbeitszeitmuster 1 zu decken. Die Verfolgung der Gehaltskostenminimierung als alleiniges Ziel wird demnach dem Anspruch einer rationalen Unternehmensführung nicht gerecht. Vielmehr müssen zusätzliche Überlegungen (z. B. in Bezug auf Fluktuations- und Einstellungskosten) berücksichtigt werden. Die Komplexität der Entscheidungsprobleme steigt zudem – ohne dies weiter ausführen zu wollen – bei zusätzlicher Berücksichtigung von Personalbedarfsunter- oder -überdeckungen (Spengler et al., 2019, S. 161). Einführung der Viertagewoche im Kontext der Personalführung Personalführung dient in erster Linie der Personalverhaltensbeeinflussung. Mitarbeitende sollen derart geführt werden, dass sie im Sinne des Unternehmens agieren und die von Führungskräften gesetzten Ziele erreichen (Kossbiel/Spengler, 2015, S. 431). Das Einführen einer Viertagewoche stellt eine Führungsmaßnahme dar, welche laut einschlägiger Literatur zu einer gesteigerten Mitarbeitermotivation und Arbeitszufriedenheit und damit korrespondierend zu einer höheren Arbeitsproduktivität führen kann (Zander, 2023, S. 65; S. 37). Bezug nehmend auf obiges Beispiel 1 (Abb. 3) muss das Unternehmen in den Situationen (1) und (2) einen höheren Input aufwenden (höhere Personalkosten), um den konstanten Output (480 produzierte Reifen pro Woche) gewährleisten zu können. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist die Einführung einer Viertagewoche in solchen Fällen nicht empfehlenswert, da sie vom Status quo unter Berücksichtigung der vorliegenden Gegebenheiten dominiert wird. Eine Arbeitsproduktivitätssteigerung kann nun zur Folge haben, dass bei konstantem Output und reduzierter Arbeitszeit der Personalbedarf sinkt (Situation (3c)), gleich bleibt (Situation (3b)) oder steigt (Situation (3a)). Situation (3a) kommt in solchen Fällen vor, in denen die Arbeitsproduktivitätssteigerung die Arbeitszeitreduktion nicht kompensieren kann. Im Beispiel 1 (Situation (3a)) ist das der Fall, da lediglich eine Produktivitätssteigerung von zehn Prozent vorliegt, wodurch sich ein im Vergleich zur Ausgangssituation gestiegener Personalbedarf von 13,64 ergibt. Eine Produktivitätssteigerung um 25 Prozent (Situation (3b)) hat zur Folge, dass der ursprüngliche Personalbedarf von zwölf bei konstantem Output gleich bleibt. In Situation (3c) ergibt sich aufgrund der Arbeitszeitreduktion eine Produktivitätssteigerung von 50 Prozent, wodurch lediglich zehn Arbeitskräfte zur Reifenproduktion notwendig sind. Das Einführen einer Viertagewoche ist demnach aus betriebswirtschaftlicher Sicht nur dann von Vorteil, wenn eine Produktivitätssteigerung von mindestens 25 Prozent (Situation (3b) oder Situation (3c)) tatsächlich realisiert werden kann. Ob eine Maßnahme nun einen individuellen Mitarbeiter tatsächlich motiviert und daraus ein notwendiger Produktivitätsanstieg resultiert, ist immer abhängig von den jeweiligen Präferenzen. So kann beispielsweise das Einführen höherer Entscheidungsspielräume auf der einen Seite Mitarbeitende mit ausgeprägtem Wunsch nach Autonomie und Verantwortung motivieren. Auf der anderen Seite kann diese Maßnahme Mitarbeitende mit weniger Autonomiestreben überfordern, was in nicht wenigen Fällen in einem Motivationsabfall mündet (Heckhausen/Heckhausen, 2010, S. 3). Individuelle Präferenzen, Stärken und Motive sind ausschlaggebend dafür, ob eine Führungsmaßnahme den gewünschten Effekt verursacht, wirkungslos bleibt oder negative Konsequenzen nach sich zieht. Beispiel (a) (b) (c) (d) Leistungsfaktoren im Arbeitszeitmuster 1 0,9 0,9 0,9 0,9 2 1 1 1 1 3 1,1 1,1 1,1 1,1 Fluktuationskostensätze im Arbeitszeitmuster 1 0 100 100 55 2 0 150 150 150 3 0 245 246 245 Bereitzustellende Personalausstattung im Arbeitszeitmuster 1 0 0 0 111,11 2 0 0 100 0 3 90,91 90,91 0 0 Quelle: Eigene Darstellung Abb 4: Optimale Arbeitszeitmuster unter Berücksichtigung von Fluktuationskostensätzen
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