PERSONALquarterly 03 / 24 14 SCHWERPUNKT_STRATEGIC WORKFORCE PLANNING Verschiedene technologische, demografische und soziale Entwicklungen haben in den letzten Jahren zu fundamentalen Umwälzungen auf den Arbeitsmärkten geführt. Diese Veränderungen haben nicht nur Organisationen substanziell beeinflusst, sondern sie hatten letztlich auch Auswirkungen auf die beruflichen Laufbahnen vieler Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Sullivan/ Baruch, 2009). So beeinflusst zum Beispiel die Art, wie Firmen Stellen strukturieren, unmittelbar, wie sich Laufbahnen entwickeln und wie sie gesteuert werden können (Savickas et al., 2009). „Karriere zu machen“ wurde lange gleichgesetzt mit hierarchischem Vorankommen entlang vordefinierter innerbetrieblicher Entwicklungspfade. Die Organisation bot Arbeitsplatzsicherheit, Weiterbildung und Beförderungsperspektiven im Austausch gegen Loyalität (Herriot/Pemberton, 1995). Aufgrund der oben erwähnten Veränderungen sind jedoch Hierarchien oft flacher geworden und der Einfluss externer Arbeitsmärkte auf individuelle Laufbahnverläufe ist gestiegen. Dies hat zur Folge, dass von den Mitarbeitenden vermehrt Leistung, Einsatzbereitschaft und Toleranz im Umgang mit Unsicherheiten statt Loyalität gefordert werden, während Firmen als Gegenleistung vermehrt Arbeitsmarktfähigkeit statt Arbeitsplatzsicherheit propagieren (Raeder, 2019). Zudem haben insbesondere demografische Veränderungen zu einem zunehmenden Fachkräftemangel in vielen Bereichen der Wirtschaft geführt. Während dieses Phänomen unter anderem in der Informatikbranche (IT) (Gubler/Coombs/ Arnold, 2018), im Gesundheitswesen (Bonin, 2020) oder in Schulen (Gubler et al., 2020) schon lange akut war, zeigt es sich inzwischen auch in zahlreichen weiteren Branchen, so zum Beispiel in Handwerksberufen, auf dem Bau oder im Verkauf (Lay/Niebling, 2023). Im Bestreben, als attraktive Arbeitgeber in einem ausgetrockneten Arbeitsmarkt aufzutreten und bestehende Mitarbeitende möglichst lange halten zu können, investieren Organisationen daher oft viel in das betriebliche Personalmanagement. Es scheint jedoch so, dass es Firmen trotzdem häufig nicht gelingt, die Maßnahmen zu bieten, die sich die Mitarbeitenden wirklich wünschen (Gubler et al., 2018). Individualisierte Karriereplanung – Laufbahnentwicklung mit der „Protean Career” Von Prof. Dr. Martin Gubler (Hochschule Luzern – Wirtschaft) Eine Maßnahme, die in der Personalentwicklung seit Jahren genutzt wird, sind sogenannte Fachkarrieren. Damit soll es Mitarbeitenden ermöglicht werden, innerhalb einer Organisation unabhängig von einer Führungstätigkeit (fachliche) Aufstiegsmöglichkeiten und Zugang zu Stellen mit mehr Verantwortung und Komplexität zu erhalten. Solche Modelle sind unter anderem in der IT seit Jahrzehnten bekannt (z. B. Allen/ Katz, 1988) und werden inzwischen auch in der Industrie breit eingesetzt (Ladwig/Fründt/Janneck/Lübeck, 2014). Bis heute werden sie in der Literatur als Option für Firmen empfohlen, um Mitarbeitenden vielfältige interne Laufbahnpfade zu bieten (z. B. Bochtler, 2023). Solche Fachkarrieren können tatsächlich ein sehr hilfreiches Mittel sein, um Mitarbeitenden innerhalb einer Organisation spannende Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten. So adressieren sie zum Beispiel den Wunsch vieler Mitarbeitender, möglichst genau wissen zu wollen, was von ihnen gefordert wird, um sich beruflich weiterzuentwickeln (Gubler et al., 2018). Allerdings sind etliche Schwierigkeiten beim Einsatz solcher Maßnahmen bekannt. So können sie zum Beispiel Erwartungen von Mitarbeitenden wecken, die seitens der Organisation nur schwer einlösbar sind (Allen/Katz, 1988). Vor allem aber sind solche Fachlaufbahnen sehr aufwendig beim Aufbau und im Unterhalt. Es lohnt sich – wenn überhaupt – in der Regel nur für große Unternehmen, solche Modelle zu entwickeln und einzuführen (Ladwig et al., 2014). Doch selbst für große Firmen ist es herausfordernd, die Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden bei einer einmal implementierten Fachlaufbahn an die sich rasch verändernden Anforderungen eines sehr dynamischen Arbeitsmarkts anzupassen. Für kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) sind Fachlaufbahnmodelle sowohl im Aufbau als auch im Unterhalt tendenziell zu komplex und aufwendig. Dies hat unter anderem zur Folge, dass dort sowohl eine solide Qualifizierungs- und Laufbahnplanung für bestehende Mitarbeitende als auch die Rekrutierung externer Bewerber oft weniger gut gelingen als in großen Organisationen (Bonin, 2020). Nötig wären daher wirksame, einfach und flexibel einsetzbare Maßnahmen im Bereich der Laufbahnplanung und -entwicklung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sowohl
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